Sozialismus und Isolation in Myanmar

Dieser Revolutionsrat proklamierte den Burmese Way to Socialism als neue Staatsideologie. Private Handelshäuser, Banken und Industrieunternehmen wurden verstaatlicht. 1968 wurden über Nacht sämtliche Banknoten im Wert von 50 und 100 Kyat für ungültig erklärt, ohne daß die Inhaber der Währung die geringste Entschädigung erhielten. Unterdessen hatte Ne Win eine Politik der strikten Selbstversorgung, Isolation und Neutralität auf den Weg gebracht.

Die sozialistische Republik Union of Burma wies alle Fremden aus und schloß ihre Tore zum Rest der Welt, einschließlich seiner Nachbarn China und Thailand. (1965 habe ich versucht, ein Visum für Burma zu bekommen, wurde aber von den burmesischen Botschaftsvertretern in Bangkok abgewiesen. Die einzige legale Einreisemöglichkeit bestand im Kauf eines Flugtickets von Bangkok via Rangun nach Kalkutta, das dann einen 24-Stunden-Aufenthalt in Rangun einschloß – eine Option, die für mich nicht in Frage kam. Ich entschied mich also, die „Hintertür” über Thailand zu nehmen, aber das ist eine andere Geschichte). In gewissem Maße gelang es Ne Win, Recht und Ordnung wiederherzustellen, vor allem in jenen Gebieten, die von eingeborenen Burmanen bevölkert waren. Jedoch in den Grenzstaaten nahmen ethnische Revolten, Kriege und kommunistische Aufstände unaufhaltsam zu. Vergeblich versuchte die sozialistische Regierung, die alten Feudalstrukturen in den Minoritätenstaaten zu zerstören. So etwa im Shan Staat, wo die Oberhäupter alter Fürstentümer ins Gefängnis geworfen wurden oder einfach verschwanden – wie der Fürst von Hsipaw, dessen Nachfolger ich bei meinem Besuch in Hsipaw begegnet bin. Die vielen kleinen War Lords jedoch blieben außer Reichweite der Zentralregierung und fuhren fort, das burmesische Militär, andere War Lords, ja oft sogar Splittergruppen ihrer eigenen Organisationen zu bekämpfen, mit denen sie im Streit lagen – manchmal über die Land- oder Wasserverteilung, meistens aber über Anteile an der Opium- und Heroinproduktion, den Transport und den Absatz der Drogen. Mit dem Thema Opium und Aufruhr will ich mich später ausführlicher befassen.

Für die gewöhnlichen Bürger von Myanmar war die Situation ein Alptraum. Sie verloren ihre politische Freiheit, und die erzwungene Verstaatlichung des Handels und der Industrie erwies sich als ein ökonomisches Desaster. Der Weg zum Sozialismus wurde ein Weg ins Elend und in die Verarmung – und das in einem Land, das mit natürlichen Ressourcen geradezu gesegnet war. In den Fünfzigerjahren hatte die Weltbank vorhergesagt, Burma werde bald eines der reichsten Länder in Südostasien sein. Wenige Jahrzehnte später bezeichneten die Vereinten Nationen Burma als eines der zehn ärmsten und der zwanzig unterentwickeltsten Länder der Welt.
Abgesehen von den ruinösen Folgen der inneren Wirtschaftspolitik, wirkte sich auch die außenpolitische Abschottung und Neutralität sehr drückend auf das Wirtschaftsleben aus. Obgleich in der besten politischen Absicht formuliert, Burma herauszuhalten aus dem großen Machtspiel, das sich in Indochina entfaltete, verschärfte das Prinzip der Isolierung nur die ökonomische Misere. In der Zwischenzeit wurden Burmas Nachbarländer in das Kräftemessen zwischen dem Kommunismus und der freien Welt verstrickt.