Der Bungsberg – Schleswig-Holsteins höchster Punkt im Wandel

Der Bungsberg, mit 168 Metern über dem Meeresspiegel die höchste natürliche Erhebung Schleswig-Holsteins, galt lange Zeit als Kuriosität in Deutschlands Wintersportlandschaft: Mit einem eigenen Schlepplift, Après-Ski-Hütte und steilem Gefälle zog der „nördlichste Skihang Deutschlands“ an schneereichen Tagen Besucher aus ganz Norddeutschland an. Heute jedoch ist es still geworden am Hang – der Skilift wurde abgeschaltet, der Liftbetrieb eingestellt. Doch der Bungsberg bleibt ein Ausflugsziel mit Potenzial – sommers wie winters.

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Blick vom Fernmeldeturm auf das Gelände "Erlebnis Bungsberg"; Bild von Ein Dahmer , CC BY-SA 4.0 wikimedia.org

Vom Skilift zur Erinnerung – Wintersport am Bungsberg

In den 1960er Jahren wagte der Landwirt Horst Schnoor aus Schönwalde ein Experiment, das nördlich der Elbe für Aufsehen sorgte: Mit Hilfe eines Traktors und einer Zapfwelle errichtete er einen Skilift auf dem Bungsberg – inspiriert von den großen Vorbildern aus Bayern. Nach ersten TÜV-Hürden wurde ein professioneller Lift aus dem Chiemgau angeschafft, finanziert von der Gemeinde Schönwalde.

An schneereichen Tagen herrschte reger Betrieb. Die Wartezeiten am Lift konnten fünf Minuten überschreiten, bis zu 2.000 Wintersportler täglich wagten die 300 Meter lange Abfahrt mit 17 % Gefälle. Rodler, Snowboarder, Skifahrer – sie alle mussten allerdings nach wenigen Sekunden Fahrvergnügen den Rückweg zu Fuß antreten, sofern der Lift einmal nicht in Betrieb war.

Doch Schneesicherheit war und ist ein rares Gut in Schleswig-Holstein. Zwar liegt auf dem Bungsberg häufiger Schnee als im Flachland, doch Winter mit echter Schneedecke sind selten. Der Versuch mit einer Schneekanone scheiterte: Die Temperaturen reichten nicht aus, um dauerhaft künstlichen Schnee zu erzeugen. Und so wurde der Betrieb des Skilifts zu einem Glücksspiel – mal rentabel, mal ein Verlustgeschäft.

Seit einigen Jahren ist der Lift nun endgültig stillgelegt. Die neue EU-Seilbahnrichtlinie von 2004 machte den Weiterbetrieb zunehmend aufwendig, der Klimawandel tat sein Übriges. Eine Reaktivierung ist – Stand 2025 – nicht geplant.

Ein Ausflugsziel mit Geschichte

Der Bungsberg ist mehr als ein Relikt aus Schleswig-Holsteins skifahrerischen Träumen. Bereits 1864 wurde auf dem Gipfel der Elisabethturm, ein 22 Meter hoher Aussichtsturm, errichtet – derzeit allerdings geschlossen. Nur wenige Meter entfernt erhebt sich der 1977 errichtete Fernmeldeturm der Telekom, mit 179 Metern das höchste Bauwerk der Region. Seine öffentlich zugängliche Aussichtsplattform bietet bei guter Sicht einen Panoramablick bis zur Ostsee.

Auch historisch war der Bungsberg ein Ort von Bedeutung: 1954 errichtete man hier die erste Richtfunkstation für die Übertragung der Fußball-WM aus der Schweiz. Und 1965 wurde Schönwalde, die Gemeinde am Fuße des Berges, zum schönsten Dorf Schleswig-Holsteins gekürt.

Natur, Wandern, Radfahren – das heutige Freizeitangebot

Trotz Lift-Stillstand bleibt der Bungsberg ein beliebtes Ziel für Erholungssuchende. Ein dichtes Netz aus Wanderwegen, Waldpfaden und Radstrecken durchzieht die hügelige Endmoränenlandschaft der Holsteinischen Schweiz. Spaziergänger können den Gipfel in etwa 45 Minuten von Schönwalde aus erreichen – ein unscheinbarer Stein mit Höhenangabe markiert den höchsten Punkt.

Am Bungsberg entspringt zudem die Schwentine, einer der längsten Flüsse des Landes, die sich über 62 Kilometer durch 17 Seen bis in die Kieler Förde schlängelt – ideal für Kanutouren, Ruderer und Naturfreunde.

Neuausrichtung: Tourismus ganzjährig statt saisonal

Die Verantwortlichen vor Ort haben erkannt, dass die Zukunft des Bungsbergs nicht im Skitourismus liegt, sondern in der nachhaltigen Nutzung als Ganzjahresziel für Familien, Naturfreunde und Sportler. Der 2024 gegründete Zweckverband Bungsberg treibt entsprechende Planungen voran.

Ziele sind u. a.:

  • ein Erlebniswald mit Spielplätzen,
  • ein Streichelzoo und Grillplatz,
  • eine Sommerrodelbahn,
  • eine Umweltausstellung zur regionalen Naturgeschichte,
  • ein Mountainbike-Parcours,
  • sowie die barrierearme Erschließung der beiden Aussichtstürme.

Zielmarke sind künftig 60.000 Besucher jährlich – aktuell zählt man rund zwei Drittel davon.

Einkehr & Kultur: Dorfmuseum und Waldgasthaus

Am Gipfel wartet das „Waldlandhaus Bungsberg“ (je nach Saison geöffnet) mit regionaler Küche auf. Im Ort selbst lädt das Dorfmuseum Schönwalde zu einer Zeitreise in die Alltagskultur der Region ein. In der alten Dorfschule am See dokumentiert es bäuerliches Leben, Handwerk und Handel aus vergangenen Zeiten – liebevoll und aufschlussreich.

Ausblick: Ein stiller Gipfel mit Zukunft?

Der Bungsberg mag kein Wintersportzentrum mehr sein – doch er bleibt ein lohnendes Ziel. Als Ort der Aussicht, als Startpunkt für Wanderungen oder als Zentrum für Umweltbildung hat er weit mehr zu bieten als Schnee. Und wer weiß – vielleicht wird Horst Schnoor doch noch einmal Betreiber eines Sessellifts. Aber wahrscheinlich ist: Die Zukunft des Bungsbergs liegt in der grünen Jahreszeit.