Die Landschaftselemente: Seen, Hügel und die charakteristischen Knicks
Das bestimmende Element ist das Wasser. Die Seen, von kleinen, fast kreisrunden Tümpeln bis zum Großen Plöner See, dem mit knapp 30 km² größten See Schleswig-Holsteins, bilden ein verzweigtes System. Sie sind keine isolierten Wasserflächen, sondern durch die Schwentine miteinander verbunden. Dieser Fluss, oft nur ein schmaler, von Erlen gesäumter Wasserlauf, fungiert als blaues Band, das die Landschaft durchzieht und sie für Kanuten und wenige Ausflugsboote erlebbar macht. Die Wasserqualität ist überwiegend gut, die Ufer sind oft von Schilfgürteln, alten Buchenwäldern oder privaten Grundstücken gesäumt, was den öffentlichen Zugang mancherorts einschränkt. Das touristische Potenzial der Seenlandschaft bleibt weitgehend ungenutzt, die gastronomische Infrastruktur ist für viele Besucher eine herbe Enttäuschung.
Die „Berge“ sind sanft geschwungene Hügel, deren höchste Erhebung der Bungsberg mit 167 Metern ist. Er bietet von seinem Aussichtsturm einen der wenigen weiten Panoramablicke über die gesamte Region bis zur Ostsee. Viel prägender für das Landschaftsbild im Kleinen sind jedoch die Knicks. Diese aufgeschütteten Erdwälle, meist mit Haselnuss, Weißdorn und Schlehe bepflanzt, sind das Ergebnis jahrhundertelanger Landwirtschaft. Sie dienten als Einfriedung für Weiden, als Windschutz auf den Ackerflächen und als Holzlieferant. Heute bilden sie ein tausende Kilometer langes, für die Region typisches Netz, das die Landschaft parzelliert und ökologisch wertvolle Biotope für Vögel und Kleintiere darstellt. Sie zwingen Wege und Straßen in sanfte Kurven und prägen die Perspektive der Wanderer und Radfahrer.
Die Orte: Steinerne Ankerpunkte in der Landschaft
Die Siedlungen der Holsteinischen Schweiz sind keine schmucken Fachwerkdörfer, sondern zumeist von robustem Backstein und der Funktionalität als landwirtschaftliche Zentren oder kleine Residenzstädte geprägt.
- Plön: Die Lage der Stadt ist ihre größte Qualität! Auf einem schmalen Bergrücken thront das wuchtige, weiße Plöner Schloss, eine ehemalige Herzogsresidenz, die das Stadtbild und den Großen Plöner See dominiert. Von fast jedem Punkt am Seeufer ist das Schloss ein Orientierungspunkt. Die eigentliche „Altstadt“ ist klein und drängt sich zwischen dem Schlossberg und dem Wasser. Plön ist untrennbar mit dem See verbunden; die Stadt lebt von den Ausblicken auf das Wasser und den begrenzten Wassersportmöglichkeiten. Für Touristen gibt es außer dem Schloss nur wenige Anlaufstellen wie die berühmte Prinzeninsel.
- Eutin: Eutin verkörpert einen anderen Charakter. Es ist das kulturelle Zentrum der Region, historisch als „Weimar des Nordens“ bezeichnet. Die Anlage ist planvoller, weniger organisch als in Plön. Das Eutiner Schloss, ein von Wassergräben umgebener Vierflügelbau aus rotem Backstein, bildet mit dem angrenzenden englischen Landschaftsgarten eine Einheit. Hier wird der Versuch deutlich, Kultur und Natur zu einem harmonischen Ganzen zu komponieren. Die Altstadt mit ihren klassizistischen und barocken Bürgerhäusern zeugt noch heute vom einstigen Wohlstand als Residenzstadt der Fürstbischöfe von Lübeck. Auch Einkaufsmöglichkeiten sind im Vergleich zu Plön und Malente reichlich vorhanden.
- Malente: Bad Malente ist der funktionale Kern des regionalen Tourismus. Als Heilklimatischer Kurort und Kneipp-Heilbad ist der Ort weniger durch einen historischen Stadtkern als durch seine Lage zwischen dem Dieksee und dem Kellersee definiert. Prägend sind der Kurpark, die Promenade und zweckmäßige Bauten aus der Blütezeit des Kurtourismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der rote Backsteinturm auf dem Holzberg, der Holzbergturm, bietet einen guten Nahblick auf das Fünf-Seen-Gebiet, das von hier aus mit Ausflugsbooten befahren wird. Malentes Infrastruktur zeigt am deutlichsten die Herausforderungen der Region: Einige Geschäfte sowie Hotels und Pensionen im Umfeld der Seen stehen leer und zeugen von einem Strukturwandel, mit dem der Ort überfordert scheint.
- Bosau: Am Ostufer des Großen Plöner Sees liegt Bosau, ein staatlich anerkannter Luftkurort, der deutlich ruhiger ist als die drei größeren Zentren. Sein historischer und visueller Ankerpunkt ist die St.-Petri-Kirche direkt am Seeufer, eine der ältesten Backsteinkirchen der Region. Bosau ist vor allem ein Ort der Erholung, Ausgangspunkt für Bootsfahrten, Wanderungen und Radtouren entlang des Seeufers.
- Preetz liegt am nördlichen Rand der Holsteinischen Schweiz und übernimmt dort vor allem eine funktionale Rolle. Zwar wirkt das Stadtbild mit seinen Siedlungsstrukturen und Durchgangsstraßen zunächst wenig attraktiv, doch punktet Preetz durch seine Lage zwischen Kirch- und Postsee und die Nähe zu attraktiven Radrouten. Historisch war die Stadt als Klosterstandort bedeutsam, das ehemalige Benediktinerinnenkloster ist heute Sitz öffentlicher Einrichtungen und bietet gelegentlich kulturelle Veranstaltungen. Als Einkaufs- und Versorgungszentrum hat Preetz im Kreis Plön eine zentrale Stellung: Die Innenstadt bietet mit Marktplatz und Kirchenstraße ein vielfältiges, kleinteiliges Angebot, ergänzt durch das moderne Einkaufszentrum am Hufenweg. Damit ist die Stadt nicht primär Urlaubs-, wohl aber ein bedeutender Alltagsort am Nordrand der Holsteinischen Schweiz.
Das Zusammenspiel: Eine Landschaft in Bewegung erleben
Der Reiz der Holsteinischen Schweiz erschließt sich weniger im statischen Betrachten einzelner Sehenswürdigkeiten als in der Bewegung durch die Landschaft. Eine Radtour führt unweigerlich durch schattige Alleen, entlang der Knicks, durch kurze Waldstücke und immer wieder an die Ufer eines der Seen. Eine Kanufahrt auf der Schwentine eröffnet Perspektiven, die vom Land aus verborgen bleiben: Blicke auf Schilfzonen, herrschaftliche Gärten und die Rückseiten der Orte. Die „5-Seen-Fahrt“, eine traditionsreiche Schiffstour, verbindet die Orte Malente und Plön über den Dieksee, Langensee, Behlersee, Höftsee und Edebergsee und macht das komplexe Seensystem direkt erfahrbar.
Die Holsteinische Schweiz ist eine stille, unaufdringliche Region. Ihr Potenzial liegt in der Qualität der Natur und der historisch gewachsenen Kulturlandschaft. Die Herausforderung besteht darin, die vorhandene, teils in die Jahre gekommene Infrastruktur zu modernisieren, ohne den unaufgeregten Charakter dieses Landstrichs zu verlieren. Sie ist keine Region für die schnelle Abfolge von Attraktionen, sondern für ein langsameres, genaueres Hinsehen.
