Plön – Schloss, Seen und strukturelle Herausforderungen

Plön gilt als stille Alternative zu den überlaufenen Badeorten Schleswig-Holsteins – eine Kleinstadt, die durch ihre Lage im Zentrum der Holsteinischen Schweiz, ihren historischen Kern und die unmittelbare Nähe zum Großen Plöner See besticht. Wer einen bodenständigen Ort mit landschaftlichem Reiz, aber ohne touristischen Rummel sucht, ist hier richtig. Zugleich zeigt sich Plön als Ort der Stagnation – mit Potential, aber vielen Leerstellen.

plön panorama
Plön - Blick vom Parnass; Foto: if/reisebuch.de

Ein praktischer Überblick für Individualreisende

Stadtbild zwischen Schloss, Altstadt und kleinteiliger Infrastruktur

Das weithin sichtbare Plöner Schloss, heute Sitz der Fielmann Akademie, dominiert das Stadtbild. Es ist zugänglich, aber nur im Rahmen von Führungen. Die Doppelnutzung als Ausbildungsstätte und Veranstaltungsort für klassische Konzerte funktioniert, wirkt jedoch gelegentlich unübersichtlich für Besucher. Der großzügige Schlossgarten ist öffentlich zugänglich, gepflegt, aber auch recht funktional.

Exkurs: Die Prinzeninsel, ein kaiserliches Erbe

Die Prinzeninsel ist eine schmale Halbinsel im Großen Plöner See, südwestlich der Stadt. Sie ist etwa 2 Kilometer lang, stellenweise nur etwa 30 Meter breit und schließt sich direkt dem Schlossgebiet von Plön an. Die Insel entstand im 19. Jahrhundert durch eine künstliche Absenkung des Wasserspiegels des Sees. Sie befindet sich bis heute im Privatbesitz des Hauses Hohenzollern. Kaiser Wilhelm II. erwarb das Areal, um seine Söhne dort in einem landwirtschaftlichen Musterbetrieb zu erziehen. Am Wirtschaftsgebäude (heute Restaurant) verweist die lateinische Inschrift „Nihil melius, nihil homine libero dignius agricultura“ auf das Ideal, übersetzt; „Nichts ist besser, nichts dem freien Menschen würdiger als die Landwirtschaft.“
Das Prinzenhaus, ein Gebäude im Schlosspark von Plön, diente den Prinzen als Unterkunft und Unterrichtsstätte. In der Nähe, unterhalb des Schlosses, befindet sich die ehemalige, beheizte Schwimmhalle der Prinzen. Dieses Gebäude beherbergt heute das Restaurant Schwimmhalle und das Kulturforum Schwimmhalle Schloss Plön, das als separater Ausstellungs- und Veranstaltungsraum dient. Das Prinzenhaus selbst wird von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für kulturelle Events genutzt.
Der Name Prinzenbad bezeichnet heute auch die naturbelassene Badestelle am westlichen Ufer der Insel, die mit Kiosk und Spielplatz als beliebtes Naherholungsziel ausgestattet ist.
Die Insel öffentlich zugänglich und ein beliebtes Ausflugsziel, das Naturerlebnis und kaiserliche Geschichte vereint.
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Die „Altstadt“ besteht aus schmalen Gassen („Twieten“), teils sanierungsbedürftiger Bausubstanz und wenigen, aber authentischen Baudenkmälern. Ein ausgeschilderter Rundgang mit erklärenden Tafeln ist verfügbar, Informationsmaterial gibt es bei der Tourist Info am Bahnhof – funktional, aber kein atmosphärischer Stadtkern im klassischen Sinne. Leerstände im Zentrum sind deutlich sichtbar.

Kirchen, Schulen, Kontraste

Die Hauptkirche St. Nikolai ist nach ihrem Wiederaufbau im 19. Jahrhundert eine neuromanische Landmarke mit ansteigenden Tribünen – architektonisch bemerkenswert. Die kleinere Johanniskirche steht für den protestantisch-pragmatischen Baustil der Region. Beide sind zugänglich, aber selten regulär geöffnet. Die Osterkirche als Nachkriegsbau im Osten der Stadt bietet künstlerisch interessante Glasfenster, liegt aber abseits. Prägend für das Stadtbild ist der hohe Anteil öffentlicher Institutionen und Bildungseinrichtungen.

Die wenigen Einkaufsmöglichkeiten finden sich fast ausschließlich auf die zentrale Fußgängerzone Lange Straße, die auch schon bessere Tage gesehen hat.

Tipp
Das Astra Filmtheater in Plöns Altstadt bietet nostalgisches Programmkino mit Retro-Atmosphäre und Bar im großen Saal. Gezeigt werden ausgewählte Arthaus-Filme, Dokumentationen und Kinderfilme. Eintritt ca. 9,50 € (ermäßigt 8,50 €), montags günstiger. Regelmäßig Themenreihen wie Kinderkino und Kultfilm-Abende. Ideal als kulturelle Ergänzung – wetterunabhängig und besonders.

Der Große Plöner See: Kulisse, Freizeit und Naturschutz

Der 28 km² große See ist das Herz der Region – ein Eiszeitrelikt mit über 20 Inseln, von denen einige unter Naturschutz stehen. Die „Promenade“ ist ein unbefestigter Sandweg, der sich vom Bahnhof am Ufer entlang Richtung Prinzeninsel langzieht.

Bootsfahrten
Motorboote sind ansich verboten, was für Ruhe sorgt, aber auch die Mobilität auf dem Wasser einschränkt. Ausnahmen gibt es nur für Fischer und die beiden Seerundfahrten.
Die „Große Rundfahrt“ erschließt seit Corona nur noch Teile des Sees in etwa zwei Stunden – die Orte Ascheberg und Dersau im süd-westlichen Teil des Sees werden nicht mehr angesteuert, Fahrräder nicht transportiert… .

Attraktiver dagegen erscheint der „Fährverkehr“ mit dem kleinen Motorboot „Antje“ zwischen Plön und dem schönen Dorf Bosau am südöstlichen Ufer. Hier werden auch Fahrräder transportiert.

Mo und Di sind allerdings Ruhetage – auch in der Hochsaison.

Bootsverleih
Einen Bootsverleih sucht man im Stadtgebiet vergeblich. Aktive Gäste können aber außerhalb des Zentrums Richtung Ascheberg z.B. Kanus oder SUPs leihen – optional zu bestimmten Zeiten inklusive Stadtführungen vom Wasser aus.

Wandern und Radtouren
Wer wandern will, wählt die schöne Prinzeninsel (2,5 km Strecke) oder geht den Themenpfad „Planetenweg“ am Ufer entlang oder durch den großen Schlosspark. Der Zustand der Wege ist insgesamt gut, aber Einkehrmöglichkeiten sind kaum vorhanden und wenn, dann mit restriktiven Öffnungszeiten selbst in der Hauptsaison.

Tipp: Kiosk Seeperle (nur an Wochenenden geöffnet!)
Die Seeperle in Plön ist ein kleiner Kiosk direkt an der Marktbrücke am Großen Plöner See – ideal für eine spontane Pause mit Fischbrötchen, Kaffee oder Eis. Wenige Sitzplätze, entspannte Stimmung und direkter Seeblick machen den Reiz aus. Geöffnet wochenends bei gutem Wetter von April bis Oktober, nur Barzahlung. Unkompliziert, regional, charmant.

Tipp: Radtour um den Großen Plöner See
Die knapp 40 km lange Runde um den Großen Plöner See bietet landschaftliche Vielfalt, ist aber kein reines Genussradeln. Asphalt, Schotter und wurzelreiche Waldwege wechseln sich ab, einige Abschnitte verlaufen entlang stark befahrener Straßen. Etwa 160–190 Höhenmeter sind zu bewältigen. Ein robustes Tourenrad oder MTB ist Pflicht, Rennräder ungeeignet. E-Bikes erleichtern die teils recht anspruchsvolle Fahrt erheblich. Startpunkt ist meist Plön. Bosau, Dersau und Ascheberg liegen direkt am See, bieten allerdings nur wenige Einkehrmöglichkeiten – außerhalb der Saison ohnehin eingeschränkt. Die Tour ist für geübte Radfahrer und sportliche Familien geeignet, erfordert aber Aufmerksamkeit und vorausschauende Planung.

Tipp: Café im Grünen in Dersau
Das Café im Grünen in Dersau (Redderberg 8) ist eine charmante, ruhige Einkehrmöglichkeit für Wanderer und Radfahrer am Westufer des Großen Plöner Sees. Eingebettet in die gepflegte Anlage einer Gärtnerei bietet es eine angenehme Auszeit vom touristischen Trubel. Serviert werden hausgemachter Kuchen, Bio-Kaffee, ausgewählte Teesorten und Softeis. Geöffnet ist das Café in der Regel von Donnerstag bis Sonntag, meist zwischen 12:00 und 17:30 Uhr, in den Wintermonaten bleibt es geschlossen. Das Ambiente ist barrierefrei, kinderfreundlich und auch Hunde sind willkommen. Bezahlt wird in bar.

Tipp: Wanderung nach Bosau
Eine attraktive Wanderung vom Parkplatz Fegetasche am Großen Plöner See nach Bosau ist etwa 5 km lang und in rund einer Stunde gut zu schaffen. Der Weg führt meist oberhalb am Seeufer entlang und bietet schöne Ausblicke auf Plön und das Schloss. In Bosau lohnt sich ein Besuch der historischen Vicelin-Kirche und eine Einkehr z.B. auf der schönstern Seeterrasse bei Strauers. Für den Rückweg empfiehlt sich in den Sommermonaten die Fahrt mit dem Fahrgastschiff „MS Antje“ von Bosau zurück nach Plön.

Gastronomie: Meist ohne Seeblick

Plön weist nur ein recht schmales Spektrum an gastronomischen Angeboten auf – ohne herausragende Highlights. Trotz der vielen Seegrundstücke sind Lokale mit Terrassen direkt am Wasser eher selten.

Rühmliche Ausnahme ist das Restaurant Seeprinz, auf einem „Ponton“ im Großen Plöner See errichtet, mit entsprechendem Ambiente, aber vorherrschender Convenience-Küche.
Ähnlich besonders liegt das Ausflugslokal Prinzeninsel etwas außerhalb auf der gleichnamigen Halbinsel, erreichbar nur zu Fuß oder per Schiff.
Auch das Café Fegetasche an der Schiffsanlegestelle der Fünf-Seen-Fahrt überzeugt durch seine Lage, leider etwas beeinträchtigt durch den viel befahrene B76 direkt vor der Haustür.

In der „Altstadt“ rund um den Schlossberg finden sich weitere etablierte Adressen. Die Brasserie am Schloss gilt als verlässliches Haus für regionale und mediterran inspirierte Küche in stilvoller Umgebung mit entsprechendem Preisniveau.

Die Alte Schwimmhalle ist ein Kneipen-Restaurant in einem historischen Jugendstilbau direkt unterhalb des Schlosses, das seine Gäste mit regionaler Küche, bemühtem Service und einem ruhigen Biergarten seit über 30 Jahren anzieht.
Gutbürgerlich geht es in der Langen Straße z.B. in der Eisenpfanne zu, während Tapasfreunde im recht teuren Concilium Culinarium auf ihre Kosten kommen.

Daneben bieten an der Durchgangsstraße das indische Taj Mahal und am Ortsausgang das asiatisch geprägte Kim Son – meist solide Gerichte, mit lokalem Publikum, aber ohne große kulinarische Überraschungen.

Die Cafészene ist überschaubar, aber meist liebevoll geführt. Im Café & Restaurant Markt 11 gibt es u.a. klassischen Kuchen, während das Tarte Café französisches Flair in die Innenstadt bringt. An warmen Tagen ist die Terrasse des Café Vis-à-Vis in der Fußgängerzone ein guter Ort zum Verweilen.

Dynamik zeigen einzelne Neueröffnungen und Schließungen: Das vormals hochgelobte Prinzenhuus von Alexander Seher am Markt wurde 2023 für den öffentlichen Betrieb geschlossen, wird aber weiterhin für geschlossene Gesellschaften bespielt. An seine Stelle tritt derzeit ein neuer Betreiber mit bodenständigerer Ausrichtung.
Das frühere Restaurant „Harfe“ im Hotel Plöner See firmiert nun unter dem Namen Fernweh, geführt vom früheren Fährhaus-Wirt – mit gutbürgerlicher Karte und Bier-Schwerpunkt.
Das alte Fährhaus selbst ist derzeit „wegen Renovierung“ geschlossen.

Ein besonderes Format vertritt Ex-Sternekoch Robert Stolz mit seinem privaten Restaurant eat.share.live: An wenigen Abenden pro Woche tischt er für maximal 16 Gäste ein regional-saisonales Menü in intimem Rahmen auf – ein Konzept, das bei Feinschmeckern überregional Aufmerksamkeit findet.

Insgesamt zeigt sich die Plöner Gastronomielandschaft leider begrenzt und nicht einheitlich auf gutem Niveau.

Unterkünfte: von „mit Seeblick“ bis „dringend modernisierungsbedürftig“

Die Zahl der Übernachtungsbetriebe ist begrenzt. Hoch bewertete Häuser wie das Lake House Plön direkt an der B76 oder das ruhig gelegene garni Hotel Seeblick am Parnassberg punkten mit Lage und Frühstück. Das Hotel Plöner See by Tulip Inn mit 70er-Jahre Charme dagegen zeigt deutlichen Renovierungsstau. Gleiches gilt für einige Pensionen im Zentrum.

Ferienwohnungen wie „Strohberg“ oder „Kruppa“ sind gut ausgestattet, aber früh ausgebucht. Camper finden am WoMo-Stellplatz Ascheberger Straße eine einfache, aber funktionale Infrastruktur – jedoch ohne Aufenthaltsqualität. Die Unterkunftssituation in der Hauptsaison ist angespannt, außerhalb wird es schnell ruhig.

Anreise, Mobilität und praktische Hinweise

Plön ist über die Bahnstrecken Kiel–Lübeck (RE83/RB84) halbstündlich erreichbar. Die Tourist Info im schön am See gelegenen Jugendstil-Bahnhofsgebäude ist gut ausgestattet, das Personal hilfsbereit, Öffnungszeiten sind saisonabhängig. Der Busverkehr (v. a. Linie 331 im Stadtbereich) ist schwach getaktet und für Tagesgäste unpraktisch. Wer mobil sein will, nutzt Rad oder Auto.

Parkplätze gibt es reichlich, aber das System ist unübersichtlich. Gebührenpflichtige Zonen am Markt, am Bootshafen und an der Fegetasche erfordern Kleingeld oder App. Die „Brötchentaste“ (15–30 Minuten gratis) hilft Kurzbesuchern.

Achtung: Direkt am Schloss gibt es keine Parkplätze – Kopfsteinpflaster, Anstieg und fehlende Wendemöglichkeiten sind für mobilitätseingeschränkte Besucher eine Hürde.

Barrierefreiheit: Fortschritte mit Lücken

Plön investiert sichtbar in barrierefreie Infrastruktur – etwa am Marktplatz und an Bushaltestellen. Dennoch: Die touristische Nutzung bleibt teils erschwert. Historische Gassen, Kopfsteinpflaster und fehlende barrierefreie Eingänge schränken Zugänglichkeit ein. Die Tourist Info ist „teilweise barrierefrei“, das Schloss nur mit Voranmeldung und Aufzug erreichbar. Für mobilitätseingeschränkte Gäste ist Plön derzeit kein uneingeschränkt komfortables Reiseziel.

Veranstaltungen: Wenig, aber mit Substanz

Plön ist kein Ort für Nightlife oder Festivals, wohl aber gelegentlich für Kultur und Familien. Das Stadtfest im Sommer mit Live-Musik, Kinderprogramm und Wassersportvorführungen zieht Besucher aus der ganzen Region an. Konzerte im Schloss, Kinoabende in der Stadtbucht und kleinere Märkte sorgen für Programm – vor allem in der Saison. Die Nebensaison bleibt deutlich ruhiger. Wer Unterhaltung sucht, wird eher in Kiel oder Eutin fündig.

Ein Ort für Kompromissbereite

Plön ist kein klassischer Urlaubsort mit Dauerbespaßung, Shoppingmeile oder touristischer Seenutztung. Wer aber Geschichte, Landschaft und holsteinische Gelassenheit schätzt, findet hier ein eigenständiges, kurios gewachsenes Reiseziel, das z.T. wie aus der Zeit gefallen wirkt. Der Ort braucht anscheinend keine touristische Glättung – sondern Gäste, die ihn so nehmen, wie er ist: mit Seenblick, Herzogsschloss, schwankender Servicequalität und vielen strukturellen Baustellen.