AirBerlin

Air Berlin war nach der Lufthansa lange die zweitgrößte Fluglinie Deutschlands. In der Beliebtheitsskala stand sie weit oben. Die Stiftung Warentest und das Finanzmagazin Capital hatten sie mehrfach zum Testsieger gekürt. N.B.: Am 15.08.2017 meldete AirBerlin Insolvenz an. Der Flugverkehr der gescheiterten Airline soll aber bis auf Weiteres aufrechterhalten bleiben.

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Air Berlin war lange sehr präsent; Bild von WikimediaImages von Pixabay

Aufstieg, Expansion und Abschied

Air Berlin hat in knapp vier Jahrzehnten einen bemerkenswerten Wandel durchlaufen. Aus einer kleinen Charterfluggesellschaft entwickelte sie sich zur zweitgrößten deutschen Fluglinie und zum drittgrößten Billigflieger in Europa. Den Grundstein dafür legte sie bereits 1979: Am 28. April dieses Jahres hob eine Boeing 707 in Berlin-Tegel ab und startete in Richtung Palma de Mallorca. Kurz darauf wurden diese großen Langstreckenjets durch kleinere Boeing 737 ersetzt, und Air Berlin spezialisierte sich fortan auf Urlaubsdestinationen. Mallorca blieb dabei über Jahrzehnte das wichtigste Ziel der Airline.

Streckennetz und Mallorca-Shuttle

Auch Jahrzehnte später war Mallorca das zentrale Ziel von Air Berlin. Mit dem sogenannten „Mallorca-Shuttle“ verband die Airline täglich rund 16 deutsche Städte mit Palma de Mallorca. Zum Höhepunkt im Sommerflugplan 2009 starteten wöchentlich fast 370 Flüge nach Mallorca – mehr als doppelt so viele wie 2001, als es etwa 140 Flüge pro Woche waren. In diesem Jahr beförderte Air Berlin über 6,4 Millionen Passagiere von und nach Mallorca.

Abgesehen von der Balearen-Insel bediente Air Berlin zahlreiche klassische Urlaubsregionen. Regelmäßig standen Flüge nach Spanien (z.B. Alicante, Málaga, Almería, Jerez de la Frontera), zu den griechischen Inseln, in den Süden Italiens und in die Türkei auf dem Programm. Auch die Kanarischen Inseln, Portugal (Faro, Madeira) und Ziele in Nordafrika (Tunesien, Marokko, Ägypten) gehörten zum Routennetz.

Fusionen und Übernahmen

Um Marktanteile zu gewinnen und das Angebot zu erweitern, beteiligte sich Air Berlin ab Mitte der 2000er Jahre an anderen Fluggesellschaften und übernahm sie ganz oder teilweise. Wichtige Meilensteine dabei waren:

  • 2006: Übernahme der Geschäftsanteile an der Münchner dba Luftfahrtgesellschaft.
  • 2007: Eingliederung des Langstreckenspezialisten LTU.
  • 2009: Erwerb von 49 % an der Schweizer Fluggesellschaft Belair Airlines.
  • 2012: Vollständige Übernahme der österreichischen Airline NIKI (zuvor 24 % beteiligt).

Diese Übernahmen stärkten Air Berlins Position vor allem im europäischen und interkontinentalen Verkehr. Unter dem Druck wirtschaftlicher Schwierigkeiten musste Air Berlin die zuvor integrierte NIKI 2017 im Rahmen von Sparmaßnahmen jedoch wieder abgeben.

Allianzen und Kooperationen

Air Berlin erweiterte ihr Streckennetz zusätzlich durch internationale Partnerschaften und Codeshare-Abkommen. Wichtige Kooperationen schloss die Airline in den späten 2000er Jahren mit folgenden Partnern:

  • 2008: Codeshare mit S7 Airlines (Russland) für Flüge nach Moskau.
  • 2009: Zusammenarbeit mit Hainan Airlines (Zubringerflüge ab Berlin nach China) sowie Codeshares mit Pegasus Airlines (Türkei) und Bangkok Airways (Thailand).
  • 2010: Ausbau des S7-Codeshares zu weiteren russischen Zielen (u. a. Irkutsk, Perm, Rostow).
  • 2012: Eintritt in die Luftfahrtallianz Oneworld – dadurch entstanden neue Verbindungen über American Airlines und Finnair nach Nordamerika und Asien.

Diese Allianzen eröffneten Air Berlin den Zugang zu interkontinentalen Märkten. Bereits mit dem Winterflugplan 2010/2011 wurden erste gemeinsame Langstreckenflüge in den neuen Codesharing-Abkommen angeboten.

Finanzielle Schwierigkeiten und Insolvenz

Trotz des Expansionskurses geriet Air Berlin immer wieder in wirtschaftliche Schieflage. Durch den massiven Einstieg des Emirate-Konzerns Etihad Airways im Jahr 2012 konnte die Airline ihre finanzielle Lage kurzfristig stabilisieren. Langfristig blieben die Probleme jedoch bestehen. Zwischen 2014 und 2016 setzte Air Berlin umfangreiche Sparmaßnahmen um: Serviceleistungen wurden ausgelagert, Flugzeuge verkauft und zahlreiche Routen an Konkurrenten abgegeben. Dabei gingen vor allem Mittelmeer-Strecken inklusive Mallorca an Wettbewerber wie Lufthansa und TUIfly.

  • 2014–2016: Umfangreiche Einsparungen (Ausgliederung von Serviceleistungen, Verkauf von Flugzeugen, Abgabe mehrerer Strecken an Wettbewerber).
  • 15. August 2017: Air Berlin meldete Insolvenz an.
  • 27. Oktober 2017: Einstellung des kompletten Flugbetriebs – das Kapitel Air Berlin war damit beendet.

Vermächtnis von Air Berlin

Nach fast 40 Jahren und vielen Höhen und Tiefen ging mit Air Berlin eine Ära zu Ende. Die Airline hatte den deutschen Ferienflugverkehr maßgeblich geprägt, indem sie unzählige deutsche Städte mit Urlaubszielen weltweit verband. Aus einer kleinen Charterfluglinie wurde ein internationaler Carrier – was ihre Marktstellung als zweitgrößter deutscher Anbieter bis 2017 belegt. Auch wenn Air Berlin heute nicht mehr existiert, bleibt ihr Einfluss spürbar: Sie steht beispielhaft für den Wandel in der Luftfahrt hin zum Low-Cost-Modell in Deutschland.