Ibiza – Kultur und Folklore

Kulturelles Erbe auf Ibiza
Wegen der starken phönizischen und maurischen Einflüsse unterscheiden sich Kultur und Folklore von Ibiza grundlegend von denen des spanischen Festlands. In der ibizenkischen Volksmusik beispielsweise gibt es orientalische Klänge zu hören und auch die Tänze ähneln denen der nordafrikanischen Mittelmeerstaaten.

Musikinstrumente

Das wichtigste der landestypischen Instrumente ist die flaüta (Flöte) aus Oleanderholz, die meist nur mit einer Hand gespielt wird. Mit der anderen Hand hält man eine kleine Trommel aus Pinienholz und schlägt zu der Melodie selbst den Takt. Daneben sieht man des Öfteren eine etwa 1,5 cm dicke und 15 cm lange, aus zwei Rohren bestehende Klarinette, die reclam de xeremies. Das Instrument ähnelt den altägyptischen Maitund Zoummarah-Flöten, die im Nationalmuseum in Kairo ausgestellt sind. Musikethnologen nehmen an, dass die reclam de xeremies durch den Einfluss der Araber auch auf Ibiza in abgeänderter Form heimisch wurde. Quasi unvermeidlich in der traditionell ibizenkischen Musik sind schließlich die 15 cm langen castanyoles, die größten Kastagnetten Spaniens.

Tänze auf Ibiza

Die ibizenkischen Tänze spiegeln die sozialen Strukturen der Gesellschaft wider. Ein Tanz wird von einem Mann und einer oder mehreren Frauen aufgeführt. Während die Frau – ähnlich wie eine Henne – zurückhaltend und schüchtern mit kleinen Schritten tippelt und versucht, den Blicken des Mannes auszuweichen, verkörpert dieser den stolzen Hahn, der in großen Sprüngen die Partnerin beeindrucken möchte. Das Paar bewegt sich zum Rhythmus der Kastagnetten. Die Tänze bestehen aus zwei Teilen. Sie beginnen mit sa curta (der kurzen), bei der die Frau kleine Kreise zieht und der Mann ihr folgt, ohne den Blick von ihr zu lassen. Danach kommt sa llarga (der lange) bei der der Radius der Frau zunimmt und die Intensität des Tanzes beim Mann wächst, da die Sprünge weiter und höher werden müssen.

Der Tanz mit mehreren – meistens drei – Frauen nennt sich sa filera, wobei der Mann nur einer huldigt, während die anderen eine eher dekorative Rolle haben. Auf Hochzeiten besteht dieser Tanz aus insgesamt zwölf Runden und heißt auf Katalanisch dementsprechend doze rodades (zwölf Runden).

Das Paar beendet den Tanz, wenn der Mann seinen Arm über den Kopf der Frau führt und sich danach tief vor ihr verbeugt. Der aufbrausende Hahn wird zu einem galanten »Gockel«.

Man kann diese Tänze bei folkloristischen Vorführungen (in Sant Miquel einmal wöchentlich) oder auch auf Volksfesten erleben.

Poesie

Auf Ibiza werden viele Gedichte und Lieder nach wie vor mündlich überliefert. Die Herkunft der Gesänge lässt sich zeitlich oft nicht mehr einordnen. Zum großen Teil wurden sie wohl aus provençalischen Dialekten des Mittelalters überliefert. Zu dieser Art der Poesie gehören cançons d’infants (Kinderlieder), romanços (Romanzen), gloses (sarkastische Glossen), goigs und rondalles (Erzählungen über bekannte Persönlichkeiten) sowie das teatre pasqual oder nadalenc mit Geschichten über Christus oder die Heiligen Drei Könige.

Gesänge auf Ibiza

Auch eigene Lieder und Balladen – cantades oder xacotes – hat man auf den Pityusen. Diese Liedkultur unterliegt starkem nordafrikanischen Einfluss, und man kann sie vor allem bei Volksfesten hören. Neueren Datums sind die christlichen Weihnachtslieder – caramelles – oder die porfedi, bei denen in humoristischer Weise von der Beziehung zwischen den Geschlechtern gesungen wird. Interessant ist hier die Art der Darbietung, bei der ein Mann und eine Frau im Wechselgesang zu monotonen Trommelschlägen eine Art improvisierte Diskussion führen, ohne sich dabei anzusehen. Oft werden ihnen sogar die Augen verbunden. Angeblich wurden auf diese Art früher Probleme zwischen Ehepartnern »therapiert«.

Legenden auf Ibiza

In der Folklore der Pityusen finden sich Aberglauben und Legenden, die zum Teil auf frühere reale Ereignisse zurückgehen. Wichtig sind diese Traditionen beispielsweise in der Volksmedizin, die neben Heilkräutern und -pflanzen auch Gebete und mystische Behandlungsmethoden kennt. Neben Hexen spielen hier Geister und Kobolde eine wichtige Rolle. Man erzählte sich Geschichten über die Nacht vor dem Fest zu Ehren des Heiligen Sant Joan, wo sich die Geister am Waffenhof von Dalt Vila oder an der alten Brücke von Santa Eulària treffen.

Aberglaube auf Ibiza

Außerdem gibt es die els pastorells – Pastoren, die Namen der Heiligen schändeten, sich für immer unter den Lebenden bewegen müssen und sich nur von Katzen ernähren dürfen. Der wichtigste böse Geist der Insel ist es barruguet, ein kleiner, hässlicher Zwerg mit Vollbart, der allzeit bereit ist, die Menschen zu erschrecken, zu ängstigen und zu quälen. Wer sich es barruguet einfängt, wird keine ruhige Nacht mehr haben, lautet die Warnung. Er lebt angeblich am Puig des Molins, der alten karthagischen Nekropole.

Aber es gibt auch gute Geister wie beispielsweise es famelià, der vor allem zum Schutz von Häusern herbeigerufen wird, oder es follet, ein fliegender Geist, der Böses und Diabolisches bekämpfen soll.

Trachten der Frauen auf Ibiza

Überwiegend in kleinen Dörfern kann man ab und zu ältere Frauen in der alten ibizenkischen Tracht sehen. Diese Gewänder werden in Handarbeit aus Leinen, Baumwolle, Wolle und Seide hergestellt und spielen als repräsentatives Kostüm bei Festen eine Rolle. Im Alltag tragen die Frauen ein schlichtes, schwarzes Kleid mit weit geöffneten Ärmeln, darüber eine weiße Schürze und über den Schultern ein Tuch. Das Ganze wird vervollständigt durch ein Kopftuch und den darauf gesetzten Strohhut.

Daneben gibt es die gonella, das Festkleid, das aus einer langen schwarzen Robe besteht, die mit goldenen Knöpfen besetzt ist. Darüber trägt man ein großes, buntes Seidentuch, das kunstvoll über die Schultern gelegt wird. Unter der Robe befinden sich oft bis zu 15 Unterröcke. Als Kopfschutz trägt die Frau entweder einen cambuix, also ein besticktes, buntes Seidentuch, oder ein einfaches weißes aus Baumwolle. Ab und zu findet man auch noch einen weiten Seidenumhang, die mantellina, oder ein breites Tuch, das über Schultern und Arme geschlagen wird und sich abrigai nennt. Zu all diesen Gewändern gehört emprendrada: Schmuck und Ketten aus Silber oder Gold mit oft christlichen Motiven sowie Ringe an allen Fingern außer den Daumen.

Trachten der Männer auf Ibiza

Die Tracht des Mannes besteht aus einem weißen Hemd mit weitem Kragen, über den er meist ein Tuch bindet. Darüber trägt er eine schwarze Seidenjacke mit einer zweireihigen Knopfleiste. Dazu eine einfache, lange Hose oder einen zaragüellos, eine besonders geschnittene Pumphosenart, die ihre orientalische Herkunft nicht leugnen kann. Dazu gehört eine rote Zipfelmütze oder – seltener – ein Strohhut. Um die Hüfte schlägt man außerdem ein breites Tuch, in dem früher das Messer versteckt wurde. Als Schuhwerk werden immer die geflochtenen, vorne offenen espardenyes getragen.


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