Die unbekannte ibizenkische Küche
Bis vor wenigen Jahren war die ibizenkische Küche weitgehend unbekannt, und die Unterschiede zur spanischen kümmerten niemanden – zu Unrecht. Denn die ibizenkische Küche zeichnet sich durch eine beachtliche Improvisationskunst aus. Die Abgelegenheit der Inseln und der häufige Mangel an wesentlichen Grundsubstanzen zwangen die Bewohner zum Improvisieren.
Vorspeisen
Das Ergebnis sind einfache, aber dennoch schmackhafte Gerichte:
Die typischste Vorspeise der Inseln ist das alioli (Knoblauch und Öl), bei dem geschlagener Knoblauch nur mit Olivenöl und etwas Salz zubereitet und mit Weißbrot gegessen wird. Daneben gibt es das pa amb oli (Brot mit Öl), ein mit Olivenöl, Tomaten und Salz bestrichenes Brot, das zur Abwechslung auch mal mit Wurst, Schinken, Käse, Thunfisch oder einem Omelett belegt wird. In Sandwichform nennt man dies auf Spanisch bocadillo – der ideale Snack für zwischendurch.
Suppen auf Ibiza
Die Insulaner essen vor dem Hauptgang gern einen Teller Suppe. Der Begriff sope bezeichnet meist eine Suppe mit Brot und geschlagenem Ei darin. Oft findet man auch die sope de menuts (Suppe mit Fleisch und Gemüse), oder die Fischsuppe sope de rape (Suppe mit Seeteufel).
Reisgerichte
Beliebt sind Reisgerichte: zu den wichtigsten zählt der arròs sec (trockener Reis), der mit einer Fischbrühe, Hühner- und Kaninchenfleisch, Muscheln, Krabben und Gemüse serviert wird. Der Paella ähnlich ist der arròs de pescador (Reis nach Seemannsart), bei der zu Safranreis Fisch, Meeresfrüchte und Paprika gegessen werden. Der arròs amb carabassa (Reis mit Kürbis) ist ein vegetarisches Gericht; für dieses wird der Reis zusammen mit einem Stück Kürbis, Zimt und Rosinen gekocht. Der arròs negre (schwarzer Reis) bekommt seine Farbe durch die dunkle »Tinte« des Tintenfisches (sepia).
Ibizenkische Eintöpfe
Die olla fresca (frischer Eintopf) ist ein Gemüsegericht, bei der Kartoffeln, Erbsen, Bohnen und kleine Birnen gekocht werden. Außerdem gibt es den berühmten bullit, einen Eintopf aus verschiedensten Fleischsorten, Würstchen und Gemüse.
Die cassoleta de papates (Kartoffeleintopf) besteht aus Kartoffeln und viel Gemüse und Gewürzen. Ein weiteres typisches Gericht ist cuinat, gekochte Saubohnen und Platterbsen in einer Gemüsesuppe.
Omeletts
Beliebt sind auch Eierspeisen, so die spanische Tortilla (truita auf Eivissenc). Da ist zuerst die truita pagèsa (Bauernomelett), bei der Kartoffeln, Tomaten und Paprika mitverarbeitet werden. Als truita amb sardines (Omelett mit Sardinen) wird die Tortilla mit geräucherten Sardinen serviert.
Fleischgerichte auf Ibiza
Mangels Viehzucht waren Fleischgerichte auf den Pityusen eine Seltenheit und kamen nur an Festtagen auf den Tisch. Besonders typisch sind Lamm-, Kaninchen- und Schweinefleischgerichte. Rindfleisch gibt es so gut wie gar nicht. Gerne wird llom de porc, gegrillte Schweinelende gegessen. Daneben gibt es
costelles de moltó (Lammkoteletts), die mit Pilzen zubereitet werden, conill amb pebrots vermells (Kaninchen mit roter Paprika), conill amb ceba (Kaninchen mit Zwiebeln) und seltener das schmackhafte perdiu amb col (Rebhuhn mit Kohl).
Der beliebteste Fleischeintopf ist das Bauernragout sofrit pagès, bei dem Huhn-, Lamm- und Schweinefleisch gemeinsam mit ibizenkischen Würstchen, Kartoffeln und einer Menge Gewürzen gekocht werden. Gibt man jetzt noch Innereien und Pilze dazu, erhält man die Schlachtpfanne frita de matances. Bei der frita pagèsa werden Schweinekoteletts und Leber mit Pilzen gekocht und mit Pommes Frites serviert.
Fisch- und Meeresfrüchte auf Ibiza
Das ibizenkische Gericht per se ist der guisat de peix (Fischeintopf). Dafür werden verschiedene Fischarten mit Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten, Kartoffeln und vielen Gewürzen gekocht. Leicht von der französischen Bouillabaisse beeinflusst ist die bullit de peix. Ebenso beliebt ist Thunfisch, der mit Rosinen,
einer Weißwein-Zitronensauce und Eiern zubereitet und tonyina a la eivissenca genannt wird. Weniger bekannt sind in Zitrone gebratener Rochen, rajada frita, oder gekochter Rochen in Mandelsauce, burrida de rajada.
Tintenfisch serviert man auf verschiedenste Art: als pomps amb ceba (mit Zwiebelgemüse), frita de polp (geschmort), sèpia torrada (gegrillt) oder sèpia a la marinera (auf Seemannsart) mit reichlich Zwiebeln und Olivenöl. Eine wichtige Rolle innerhalb der ibizenkischen Küche spielt auch der Seeteufel, beispielsweise als rape a la cassolana, der mit Lorbeerblättern, Tomaten und Mehl zubereitet wird. Ebenso ausgefallen ist mussola amb cebes, Katzenhai mit Zwiebeln.
Die Königin der balearischen Küsten – zumindest auf dem Teller – ist die Languste, die man a la eivissenca mit einem Schuss Schnaps, Muscheln, Fisch und kleinen Tintenfischen serviert bekommt. Nicht zu verachten ist auch der guisat de llangosta, also Langusteneintopf, der mit einer großen Menge an Gewürzen, Mandeln, Weißwein und Lorbeerblättern zubereitet wird. Hervorragend ist auch llangosta amb alioli (Languste mit Alioli), etwas weniger aufwendig, aber ebenso gut llangosta amb pebrots (Languste mit Paprika), zu der eine Weinsauce gehört.
Ibizenkische Wurst und Käse
Besonders bei Wurst macht sich katalanischer Einfluss bemerkbar. Die beiden beliebtesten und überall zu findenden Würste sind die sobrasada, eine aus Schweinefleisch, Paprika und Pfeffer hergestellte rote, leicht scharfe Wurst, und die butifarra, eine schwärzliche Schweineblutwurst, die mit Fenchel, Zimt,
Gewürznelken und Pinienkernen gewürzt ist.
Käse wird auf den Pityusen vor allem aus Schafmilch produziert. Sie ist zwar überall erhältlich, aber nicht für alle Geschmäcker überzeugend.
Süße Desserts
Auf den Pityusen unterscheidet man zwischen süßen und salzigen Nachspeisen. Zu ersteren, die zahlreicher sind, gehören die sehr leckeren, aber auch schweren bunyols, in Öl gebackene Teigkringel. Auch gut schmecken die oreietes mit Anis oder die aus Formentera stammenden pensats i fets (Gedanken und Tatsachen) aus Milch, Mehl, Zimt und Zucker. Wichtig ist außerdem der flaó, eine Art Käsekuchen, der mit Anisschnaps zubereitet wird. Aus Mallorca importiert wurden die in Schmalz gebackenen ensaïmadas, Hefeschnecken, die man in »Einpersonengröße « oder auch in der pizzagroßen Familienversion bekommt. Sie wird vor allem, aber nicht nur zum Frühstück genossen.
Ibizenkischer dagegen ist die greixonera, eine Art Pudding, bei der Stücke der ensaïmada mit Milch, Eiern und Thymianlikör gebacken werden. Die berühmteste Milchspeise ist die recuita, lauwarme, geronnene Milch mit Zucker und Zimt.
Feiertage auf Ibiza
An bestimmten Feiertagen gibt es besondere Süßspeisen. So isst man zum Beispiel am 24. Juni, dem Tag des heiligen Johannes, die macarrones dulces (süße Makkaroni). Es handelt sich um in Milch gekochte Nudeln, die mit Zucker, Zitrone und Zimt kalt auf den Tisch kommen. Noch etwas ausgefallener ist die salsa de nadal (Weihnachtssauce), bei der in einer fleischhaltigen Brühe Eier, Mandeln, Safran und reichlich Zucker vermengt werden.
Salziges Dessert
Von den salzigen Nachspeisen sei vor allem die coca erwähnt. Diese mit Gemüse, sobrasada oder mit anderen Sachen belegte Pizza eignet sich auch als kleiner Happen.
Weine und Likör
Die Weinproduktion der Pityusen ist nicht groß, aber von guter Qualität. Besonders die Rotweine Sa Cova und Can Maymo aus dem Anbaugebiet um Sant Mateu zeichnen sich durch fruchtigen, vollen Geschmack aus.
Bekannter sind die Pityusen indessen für die Herstellung von Kräuterlikören auf Anisbasis wie dem hierbas, dem frigola oder dem rum aniseta.