Japan für Anfänger: Ein Guide für Erstbesucher des Landes

Japan erscheint auf den ersten Blick vertraut: technologisch auf dem neuesten Stand, sicher, geordnet und effizient. Doch unter der glatten Oberfläche begegnet dem Reisenden eine Vielzahl unausgesprochener Regeln, tief verwurzelter Rituale und gesellschaftlicher Codes. Für Erstbesucher bedeutet das: Organisation, Beobachtungsgabe und kulturelle Sensibilität sind entscheidend. Wer sich vorbereitet, wird nicht überwältigt, sondern entfaltet nach und nach Zugang zu einem außergewöhnlich vielschichtigen Land.

fujisan japan
Der Fujisan mit Blumenteppich im Frühling; Foto:thuanjapan pixabay, CC4

Planung mit Weitblick: Dauer, Saison und Ankunft

Für einen souveränen Einstieg empfiehlt sich eine Reisedauer von 12 bis 14 Tagen. Weniger Zeit wird schnell hektisch, mehr kann für den ersten Besuch zu viel Organisation erfordern. Als beste Reisezeit gelten Frühling und Herbst: Im Frühjahr zeigt sich die berühmte Kirschblüte je nach Region zwischen Ende März und Anfang April. Im Herbst verwandelt sich das Land von Oktober bis Mitte November in ein Farbenmeer aus Rot und Gold. Beide Zeiträume bieten angenehmes Klima und sind fotografisch besonders reizvoll. Wichtig: In der sogenannten Golden Week (Ende April bis Anfang Mai) und rund um den Obon-Feiertag im August ist das Land stark bereist, Hotels und Züge sind oft ausgebucht.

Deutsche Staatsbürger benötigen für touristische Aufenthalte bis zu 90 Tagen kein Visum. Die Einreise ist unkompliziert, aktuelle Einreisebestimmungen können online eingesehen werden. Empfehlenswert ist eine Reisekrankenversicherung mit weltweiter Gültigkeit.

Digital und praktisch: Navigation und technische Helfer

Japan ist ein Land für digitale Selbstversorger. Eine eSIM mit Datenpaket (z. B. über Airalo) lässt sich bequem vorab laden und bei Ankunft aktivieren. Alternativ bieten sich tragbare WLAN-Router zur Miete an. Kostenlose WLAN-Netze sind begrenzt und oft unzuverlässig. Eine stabile Internetverbindung erleichtert übersetzt, navigiert und öffnet Türen.

Die beliebtesten Apps für Erstbesucher sind: Google Maps, Japan Transit Planner (Zugverbindungen), Google Translate mit Kamerafunktion (zur Übersetzung von Kanji-Menüs), VoiceTra (gesprochene Kommunikation) sowie Tabelog für Restaurantbewertungen.

Im Nahverkehr dominieren kontaktlose IC-Karten wie Suica oder Pasmo. Sie funktionieren für Bus, Bahn, U-Bahn und in vielen Shops. Man lädt sie an Automaten oder über das Smartphone auf. Bargeld bleibt dennoch unerlässlich: Viele kleinere Läden und Restaurants akzeptieren keine Karten. Geldautomaten in 7-Eleven-Filialen gelten als zuverlässig und akzeptieren internationale Karten.

Ein Reiseverlauf für Einsteiger

Tag 1–3: Tokio bildet den Auftakt. Die Stadt überfordert nicht, wenn man sie thematisch erkundet: Asakusa mit dem Senso-ji-Tempel führt in die religiöse Tradition ein. Shibuya und Harajuku stehen für moderne Jugendkultur. Der Meiji-Schrein oder der Ausblick vom Tokyo Metropolitan Government Building runden das Bild ab. Ergänzend lohnt sich ein Spaziergang durch das elegante Viertel Daikanyama, ein Besuch in Akihabara für Technikinteressierte oder ein Abend in einer Izakaya in Ebisu oder Shinjuku. Für kunstinteressierte Besucher ist das Nezu Museum mit seinem Garten eine Oase inmitten des Stadttrubels.

Tag 4–5: Ein Zwischenstopp in Hakone bringt Entschleunigung. Die Seilbahn zum vulkanischen Tal Owakudani, eine Bootsfahrt auf dem Ashi-See und eine Nacht im Ryokan mit Onsen-Bad und Kaiseki-Menü vermitteln japanische Gastlichkeit auf ihre ursprünglichste Weise. Bei klarem Wetter zeigt sich der Fuji als Silhouette am Horizont. Für Kunstliebhaber bietet das Hakone Open Air Museum eine Verbindung von Skulptur und Natur, während der Hakone Checkpoint am See einen Einblick in das Leben zur Edo-Zeit gewährt.

Tag 6–10: In Kyoto verlangsamt sich der Takt. Die alten Tempel (z. B. Kinkaku-ji, Ginkaku-ji, Kiyomizu-dera), das Geisha-Viertel Gion und die Spaziergänge entlang des Philosophenwegs zeigen ein Japan voller Stille und Anmut. Der Nishiki-Markt bietet kulinarische Entdeckungen, während der Besuch im Fushimi-Inari-Taisha mit seinen Tausenden roten Torii ein ikonisches Fotomotiv liefert. Wer Interesse an traditionellem Handwerk hat, findet im Stadtteil Nishijin Werkstätten für Kimono-Weberei und Färbetechniken.

Tag 11–12: Hiroshima konfrontiert mit der Geschichte. Der Friedenspark und das Museum erschüttern, fordern aber zur Auseinandersetzung. Ein emotionaler Gegenpol ist Miyajima mit dem roten Torii im Wasser und ihren friedlichen Hirschen. Eine Nacht auf der Insel lohnt sich. Weitere Sehenswürdigkeiten wie der Daisho-in-Tempel oder eine Seilbahnfahrt auf den Berg Misen bieten vielfältige Eindrücke. Die Okonomiyaki von Hiroshima – geschichtet und mit Nudeln – unterscheiden sich kulinarisch deutlich von der Osaka-Variante.

Tag 13–14: Osaka bietet am Ende Kontrastprogramm: lebendig, kulinarisch, direkter als Kyoto. Ideal für einen letzten Streifzug durch Dotonbori, mit Takoyaki in der Hand und dem Lächeln der Straßenköche als Abschiedsgruß. Die Burg Osaka, das Umeda Sky Building oder ein Abendessen im Shinsekai-Viertel bieten zusätzliche Höhepunkte. Wer fliegt, kann vom nahegelegenen Kansai International Airport direkt abreisen.

Mit System durchs Land: Bahn und Alternativen

Der Japan Rail Pass (JRP) ermöglicht freie Fahrt auf JR-Linien. Seit 2023 deutlich teurer (z. B. ca. 50.000 Yen für 7 Tage), lohnt er sich vor allem bei mehreren Fernstrecken. Wer nur Tokio, Kyoto und Osaka anfährt, fährt mit Einzeltickets oft günstiger. Sitzplatzreservierungen sind empfohlen, besonders in der Hauptreisezeit. Reservierungen funktionieren über Automaten oder das Internetportal von JR. Regionale Pässe (z. B. Kansai oder Hakone) können punktuell sinnvoller sein.

Für den Stadtverkehr sind IC-Karten wie Suica oder ICOCA das Mittel der Wahl. Auch Buspässe, etwa für Kyoto, können sich lohnen – dort sind viele Sehenswürdigkeiten besser per Bus erreichbar als mit der Bahn. Wer flexibel ist, kann einzelne Abschnitte mit Fernbussen zurücklegen: Diese sind günstiger, aber zeitaufwendiger. Inlandsflüge lohnen sich bei sehr großen Distanzen, etwa nach Kyushu oder Hokkaido.

Regeln verstehen, um richtig anzukommen

Japan ist ein Land der impliziten Ordnung. Man steht korrekt in der Warteschlange, spricht in öffentlichen Verkehrsmitteln leise oder gar nicht, vermeidet das Telefonieren im Zug. Lautes Naseputzen ist tabu, ebenso das Essen auf der Straße.

Trinkgeld gilt als unangebracht. Wertschätzung zeigt man mit Höflichkeit, nicht mit Geld. Auch das Ausziehen der Schuhe vor dem Betreten von Wohnungen, Tempeln und traditionellen Unterkünften ist obligatorisch. Toilettenschuhe bleiben im Sanitärbereich.

In Onsen (heiße Bäder) ist absolute Körperhygiene Pflicht. Vor dem Betreten duscht man sich gründlich. Tattoos sind vielerorts nicht erlaubt oder müssen verdeckt werden.

Tempel und Schreine folgen klaren Ritualen: Hände waschen, Münze opfern, verbeugen, Gebet, ggf. klatschen. Buddhistische Tempel unterscheiden sich im Ablauf von Shinto-Schreinen. Rücksicht ist hier nicht nur erwünscht, sondern erwartet.

Kulinarischer Einstieg: Was, wie, wo?

Japanische Esskultur ist vielfältig, überraschend und oft einfach zugänglich. Fünf Einstiegsgerichte:

  • Ramen: Nudelsuppe in zahllosen Varianten. Bestellung meist über Ticketautomaten.
  • Sushi: Hochwertig und preislich breit gestreut. Vom Fließband bis zum Meisterwerk.
  • Gyudon: Reis mit Rindfleisch, in Ketten wie Sukiya preiswert und schnell.
  • Tempura: Frittierte Meeresfrüchte oder Gemüse, leicht und aromatisch.
  • Okonomiyaki: Herzhafter Pfannkuchen, besonders in Osaka beliebt.

Die Bestellung gelingt oft per Automat oder durch Zeigen auf das Bild. Der Satz „Kore kudasai“ („Das bitte“) hilft weiter. Vor dem Essen sagt man „Itadakimasu“, nach dem Essen „Gochisōsama deshita“. Stäbchen nicht senkrecht in den Reis stecken oder damit Essen weiterreichen.

Snacks wie Onigiri (Reisbällchen), Taiyaki (gefüllte Teigfische) oder Takoyaki (Tintenfischbällchen) gehören zum kulinarischen Alltag. Getränkeautomaten stehen an fast jeder Straßenecke. Sie bieten Tee, Wasser, Softdrinks und im Winter auch warme Dosenkaffee-Varianten. In Izakaya (japanischen Kneipen) bestellt man kleine Tellergerichte zum Teilen. Das Teilen gilt als gesellig und ist Teil des kulinarischen Erlebnisses.

Was bleibt: Begegnung mit einem anderen Takt

Japan fühlt sich nicht fremd an, sondern anders. Es ist kein Land der Kontraste, sondern der Koexistenz. Technik und Tradition, Geschwindigkeit und Stille, Rigoros und Rücksicht agieren hier nebeneinander. Wer sich auf dieses Zusammenspiel einlässt, verlässt Japan nicht nur mit Bildern, sondern mit Haltung. Die Reise beginnt mit einer Eintrittskarte – und führt zu einer inneren Verlangsamung, die lange nachwirkt.