Kanada - Städte und Dörfer, Lebensweise, Kultur und Kunst

In den Atlantikprovinzen gibt es nur eine »echte« Großstadt: Halifax in Nova Scotia mit rund 360.000 Einwohnern. Auf Newfoundland in St. John’s leben zwar immerhin auch gut 100.000 Menschen, aber dort stellt sich nicht unbedingt urbanes Gefühl ein, ebenso wenig wie in der größten Stadt von New Brunswick, Saint John, mit ca. 75.000 Bewohnern.

Halifax ist Dreh- und Angelpunkt des Kulturlebens in den maritimen Provinzen. Dank historisch gewachsener Eigenheiten und ihrer maritimem Prägung besitzt die Stadt einen unverwechselbaren Charakter. Halifax ist Sitz vieler Außenstellen der Bundesregierung sowie überregionaler Wirtschaftsunternehmen.

Nicht mehr als regionale Knotenpunkte sind die Provinzhauptstädte Charlottetown auf Prince Edward Island und Fredericton in New Brunswick. Das gilt auch für das bereits erwähnte Saint John sowie Moncton in New Brunswick.

Die Mittel- und Kleinstädte sind durch uniforme Zweckbauten der Tankstellen, Supermärkte, Fast Food Restaurants und Hotels/ Motels der in ganz Nordamerika bekannten Ketten an den Ausfallstraßen ziemlich gleichförmig.

Unterscheidbar werden die Städte im mit Downtown bezeichneten Zentrum, das nicht unbedingt in der Stadtmitte liegen muss. Es ist meist bestimmt durch mehr oder weniger historische Architektur und etwas individuellere Geschäfts- und Restaurantzonen. Nur dort trifft man auf engem Raum auch Fußgänger beim Einkaufsbummel und – im Sommer – auf Restaurantterrassen.

Mit einem Nachtleben darf man nirgendwo rechnen, bestenfalls noch in bescheidenen Grenzen in Halifax. Das muss nicht heißen, dass gar nichts los ist. Open-Air Events und kulturelle Veranstaltungen im weitesten Sinne bieten zumindest im Sommer auch vergleichsweise kleine Orte. Speziell in den Provinzhauptstädten Fredericton, Charlottetown und St. John’s, aber auch in Städten wie Moncton, Saint John oder Sydney gibt es sogar einen recht dichten sommerlichen Veranstaltungskalender. Jedes Visitor Information Centre hat die Details, man findet sie auch auf den Websites der Orte und Regionen. Nur in wenigen Städten – u.a. Halifax und Charlottetown – gibt es Stadtrundfahrten. Die anderen Städte sind klein genug, um zumindest das Zentrum zu Fuß erschließen zu können.

In manchen der am Wasser gelegenen Orte wurden nicht mehr benötigte, meist heruntergekommene Hafenbereiche saniert. Ehemalige Lagerhäuser avancierten zu Veranstaltungs- und Ausstellungshallen; viele beherbergen Shops und Restaurants und sind von Grünanlagen umgeben. Ein derart renovierte Waterfront ist Anziehungspunkt für Touristen wie für Bewohner. In dünner besiedelten Gegenden fungieren größere Dörfer als Administrations-, Versorgungs- und Kulturzentrum des Umlands. In sogenannten Community Centres finden sich dann Einrichtungen, die man im ländlichen Raum sonst vergeblich sucht – Supermärkte, Banken, Bibliotheken, Kinos, Fachgeschäfte, Dienstleistungseinrichtungen und Behörden.

Wegen der geringen Besiedelungsdichte liegen in manchen Ortschaften die Gebäude weit auseinander. Einen identifizierbaren Ortskern gibt es daher häufig nicht. Auch ein Ortseingangsschild fehlt hin und wieder.

Besonders in der Sommersaison werden vielerorts Feste gefeiert. Ihre historischen Wurzeln haben sie oft im harten Alltagsleben, dem zu entfliehen, man Anlässe suchte und fand. Die gemeinsamen Feiern stärkten das Zusammengehörigkeitsgefühl, eine Voraussetzung zum Überleben und zu gegenseitiger Hilfeleistung in Notzeiten.

Die traditionellen Feste – ob zur Apfelblüte, zur Erdbeerernte, zum Auftakt der Lachssaison, also aus unmittelbaren Lebenszusammenhängen, oder in Rückbesinnung auf historische, ethnische oder religiöse Traditionen – werden zumeist mit großem Engagement aller Beteiligten durchgeführt und erhalten nicht selten auch staatliche Förderung.

Besonders im ländlichen Raum unternimmt man erhebliche Anstrengungen zur Erhöhung der Lebensqualität und der Attraktivität der Community. Damit wird letztlich auch das Touristenaufkommen erhöht. Allein in Nova Scotia gibt es mittlerweile 800 Festivals im Jahr. Dazu gehören auch Musik- und Theaterveranstaltungen, die noch keine langjährige Tradition besitzen, aber auf ein gestiegenes kulturelles Interesse hinweisen. In den größeren Orten gibt es auch Konzerte von Klassik über Jazz und Folk & Country bis zu Rock & Pop, im Sommer open air. In ländlichen Regionen sieht es damit schlechter aus.

Viele traditionsbewusste Bands der First Nations veranstalten auf ihren Territorien alljährlich mehrtägige sog. Pow Wows, zu denen traditionelle Zeremonien, Tänze und Musikdarbietungen gehören; Gäste sind willkommen. Im Internet findet man die Termine auf den Websites der jeweiligen Stämme. Einige sind unter www.mns-firstnet.ca aufgelistet. In Canada steht das Wort Art Gallery nicht in jedem Fall für das, was wir unter einer Kunstgalerie verstehen. Gallery wird dort viel weiter gefasst und kann Verkaufseinrichtung für Kunsthandwerk, Gebasteltes, Gesägtes, Genähtes oder Gestricktes sein. Ähnlich variantenreich sind die Craft Shops, in denen Handgemachtes (Crafts) zum Verkauf steht, von beachtlichen Kunstwerken über lokale kunsthandwerkliche Artikel bis zu Kitsch. Die Bezeichnung Artist Studio weist noch am ehesten auf Kunst hin. Der Besuch im Künstlerstudio erfüllt nicht immer die Erwartungen, bietet aber manche Überraschung.

Die Kunstsammlungen größerer Museen, wie z.B. der Beaverbrook Art Gallery (Fredericton) oder der Art Gallery of Nova Scotia (Halifax) präsentieren bildende Kunst aus Europa, den USA und natürlich Canada. Oft gibt es Schwerpunktausstellungen mit Künstlern der jeweiligen Region. An der Mount Allison University in Sackville mit ihrer renommierten kunstwissenschaftlichen Fakultät zeigt die Owens Art Gallery neben Werken aus dem 18. bis 20. Jahrhundert insbesondere auch Bilder und Objekte junger, zeitgenössischer Künstler.

Privatgalerien für moderne Kunst findet man in den großen Städten, aber auch hier und dort auf dem Land, oft am Wohnort eines Malers oder Bildhauers. In den Tourist Information Centres gibt es bisweilen Listen derartiger Ausstellungen und Werkstätten. Die Art Gallery of Nova Scotia in Halifax hat eine eigene Abteilung für Kunst der Inuit und seit 2001 die First Nations Art Gallery. Ansonsten ist die Kunst der Ureinwohner Canadas in den großen Museen eher unterrepräsentiert.

Am ehesten findet man kunsthandwerkliche Arbeiten von Indianern in Craft Stores, die manchmal auf indianischen Territorien betrieben werden. Galerien, die indianische Kunst vertreten, sind rar. Eine befindet sich in Bear River, Nova Scotia (Flight of Fancy), eine weitere am gleichen Ort im Reservat im Bear River First Nation Heritage&Cultural Centre.

Die Kunst der Inuit – Druckgrafik, Zeichnungen und Skulpturen – ist etwas besser vertreten. In drei Privatgalerien (in Lunenburg und in Kingsburg (beide Nova Scotia) sowie in St. Andrews (New Brunswick) werden die bedeutendsten zeitgenössischen Inuit- Künstler vorgestellt. Daneben findet man hier und dort auch in weiteren Galerien vorwiegend folkloristische Inuit-Skulpturen; direkt von den Künstlern kann man sie in Nain (Labrador) erwerben.