Schlangenplage auf Mallorca: Invasive Nattern gefährden Tierwelt – und verunsichern Urlauber

| von if

Was einst mit einzelnen Funden begann, hat sich in wenigen Jahren zu einem ernstzunehmenden ökologischen und gesellschaftlichen Problem ausgewachsen: Die Schlangenplage auf Mallorca ist 2025 nicht nur ungelöst, sondern verschärft sich zusehends. Invasive Arten wie die Hufeisennatter und die Treppennatter haben sich über weite Teile der Insel ausgebreitet, bedrohen die heimische Tierwelt und sorgen für Verunsicherung bei Bewohnern wie Gästen.

Schlangenplage auf Mallorca: Invasive Nattern gefährden Tierwelt – und verunsichern Urlauber
In den Mandel- und Olivenhainen auf Mallorca muss man mit Schlangenattacken rechnen; Bild Anja CC0 pixabay

Vom Pflanzenimport zur Plage

Ursprung der Plage ist der internationale Pflanzenhandel. Vor allem beim Import von Oliven- und Johannisbrotbäumen aus Andalusien gelangten in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrfach Schlangenarten unbeabsichtigt nach Mallorca. In den hohlen Wurzelballen und Stämmen der Bäume versteckten sich unter anderem die Hufeisennatter (Hemorrhois hippocrepis) und die Treppennatter (Rhinechis scalaris), zwei ursprünglich auf dem Festland verbreitete Arten, die auf Mallorca keinerlei natürliche Feinde haben.

Während anfangs nur einzelne Exemplare entdeckt wurden, deuten aktuelle Fangzahlen auf eine massive Population hin. Die Tiere finden in Mallorcas milder Landschaft reichlich Nahrung und Lebensraum, vor allem in der zentralen Inselregion und in den ländlichen Gebieten rund um Artà im Nordosten. Dort haben die Schlangen mittlerweile einen so schlechten Ruf, dass viele Hausbesitzer ihre Fincas im Umland nicht mehr besuchen.

Schlangen auf dem Vormarsch!

Auch auf den benachbarten Inseln ist die Situation kritisch. Auf Formentera und Ibiza wurden teils mehr als 1.500 Schlangen pro Jahr eingefangen. Auf der kleinen, eigentlich unbewohnten Naturschutzinsel Sa Dragonera, die Mallorca westlich vorgelagert ist, haben Wildkameras kürzlich erstmals eine Hufeisennatter dokumentiert – ein Alarmzeichen für die Biologen. Die Behörden reagierten prompt: Es wurden Dutzende Lebendfallen aufgestellt, um eine Etablierung der Art auf der ökologisch besonders sensiblen Insel zu verhindern.

Die Tiere, vor allem die kräftig gebaute Hufeisennatter, können bis zu zwei Meter lang werden und gelten als wehrhaft. Sie sind zwar nicht giftig, zeigen aber bei Bedrohung ein aggressives Verhalten. Die Bisse sind schmerzhaft und können – insbesondere bei unzureichender Wundversorgung – zu Entzündungen führen.

Die Hufeisennattern haben auf Mallorca keine natürlichen Feinde;Bild von Marc Pascual auf Pixabay. CC0
Die recht imposante Hufeisennatter ist zwar nicht giftig, aber beißfreudig… Bild von Marc Pascual auf Pixabay CC0

Gefahr für die heimische Tierwelt

Die eigentliche Dramatik der Schlangenplage zeigt sich jedoch im ökologischen Bereich. Besonders gefährdet sind endemische Eidechsenarten, wie die Balearen-Eidechse (Podarcis lilfordi), die auf kleinen Inseln rund um Mallorca bislang in stabilen Populationen lebte. Seit dem Auftreten der Nattern wurden diese Bestände stark dezimiert, in manchen Gebieten sogar vollständig verdrängt. Auch andere Tiere wie Jungvögel oder Kleinsäuger geraten zunehmend unter Druck. Die Schlangen haben sich zu einem dominanten Beutegreifer im Ökosystem entwickelt – mit weitreichenden Folgen für das biologische Gleichgewicht der Inseln.

Maßnahmen der Behörden

Die Regionalregierung der Balearen hat mehrere Gegenmaßnahmen eingeleitet. Dazu zählt der verstärkte Einsatz von Schlangenfallen in ländlichen Regionen, aber auch auf städtischen Grundstücken, wo die Tiere inzwischen mitunter ebenfalls auftauchen. Die Bevölkerung wird aktiv in die Bekämpfung eingebunden: Bürger können sich Fallen gegen Pfand ausleihen, Sichtungen melden und sogar beim Bau von Schlangenkäfigen helfen.

Eine weitere Maßnahme betrifft die Einfuhr lebender Pflanzen: Der Import von Baumarten, die als Träger invasiver Tiere infrage kommen – darunter Olivenbäume und Steineichen –, wurde zeitweise eingeschränkt. Die Kontrollen an den Häfen wurden verschärft, die Untersuchung von Importgütern intensiviert.

Insgesamt jedoch kommen die Maßnahmen zu spät. Viele Fachleute sprechen offen davon, dass sich die Tiere mittlerweile flächendeckend auf der Insel etabliert haben. Die Vermehrung verlief über Jahre unkontrolliert, weil keine natürliche Regulation vorhanden ist. Inzwischen gilt die vollständige Tilgung der Hufeisennatter auf Mallorca als praktisch unmöglich.

Verhaltensempfehlungen für Einheimische und Urlauber

Wer sich im ländlichen Raum Mallorcas bewegt, sollte ein gewisses Maß an Vorsicht walten lassen – insbesondere in trockenen Regionen mit dichtem Bewuchs, in Olivenhainen oder Weingärten. Die Nattern halten sich bevorzugt in der Nähe von Mäusen und anderen Kleintieren auf und zeigen sich oft erst, wenn sie gestört werden.

Bei einer Begegnung mit einer Schlange gilt:

  • Nicht in Panik geraten
  • Keine schnellen Bewegungen machen
  • Langsam und ruhig den Rückzug antreten
  • Das Tier keinesfalls reizen, einkreisen oder fotografisch bedrängen

Auch wenn die Tiere nicht giftig sind, sollte ein Biss immer medizinisch behandelt werden. Bei Kindern, Senioren oder Personen mit geschwächtem Immunsystem kann selbst ein nicht-venomöser Biss ernste Folgen haben. Sichtungen sollten der zuständigen Umweltbehörde gemeldet werden, damit eine Dokumentation der Ausbreitung möglich bleibt.

Touristische Auswirkungen

Ob und wie stark sich die Schlangenplage auf den Tourismus auswirkt, lässt sich derzeit schwer sagen. Zwar sind viele Urlauber zunächst beunruhigt, wenn sie von meterlangen Schlangen auf Wanderwegen oder in der Nähe von Ferienhäusern hören, doch konkrete Rückgänge bei den Gästezahlen sind bislang nicht zu verzeichnen. Die Behörden bemühen sich, zu beruhigen: In urbanen Bereichen, Hotelanlagen oder touristischen Zentren bestehe „keine reale Gefahr“.

Dennoch ist zu beobachten, dass insbesondere Naturfreunde, Wanderer und Radreisende sensibler auf das Thema reagieren. Die Vorstellung, in eigentlich sicheren Regionen plötzlich auf aggressive Reptilien zu treffen, trübt bei manchen die Urlaubsfreude. Mallorca, das jahrzehntelang als „schlangenfreie“ Insel galt, verliert ein Stück seines harmlosen Images.

Schlangenplage als ungelöstes Problem

Die Schlangenplage auf Mallorca ist ein klassisches Beispiel für die Folgen globaler Handelsverflechtungen und unkontrollierter Naturveränderung. Eine Tierart, die ursprünglich nicht zur heimischen Fauna gehörte, konnte sich dank günstiger Bedingungen ungestört ausbreiten – mit Konsequenzen, die erst spät erkannt und nur schwer wieder in den Griff zu bekommen sind.

Für Mallorcas Umweltpolitik bedeutet das in den kommenden Jahren eine Daueraufgabe: Forschung, Kontrolle, Eindämmung und vor allem Aufklärung müssen verstärkt werden. Denn der Kampf gegen invasive Arten lässt sich nicht durch Einzelaktionen gewinnen – sondern nur durch langfristige Strategien und konsequente Umsetzung.. Die Tötung von solchen invasiven Tieren ist durch das Königliche Dekret Nummer 630/2013 in Spanien ausdrücklich zugelassen

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