Chopin und George Sand - das ungleiche Paar
Über 250.000 Besucher besichtigen angeblich Jahr für Jahr die Kartause von Valldemossa. Nicht, weil es sich bei diesem ehemaligen Kloster um ein so grandioses Bauwerk handelt, sondern in erster Linie, weil im Winter 1838/39 der Komponist Frédéric Chopin und eine bekannte französische Schriftstellerin mit dem männlich klingenden Künstlernamen George Sand dort zwei Monate einer tragisch-romantischen und gleichzeitig skandalösen Beziehung verbrachten.
Der Nachwelt erhalten blieben die Umstände und Einzelheiten dieses privilegierten Aufenthaltes dank des von Madame Sand später veröffentlichten Buches "Ein Winter" auf Mallorca. Dieser literarische Reisebericht, der zugleich eine kritisch verzerrte (was die Mallorquiner angeht) wie bewundernde (soweit es Landschaft und Klima betrifft) Beschreibung der Insel ist, wurde – dem Ausflugstourismus sei Dank – zum Bestseller in allen wichtigen europäischen Sprachen.
Valldemossa, die "Kartause" und Frederic Chopin
Der in fast allen Reiseführern und Veröffentlichungen zu Mallorca wie selbstverständlich benutzte Begriff "Kartause" (spanisch: Cartuja, mallorquín: Cartoixa) wird den wenigsten etwas sagen. Laut Lexikon handelt es sich um "Ansammlungen kleiner Häuser mit Einzelzellen", deren Name sich vom asketischen Kartäuser-Mönchsorden herleitet. Dieser, wie alle anderen Orden auch, war bei der spanischen Obrigkeit einige Jahre vor der Ankunft Chopins in die Ungnade der Säkularisierung gefallen und hatte das Kloster in Valldemossa durch Enteignung verloren. Die geräumigen Zellen der "Kartause", wurden daher weltlichen Zwecken zugeführt. George Sand und Chopin, die von der Verfügbarkeit der Räume gehört hatten, mieteten sich im November 1838 dort ein und zogen bald ganz nach Valldemossa. Bis dahin hatten sie überwiegend ein Haus in Establiments (ca. 4 km nördlich Palma) bewohnt, das sie nach Tuberkulose-Anfällen Chopins wegen der Ansteckungsfurcht des Eigentümers verlassen mussten. Die sich verschlimmernde Krankheit führte letztlich zum vorzeitigen Abbruch des Mallorca-Aufenthaltes und damit zur anrührenden Tragik über dem Geschick der prominenten Liebenden, von der die Tourismusbranche noch heute zehrt. Ohne Frederíc Chopin und George Sand ließe sich Valldemossa nicht halb so gut vermarkten.
Die Suche nach einer angemessenen Unterkunft war offenbar lange Zeit in Palma ein Problem. Herrscht heutzutage eher ein Überangebot an Hotels und Pensionen aller Kategorien, mussten George Sand und Frederic Chopin im November 1838 noch feststellen, dass dort keine Herberge für Reisende existierte: "In einem Gebiet, das den großen Zivilisationen Europas so nahe lag, gab es keine einzige Unterkunft. ... das verstanden wir nicht."
Und so war das prominente Paar auf die Gastfreundschaft der Palmeser angewiesen, die offensichtlich nicht dem entsprach, was Monsieur und Madame erwartet hatten: "In Palma ist es nötig, zwanzig wichtigen Persönlichkeiten empfohlen und angekündigt worden zu sein und einige Monate zu warten, um nicht im Freien schlafen zu müssen." Dazu kam es dann aber nicht, denn man wies ihnen schließlich doch noch ein Quartier zu, allerdings zur geringen Zufriedenheit der Baronin: "Alles, was man für uns tun konnte, bestand darin, uns zwei kleine möblierte, besser gesagt, unmöblierte Zimmer zu verschaffen, an einem seltsamen Ort ... mit einem Feldbett ... wie ein Schieferstein, einem Baststuhl und Pfeffer und Knoblauch als Lebensmittel."