Wie harmlos klingt dagegen die Geschichte von Fontanet. Er ist einer der alten Strippenzieher, der immer noch am Leben ist. Auf Interviewanfragen reagiert er nicht. Man weiß aber über ihn, dass er mit dem illegalen Handel von Tabak und Kaffee ein Vermögen gemacht haben muss, denn er konnte sich Fabriken leisten, in denen er heute Mehl, Kekse und Kaffee herstellt.
Die Chefs der Schmugglerbanden galten für viele Mallorquiner als Helden und für sie zu arbeiten war eine Ehre: Zu schmuggeln bedeutete, gut zu verdienen und obendrein die Bevölkerung mit preiswerten und guten Produkten zu versorgen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden schätzungsweise 30 bis 40% des BIP geschmuggelt. Täglich wurden säckeweise Reis und Mehl auf die Insel gebracht, erläutert der Historiker Ferrer Guasp: “Die Autarkiepolitik, die zum Ziel hatte, aus Spanien einen völlig unabhängigen Staat zu machen, war das Problem. General Franco wollte, dass Spanien ausschließlich von dem lebt, was in Spanien produziert wurde. Aber das führte nur dazu, dass ein großer Mangel an allen Produkten herrschte.”
Und weil Franco nicht in Kauf nehmen konnte, dass viele Menschen verhungerten, tolerierte er den Schmuggel, bis Spanien Ende der fünfziger Jahre den Markt öffnete. Wer jetzt beim Schmuggeln erwischt wurde, landete im Gefängnis.
Aber Joan und die anderen Schmuggler konnten sich darauf verlassen, dass die Polizisten bestochen waren, und die Zivilbevölkerung hinter ihnen stand. Im 18. und 19. Jahrhundert beteiligten sich auch Geistliche am Geschäft und versteckten das Schmuggelgut in den Klöstern der Insel.
Ab dem Ende der fünfziger Jahre wurden hauptsächlich Wohlstandsprodukte geschmuggelt. Joan erzählt von der fliegenden Händlerin, die Tabak und Nylonstrümpfe in das Futter ihres Mantels nähte und so noch beleibter wirkte, als sie ohnehin schon war. Auf dem Motorrad fuhr sie zu ihren Kunden, die sie von weitem am Knattern der Maschine erkannten.