Sticken und Weben

Die Welt wirkt noch in Ordnung, wenn sich abends im Sommer die älteren Frauen vor die Häuser setzen und Handarbeiten verrichten: Die Deckchen, Bettenhimmel und Teppiche, die dabei gewoben oder bestickt werden, zieren das eigenen Heim und so manches Urlaubsdomizil.
Im Winter bekommen Langzeit-Urlauber die Gelegenheit, selbst zu lernen, wie sich komplizierte Blumenmuster auf Stoffe bannen lassen: Die Rathäuser der Insel organisieren jede Menge Kurse; das Angebot reicht von Katalanisch über Paartanz bis zu Punto mallorquín, mallorquinischer Stickerei. In vielen Kurzwarenläden der Insel sind Stoffe mit Vordrucken zum Selbersticken sowie passendes Garn erhältlich.

Ein kostbarer Stoff aus dem 10. Jahrhundert mit auffallendem Pfeil- oder Zungenmuster hängt im New Yorker Metropolitan Museum of Art und soll so aussehen, als stamme er aus Mallorca:
Stoff mit Zungenmuster, tela de llengües, wird auf der Insel auch heute noch hergestellt, zum Beispiel in den Webereien der Firmen Can Bujosa in Santa Maria und Teixits Vicens in Pollença. Die Stoffe mit dem traditionellem Muster dienen zum Beziehen von Stühlen und Couchen oder werden als Vorhang verwendet. Sie sind nicht gerade billig, dafür aber keine Massenware.
Das oben erwähnte Museumsstück stammt übrigens aus dem Jemen. Ob das charakteristische Muster von dort nach Mallorca kam, oder ob das Handwerk beider Regionen einen gemeinsamen Ursprung hat, ist nicht bekannt.

Adressen der Webereien:
Guillem Bujosa, C/ Bernat Sta.Eugènia, 53 - 07320 STA. MARIA DEL CAMÍ
Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 08.00 - 13.00 Uhr / 15.30 - 20.00 Uhr.
www.bujosatextil.com
Teixitvicens, Rotonda Can Berenguer - 07460 POLLENÇA
Öffnungszeiten: Mo. bis Sa. 9.00 - 19.00 Uhr.
www.teixitsvicens.com

Aus Küche und Backstube

Ausgerechnet am Tag der Kölner Stadtheiligen Ursula, dem 21. Oktober, gönnen sich Mallorquiner etwas Besonderes: Kleine, in Fett gebackene Kringel mit Zucker, bunyols genannt. Dabei gedenken die Insulaner weniger der heiligen Ursula, als mehr ihrer Begleiterinnen: Der Legende nach unternahm die bretonische Königstochter Ursula mit 11 000 Jungfrauen eine Wallfahrt nach Rom. Bei einem Halt in Köln, sagt man, wurden sie von den Hunnen umgebracht. Aber so genau möchte das auf Mallorca gar keiner wissen. Hier heißt der Tag mit den süßen Kringeln las virgenes, die Jungfrauen, weil man die Süßigkeit Jungfrauen schenken soll, so eine gängige Erklärung.

Kaum hat man die fettigen bunyols verdaut, gibt es auch schon die nächste Süßigkeit: Rosarios, Rosenkränze. In diesem Fall sind das Ketten mit Keksen und Gummibärchen, die die Kinder an Allerheiligen von ihren Taufpaten geschenkt bekommen. Seit ein paar Jahren beschenken die Kinder zusätzliche sich selbst: In den Kindergärten und Schulen der Insel ist es üblich, Süßigkeiten mit Löchern zu versehen und auf Strippen zu fädeln- kein Kind, dem dieser Rosenkranz nicht gefällt.

Mallorquinische Würste wie sobrasada, longaniza und botifarron gibt es zwar das ganze Jahr über, traditioneller Weise aber am Vorabend von Sant Antoni, dem 16. Januar. Passend zur Jahreszeit brennen überall auf der Insel Lagerfeuer, in denen aufgespießte Würste brutzeln.

An Ostern backen und verzehren Mallorquiner panades, rubiols und crespells, das sind Teigtaschen mit salziger und süßer Füllung. Zu Weihnachten werden verschiedene typische Festtagsspeisen serviert. Einen Klassiker unter den Weihnachtsmenüs gibt es nicht, wohl aber unter den Weihnachtssüßigkeiten: Torró oder spanisch: turrón plegt man überall in Spanien zu essen: es ist eine Süßware aus Mandeln, Honig, Zucker und Eiklar. Eine besonders leckere Variante besteht aus Mandeln und Schokolade. 

Zur kulinarischen Folklore gehört auf Mallorca auch ein Salat, trampo, aus Tomaten, Paprika und Zwiebeln. Findige Hausfrauen machen ihre Sommertomaten für einen Salat im Winter haltbar: Die Tomaten werden gehäutet und im Ganzen konserviert. Alternativ werden im Winter Tomaten der mallorquinischen Sorte ramallet verwendet, da sie sich bei richtiger Lagerung ein halbes Jahr und länger halten.

Das Pa amb Oli, (Brot mit Öl) eine andere traditionelle Speise, hat sich in den letzten Jahren als Abendessen etabliert. Wahrscheinlich, weil es schnell zuzubereiten ist, so wie das deutsche Abendessen, mit dem es noch mehr Gemeinsamkeiten hat: Auch das Pa amb Oli ist ein belegtes Brot, wobei die Brotscheiben getoastet und mit Olivenöl betreufelt werden. Sehr klein geschnittene Tomaten oder Tomatenscheiben, Salz und Knoblauch sind neben getrocknetem Schinken oder Käsescheiben die weitere Zutaten. Und als Beilage gibt es Oliven oder Pepperoni. Diese deftige mallorquinische Spezialität gibt es als “kleine Speise” in vielen Bars und Restaurants der Insel. Man sei gewarnt, häufig reicht eine Portion aus, um zwei Personen vollkommen zu sättigen.

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