Raixa, Mallorca; pixabay CC0

Über einen langen, modernen Holzübergang erreicht man die Auffahrt zum Herrenhaus. Rechts steht noch das ehemalige Eingangstor. Der Hauptweg führt zwar nach links, doch es empfiehlt sich, zunächst einmal durch das Tor zu schreiten, um es von der anderen Seite zu betrachten. Ein großes, steinernes Wappen ziert den Torbogen.

Dann wenden wir uns wieder dem Weg zum Herrensitz zu und befinden uns in der ersten von drei Gartenanlagen. Vorbei an Oleanderbüschen und einem kleinen Teich mit quakenden Fröschen geht es links zur Belvedere-Terrasse, wo eine Büste des Kardinals Don Antonio Despuig y Dameto steht, der diesem Anwesen seinen italienischen Stempel aufgedrückt hat.

Ursprünglich war Raixa wahrscheinlich ein arabisches Landgut. 1660 kam es in den Besitz der Grafenfamilie Despuig. 1797 übernahm es Antonio Despuig (1745-1813), der 1803 in Rom von Papst Pius VII zum Kardinal ernannt wurde. Auf seiner Italienreise lernte er die italienische Kunst und Architektur kennen. Er ließ Raixa zu einer italienischen Renaissance-Villa umbauen und die Gärten gestalten.

Durch ein weiteres Wappengeschmücktes Tor gelangen wir in den großen Innenhof mit einem Brunnen. Von hier aus führen zahlreiche Türen in die verschiedenen Gebäudeteile, die Wohnbereiche der Besitzer, des Verwalters und der Arbeiter.

Wir betreten zunächst den Ostflügel auf der linken Seite, wo in einigen Räumen auf Informationstafeln über die Geschichte des Anwesens, der Gärten und der Familie Despuig informiert und auch die aktuelle Entwicklung bis heute thematisiert wird.

Das Haus ist fast zu sehr modernisiert worden. Es gibt barrierefreie, öffentliche Toiletten, und zwischen historischen Treppenaufgängen ist sogar ein Fahrstuhl eingebaut worden. Die Türen zur Loggia sind alle geöffnet. Von hier aus haben wir einen schönen Blick auf die unteren Gärten. Irgendwo da unten soll es einmal ein Heckenlabyrinth gegeben haben, doch davon ist nichts mehr zu erkennen.

Nach Süden breitet sich die Ebene aus, und der Blick geht bis zum weit entfernten Palma.

Wir überqueren den Innenhof und betreten die andere Seite des Gebäudes. Der Weg nach oben führt an der alten Kapelle vorbei in die Wohnräume der „Herrschaften“. Alle Räume sind renoviert und modernisiert, jedoch völlig leer und ohne jeglichen Schmuck, der auf frühere Bewohner schließen ließe.

Wieder im Erdgeschoss, gehen wir durch eine Tür in den rückwärtigen, nördlichen Teil des Gebäudes zu den oberen Gärten und stehen auf einmal vor einer monumentalen Treppe mit 63 Stufen.

Kardinal Despuig frönte einer ausgeprägten Sammelleidenschaft und trug während seines Lebens Skulpturen, Antiquitäten und Ausgrabungs-Fragmente in großer Zahl zusammen. Sie waren zum Teil entlang der langen Treppe aufgestellt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts sah sich die mittlerweile bankrotte Familie Despuig gezwungen, die Sammlung zu verkaufen. Obwohl Kardinal Despuig in seinem Testament verfügt hatte, dass seine Sammlung der Öffentlichkeit erhalten bleiben solle, wurde sie in alle Welt zerstreut. Der erfahrene dänische Kunstmäzen und Sammler Carl Jacobsen erwarb die besten Stücke, weitere gingen nach Berlin und sogar bis nach Boston. 1922 erwarb der Stadtrat von Palma die Reste der Sammlung, die allerdings erst seit 1995 im Schloss Bellver ausgestellt sind.

Der Bereich um die ehemals zypressengesäumte Treppe präsentierte sich noch vor wenigen Jahren völlig kahl. Keine Spur von üppigem Bewuchs links und rechts auf den Stufen, und nicht eine Statue außer einer ganz oben in der Mitte. Auch hier haben die Gärtner inzwischen ganze Arbeit geleistet, die Terrassenbeete völlig neu gestaltet und die monumentale Treppe wieder neu in Szene gesetzt.