Ökologie und Umweltschutz auf Mallorca

Umweltschutz ist auf Mallorca kein Fremdwort. Die Insel besitzt dies- bezüglich sogar eine – in Spanien – führende Position. Das klingt zunächst erstaunlich. Denn die Bausünden und die damit einhergegangene Zerstörung der Natur sind rund um die Insel offensichtlich. Andererseits gibt es erhebliche Erfolge. So verhinderte die GOB, wie sich die Umweltschutz-organisation auf Mallorca nennt, u.a. die Bebauung hinter dem Strand von Es Trenc und sorgte jüngst für die Aufdeckung eines riesigen Immobilienskandals.

Ein vielleicht noch größerer Erfolg war die Freigabe der Insel Cabrera vor der Südostküste Mallorcas durch das Militär. Über Jahrzehnte hatte sie als Manöverterritorium gedient, aber nach jahrelangem Tauziehen wurde diese Nutzung höchstrichterlich untersagt und Cabrera zum Nationalpark erklärt.

Auch der erst vor wenigen Jahren ins Leben gerufene Naturpark Mondragó an der Ostküste bei Porto Petro wäre ohne die Umweltschützer wohl nicht zustande gekommen, vielmehr die malerische Bucht zugebaut worden wie der kleine nördliche Nachbar Cala Barca durch eine immense Clubanlage.

Dass es zur »Umfunktionierung« der Vogelinsel Dragonera in eine Luxusurbanisation mit Yachthafen und allen Schikanen nicht kam, ist ebenfalls der einst in erster Linie ornithologisch orientierten Umweltschutzgruppe zu danken. Dragonera bleibt – bis auf seine Vogelkolonien – unbewohnt.

Mittlerweile haben sich Inselregierung und viele Gemeinden den Umweltschutz
auf die eigenen Fahnen geschrieben, nicht zuletzt im Sinne einer Zukunftssicherung der Attraktivität Mallorcas. Sichtbar positive Auswirkungen sind z.B. Rückbaumaßnahmen im Straßennetz der Urlaubsorte und Abriss spezieller »Schandflecken« an der Bucht von Palma.

Container © by Hans-R. Grundmann - Reise-know-how - Verlag
Container zur Mülltrennung Hans-R. Grundmann - Reise-know-how - Verlag

Um die Umweltbemühungen weiter zu intensivieren, führte die Balearenregierung 2002 eine Ökoabgabe, die sog. »Ecotasa«, auf Übernachtungen ein. Die spülte zwar ein gutes Jahr lang Millionen in den Staatshaushalt, wurde aber als eine ungerechte Sondersteuer für ohnehin schon bei der Euroeinführung geschröpfte Touristen bekannt. Die konservative Nachfolgerregierung (2003-2007) schaffte die Ecotasa wieder ab. Dabei blieb es, aber siehe oben.

Um Touristen wie Einheimische an der Finanzierung von Umweltprojekten zu beteiligen, hat man sich die »Grüne Karte« ausgedacht, deren Erwerb für €10 freiwillig ist. Mit dem über Jahre kontrovers geführten Streit über die Ecotasa gelang es immerhin, das Thema »Umweltschutz« in der öffentlichen Diskussion zu halten. Den Problemen der Wasserversorgung bzw. des Umgangs mit dieser auf Mallorca knappen Ressource, der Abwasserbeseitigung, der Müllentsorgung bzw. -verwertung und der Energieerzeugung/-einsparung gilt heute hohe Aufmerksamkeit. Dabei spielt auch eine Rolle, dass man den Umweltschutz als Werbeargument für Mallorca entdeckt hat.

In diesem Zusammenhang interessant ist, dass Veranstalter bei ihren Hotelbeschreibungen den Punkt »Umweltschonende Hotelführung« vermehrt als zusätzliche Kennzeichnung berücksichtigen oder den Kunden versichern, in den angebotenen Häusern auf umweltverträgliche Zustände zu achten.

Wer über Umwelt und Ökosystem Mallorcas nachdenkt, stellt sich unweigerlich die Frage, woher – zumal auf einer Insel – denn das Wasser für 864.000 Einwohner plus – in der saisonalen Spitze – bis über 300.000 Urlauber kommt? Und natürlich, wo die Abwässer und der tägliche Müll bleiben.

Die Wasserversorgung war lange ein Dauerproblem, das durch den Tourismus »nur« relativ geringfügig verschärft wurde. Mallorca verbraucht weit über 30 Mio. m3 Trinkwasser pro Jahr, wovon sage und schreibe 20% auf Verluste im maroden Leitungsnetz entfallen sollen. Vom »echten« Verbrauch holt sich die Landwirtschaft, die am Sozialprodukt Mallorcas nur noch nachgeordnet beteiligt ist, allein rund 60%, die Industrie 1%-2% und die Golfplatzbewässerung 1%. Die Bevölkerung und Touristen verbrauchen den Rest, also nur wenig mehr als ein Drittel. Der Gesamtbedarf wird aus unterschiedlichsten »Quellen« gedeckt; dabei spielen natürliche Süßwasserressourcen heute eine wichtige Rolle (z.B. schon immer Kavernen unter Cala Rajada und die erst neuerdings ausgebeutete ergiebige Frischwasserquelle Sa Costera an der Westküste). Früher waren auch Tiefbrunnen wesentliche Lieferanten. Aber deren Wasser ist heute leicht salzhaltig und muss mit Süßwasser vermischt werden. Für den Raum Palma sind auch die Stauseen Cuber und Gorge Blau bedeutsam. Sie tragen nur nach niederschlagsreichen Wintern wie 2007-2009 signifikant zur Versorgung bei, indessen nicht immer. Der sichere Eckpfeiler der Wasserversorgung sind Meerwasserentsalzungsanlagen mit einer Kapazität bis zu 80.000 m³/Tag.

Während noch in den 1970er-Jahren das Gros der Abwässer ungeklärt über oft nur wenige hundert Meter lange Rohre ins Mittelmeer floss, sind heute ca. 70 Kläranlagen flächendeckend in Betrieb. Der Grad der Aufbereitung ist unterschiedlich. Das meiste Klärwasser geht über kilometerlange Leitungen ins Meer. Nur ein geringer Teil kann als sog. Brauchwasser zur Beregnung von Grünanlagen und Golfplätzen genutzt werden. Immerhin spricht die alljährlich gemessene (nicht nur optisch) sehr gute Wasserqualität an allen Stränden für das erreichte Klärniveau. Weitere Verbesserungen und Kapazitäts-erweiterungen der Kläranlagen stehen seit 2008 auf dem Investitionsprogramm Mallorcas.

Zwar hat man schon vor Jahren das Problem der Abwässer von Booten erkannt, jedoch trotz neu erlassener Gesetze noch nicht gelöst. Tausende von Freizeitskippern und Fischern spülen trotz Verbots immer noch zu viel ins Meer.

Auf Mallorca entstehen über 700.000 t Müll pro Jahr, die früher auf »wilden«, d.h. nicht fachmännisch ausgebauten und überwachten Müllkippen abgeladen wurden. Seit 1996 ist die Müllverbrennungsanlage Son Reus bei Palma in Betrieb. Sie kann ca. 300.000 t jährlich verarbeiten und hat die Schließung der Kippen ermöglicht. Aber diese Kapazität reicht nicht, obwohl immerhin 200.000 t weiterverwertet werden können. Die restlichen 200.000 t und die Verbrennungsrückstände wurden auf einer Riesenkippe bei Palma (Son Reus) abgelagert, dessen Kapazität seit 2008 erschöpft ist. Eine neue Kippe mit 1,3 Mio t Kapazität übernimmt seither bis 2011 den Abfallüberschuss. Dann soll eine weitere Verbrennungsanlage mit 300.000 t Kapazität fertiggestellt sein.

In Nachbarschaft zu Son Reus entstand schon vor Jahren ein Umwelttechnologiepark, mit dessen Hilfe Trennung und Recycling der bereits in separaten Tonnen gesammelten Abfälle erfolgt. Dadurch kommt es zur oben bereits angesprochenen Verwertung von ca. 200.000 t. Der Clou sind ein Infocenter und eine vollverglaste Besucherbahn rund ums Gelände. Der Besuch ist indessen nur Gruppen nach Anmeldung möglich. Anfahrt nach Son Reus über die Straße Palma-Soller nördlich Son Sardina rechts ab (ausgeschildert).

Ein letztes Kohlekraftwerk (beim Albufera Nationalpark zwischen Sa Pobla und Las Gaviotas), das 1,2 Mio t Kohle pro Jahr verbrennt, und Gasturbinen bei Palma sorgen für die Erzeugung elektrischer Energie. Deren Kapazität stößt aber in Spitzenzeiten an ihre Grenzen. Speziell die Meerwasserentsalzung kostet viel Strom. Eine Gaspipeline von Denia über Ibiza nach Mallorca ist fast fertig (Sommer 2009). Das Gas soll demnächst im Kraftwerk Sa Pobla die Kohle ersetzen.

Naheliegend wäre die Nutzbarmachung von Solarenergie; bislang blieb das aber Privatinitiative vorbehalten. Auch eine stärkere Nutzung von Windenergie wird angestrebt. Ein Renovierungsprogramm für die alten Windräder in der Ebene des Südostens läuft schon seit Jahren.