Mucho trabajo, Teil II

Katze © by Elke Menzel - Reisebuch.de
Katze im Garten

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Schon mittags ist mit wuchtigen Hammerschlägen ein Loch für den Durchgang zum Nebenzimmer aus der Wand geschlagen – und das gesamte Erdgeschoss mit seinen in durchsichtigen Plastikfolien eingepackten Restmöbeln weiß überpudert.
Unsere Katze und ich natürlich auch!

Magu schleppt unermüdlich die herausgebrochenen Steine nach draußen und sagt lächelnd im Vorübergehen „mucho trabajo!“ . Er trägt ein langärmeliges, an den Handgelenken zugeknöpftes Hemd zur langen Hose, die Hände stecken in Arbeitshandschuhen und auf dem Kopf sitzt eine Schirmmütze. Ich glaube, er fürchtet die mallorquinische Sonne.

Zwischendurch trinken die beiden Maurer literweise Wasser. Hinter welchem Busch sie ihr Wasser abschlagen, habe ich noch nicht mitbekommen – aber ich werde schon noch merken, welcher demnächst eingeht – oder besonders gut wächst....

Pünktlich um eins fährt Toni nach Campos zum Mittagessen nach Hause, der Senegalese bleibt hier, holt sich zwei Zementblöcke, einen zum drauf Sitzen, den anderen als provisorischen Tisch, in den Schatten der Antorchassishecke, und packt sein mitgebrachtes Mittagsmahl aus (irgendetwas breiiges Braunes mit Reis in einem Blechnapf).

Weil ich das Elend nicht mit ansehen kann, bringe ich ihm einen kleinen Tisch und einen bequemen Korbstuhl. Als Getränk nimmt er gerne eine Cola an, für die er sich überschwänglich in holprigem Spanisch bedankt.

Nach einer knappen Stunde ist Toni wieder da, und die Arbeit geht weiter. Ein Feldstein nach dem anderen wird aus dem meterdicken alten Gemäuer herausgebrochen und in der typischen Gummiwanne per Hand nach draußen geschleppt. Die dabei anfallende Erde, die vor dreihundert Jahren zwischen die Steine geschmiert wurde, wird mir separat ins Blumenbeet geschüttet. Mallorquiner vergeuden nichts.

Schon am Nachmittag habe ich für das neue Fenster ein fußballgroßes Loch in der Rückwand des Hauses. Zur Nacht verschließe ich deshalb gut die Türen zum Wohnraum, damit mir keine Ratte heimlich einen Besuch durchs einladende Loch abstattet.

Apropos Ratten: mein mallorquinischer Nachbar hat wegen der ungeliebten Nager, die nächtens in seiner Garage herumhuschen und Kisten und Kästen annagen und darin Nester für ihren Nachwuchs zu bauen, eine Rattenfalle, etwa in der Größe einer Schuhschachtel, mit einem ausgeklügelten Fangmechanismus konstruiert. Wenn er eine erwischt hat, hebt er den Drahtkäfig zuerst hoch vor seine kurzsichtigen Augen, bewundert ihre intelligenten Knopfäuglein, ihr weiches graubraunes Fell, den flauschweißen Bauch und den nackten Schwanz, bevor er den Käfig mit der  gefangenen Ratte auf den Gepäckträger seines Fahrrades schnallt und dann drei Kilometer in die Umgebung radelt, um sie dann mit einem freundlichen „adiós“ in ein reifes Kornfeld in die Freiheit springen zu lassen.

Er hätte auch gleich „hasta la vista“ sagen können, denn zwei Tage später ist die Ratte wieder da, weil sie ja, sozial veranlagt wie sie nun einmal ist, ihre hungrige Rattenbrut in Nachbars Garage nicht sich selbst überlassen will!

Dienstag, der 6. Mai, verläuft nicht viel anders als der Montag. Die Maurer arbeiten unermüdlich, und ich verbringe den Tag weitab vom Dreck im Garten mit dem Herunterschneiden von zu groß gewordenen Pflanzen.

Um fünf Uhr ist Feierabend!

Gerade als ich mich an den Steintisch oben auf der Terrasse gesetzt habe, die Beine auf dem gegenüberstehenden Stuhl hochgelegt, müde vom pausenlosen Herumlaufen – „Señora hier – Señora da“, klingelt es an der Pforte. Es ist halb sieben am Abend, wer mag das sein?

Es ist Salvador, der mir freudestrahlend mit meiner zukünftigen Putzhilfe samt deren Ehemann und fünfjährigem Söhnchen entgegenkommt. Er sei gerade hier in Santanyí gewesen und wolle mir Ximena vorstellen. Die Familie sei aus Bolivien und bräuchte dringend Arbeit. Ihr Mann Marco könne sich auch im Garten nützlich machen.

Ich zeige Ximena mein weißüberpudertes Plastikplanenwohnzimmer, was sie aber offensichtlich nicht abschreckt, denn sie gibt mir ihre Telefonnummer. Da es noch Wochen dauern kann, bis bei mir geputzt werden kann, frage ich meine Nachbarn, ob sie nicht Hilfe bräuchten. Ich weiß nämlich, dass sich demnächst viel Besuch bei ihnen angesagt hat, und die Sommerküche noch nicht geputzt ist. 

Am Mittwoch, dem 6. Mai, als die Schweinerei durch die Stein- und Zementabklopferei , wie ich mir einbilde, so ziemlich ihren Höhepunkt erreicht hat, (was sich noch als Irrtum herausstellen wird), nicht nur das Erdgeschoss, sondern auch das halbe Obergeschoss eine einzige Staub-, Ziegel- und Bruchsteinwüste ist, kommt Eugenio kurz vor Mittag zur täglichen Kontrolle auf den Hof gefahren. Heute hat er den kleinsten seiner fünf Hunde dabei, einen einjährigen kleinen Terrier, der manchmal auf den Namen „Gurrito“ hört und auf der Rückbank im Auto herumspringt.
Dreckig wie ich war, Zementstaub in den Haaren, den säuerlich bitteren Geschmack davon auf der Zunge, in alten Gartenklamotten und ausgelatschten Schuhen, lädt er mich ein, mit ihm zu einem nahen Grundstück zu fahren, auf dem er allerlei Reste von früheren Baustellen gelagert habe.

Dort angekommen, zeigt er mir eine alte Marmorplatte, die früher wohl einmal als Küchenarbeitsplatte gedient haben mochte. Das sei doch genau das Richtige für den geplanten Schreibplatz, oder? Um zehn Zentimeter gekürzt, würde die Platte doch genau zwischen die Wände unterm neuen Fenster passen. Wenn sie mir gefalle, könne ich sie haben. Schnell überlege ich, dass gestern der Tischler für die eigentlich geplante Teakholzplatte einen unverschämt hohen Preis veranschlagt hat – und bedanke mich herzlich. Ich biete ihm natürlich an, sie zu bezahlen; doch er lehnt ab mit der Bitte, dafür jedesmal an ihn zu denken, wenn wir sie benutzen.

Das halbe Grundstück ist übersät mit Unmengen an Balken, Brettern, Steinplatten, Eisengerümpel und Resten von Boden- und Wandfliesen, alten Dachziegeln und was sonst noch auf Baustellen so alles anfällt. Sogar eine Badewanne steht dort drüben im hohen Unkrautgestrüpp. Ganz hinten lehnt eine ramponierte Schubkarre an der Mauer, voll mit kleinen handgefertigten quadratischen Fliesen in Weiß-, Gelb- und Brombeertönen. Eugenio reicht mir die Hand, hilft mir über die säuberlich senkrecht gestapelten Dachziegel, damit ich unfallfrei zur Schubkarre gelange. Ich soll mir welche davon aussuchen.

Als ich zögere und mir acht Stück herausfische, von denen ich noch gar nicht weiß, wozu ich sie verwenden könne, bringt er mir einen alten Eimer und nötigt mich, noch mehr davon zu nehmen. Wenn ich in Zukunft noch irgendetwas brauchen würde – vielleicht eine große Steinplatte für einen Gartentisch? – solle ich ihm nur Bescheid geben.

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