Stierkampf auf Mallorca – Corrida de Toros: Tradition im Wandel

Der Stierkampf, die Corrida de Toros, ist ein polarisierendes Thema der spanischen Kultur – und war es auch auf den Balearen, insbesondere auf Mallorca. Nach traditionellem Ritual treten drei Toreros gegen sechs Stiere an, begleitet von ihren Helfern: Capeadores, Picadores und Banderilleros. Doch was einst fester Bestandteil des spanischen Unterhaltungskanons war, ist heute mehr denn je Gegenstand kontroverser gesellschaftlicher Debatten – und juristischer Auseinandersetzungen.

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Der Stierkampf lässt sich in Spanien nicht einfach gesetzlich verbieten - er gehört anscheinend zur Identität des Landes; Bild von lino9999 auf Pixabay

Ablauf der Corrida

Die klassische Corrida beginnt mit dem feierlichen Einzug der Toreros. Nach der Freilassung des Stiers erfolgt dessen erste Reizung durch die Capeadores mit ihren farbigen Tüchern (Capas). Ziel ist es, den Stier zu ermüden und auf die nächsten Phasen vorzubereiten.

Danach folgen die Picadores, hoch zu Pferd, die dem Stier mit Lanzen (Picas) tiefe Wunden im Nacken zufügen – eine umstrittene Prozedur, die das Tier schwächt, indem sie seine Nackenmuskulatur zerstört. In der dritten Phase treiben die Banderilleros dem Stier Spieße (Banderillas) in den Rücken. Je risikoreicher und präziser das geschieht, desto mehr Beifall erhält der Ausführende.

Den letzten Akt bestreitet der Matador, der das Tier mit der Muleta (rotes Tuch) lenkt und mit dem Estoque, einem langen Degen, im Idealfall mit einem gezielten Stoß ins Herz tötet. Ein sauberer, schneller Tod gilt als höchste Kunst – gelingt er nicht, endet die Corrida oft mit einem langen, qualvollen Todeskampf.

Stierkampf auf Mallorca: Verbot, Rücknahme, Realität

Der Stierkampf war über Jahrzehnte auch Teil der mallorquinischen Festkultur. Große Arenen wie die Plaça de Toros in Palma waren regelmäßig Austragungsort klassischer Corridas. In weiteren Orten wie Alcúdia, Inca, Manacor und Muro existieren ebenfalls Arenen, in denen jedoch zunehmend andere Veranstaltungen stattfinden.

Im Februar 2016 beschloss das Balearen-Parlament ein umfassendes Verbot von Stierkämpfen. Damit zogen die Balearen nach den Kanarischen Inseln und Katalonien nach. Das Gesetz untersagte nicht nur die Tötung von Tieren in der Arena, sondern auch andere traditionelle Elemente wie Banderillas und Picas.

Doch bereits 2018 kippte das spanische Verfassungsgericht das Gesetz teilweise. Die Richter urteilten, dass Stierkämpfe als Teil des „nationalen Kulturerbes“ nicht vollständig untersagt werden dürfen. Damit wurde das Töten des Stiers wieder erlaubt, sofern gewisse Tierschutzvorgaben eingehalten werden. Seither sind auf Mallorca wieder vereinzelt Corridas möglich – jedoch unter scharfer öffentlicher Beobachtung und begleitet von massiven Protesten von Tierschutzorganisationen.

Gegenwart und Perspektive

Seitdem finden in Palma gelegentlich wieder Corridas statt, allerdings unter restriktiveren Bedingungen und bei deutlich gesunkenem öffentlichem Interesse. In Alcúdia werden ausschließlich unblutige Shows mit Jungstieren angeboten. In vielen Gemeinden haben sich Feste mit symbolischen oder traditionellen Tierumzügen durchgesetzt, die ohne Verletzung der Tiere auskommen.

Tierschutzgruppen bleiben aktiv und fordern ein dauerhaftes Verbot auf regionaler Ebene. Die politische Stimmung auf den Balearen ist jedoch gespalten. Während große Teile der Bevölkerung den Stierkampf ablehnen, berufen sich Befürworter auf kulturelle Tradition und gesetzlich geschützte Rechte.

Einschätzung

Der Stierkampf auf Mallorca ist keine Selbstverständlichkeit mehr – sondern ein umstrittenes, politisiertes Relikt aus vergangenen Zeiten. Wer sich für dieses Thema interessiert, sollte sich nicht nur über das Spektakel selbst informieren, sondern auch über seine historischen, ethischen und juristischen Hintergründe.

Denn kaum ein anderes kulturelles Ereignis spiegelt die Spannungsfelder zwischen Tradition und Moderne, Recht und Moral, so deutlich wider wie die Corrida de Toros.