Geographisch ist die Bevölkerung von Myanmar sehr ungleich verteilt. Das Delta-Becken und die Küstenlinie weisen eine außerordentlich dichte, die Hochländer und Gebirgsregionen eine sehr spärliche Besiedlung auf. 80 % aller Burmesen leben in kleinen Städten oder Dörfern auf dem Lande, der Rest konzentriert sich auf nur zwei wirkliche Großstädte:
Yangon, das ehemalige Rangun, mit über 4 Millionen, und Mandalay mit etwa 750.000 Einwohnern. Der nördlichste Punkt Burmas liegt bei 28° nördlicher Breite, vergleichbar mit Neu Delhi oder Tampa in Florida. Der südlichste Punkt, 10° nördlich, befindet sich etwa auf demselben Breitengrad wie San José in Costa Rica oder Addis Abeba in Äthiopien.
Die fruchtbare Feuchtigkeitsregion um Yangon liegt auf einer Breite mit dem südlichen Teil der Sahara. Der Wendekreis des Krebses (23,7° nördlicher Breite), der im allgemeinen als die Tropengrenze der nördlichen Hemisphäre gilt, durchzieht das Land ungefähr in der Mitte zwischen Mandalay und Myitkyina (Kachin Staat).
Abgesehen von dem langen Südzipfel, dem schmalen Tanintharyi-Streifen, hat es im Groben die Form einer Raute, so daß, wenn man den „Schweif” hinzunimmt, die Gestalt eines Flugdrachen erkennbar wird. Insgesamt mißt Burma etwa 800 Kilometer von Osten nach Westen und 2.000 Kilometer von Norden nach Süden.
Im Westen berühren seine Grenzen Bangladesch und Indien; im Nordosten schließt sich China an (die autonome Region Tibet und die Provinz Yunnan – der neue Drogenweg nach Osten); im Osten, wo Burma an Laos und Thailand grenzt, bildet es gemeinsam mit beiden Ländern das berüchtigte „Goldene Dreieck”, eines der größten Rauschgiftzentren der Welt.
Durch einen Ring von Bergketten und Hochplateaus, die vorwiegend in Nord-Süd-Richtung verlaufen, ist Burma fast überall von seinen Nachbarländern isoliert und abgeschnitten. Seine drei größten Flüsse, die im Himalaja und in Tibet entspringen, folgen ebenfalls der Nord-Süd-Richtung, ehe sie sich in die Andamanensee ergießen. Der Ayeyarwady (ehemals Irrawaddy) und sein mächtiger Zufluß, der Chindwin, die Hauptarterien des Landes, münden in ein neunarmiges Delta nahe Yangon. Über eine Strecke von rund 1.500 Kilometern, von Bhamo im Kachin Staat bis Yangon, ist der insgesamt 2.170 Kilometer lange Ayeyarwady schiffbar.
Auch der Chindwin kann teilweise für den Schiffsverkehr genutzt werden. Diese beiden sind breite, langsam fließende Ströme mit langen Sandbänken während der Trockenzeit. Der Thanlwin (ehemals Salween) fließt weiter östlich durch die Shan und Karen Staaten nach Süden, wo sein Lauf in einem längeren Abschnitt die Grenze zu Thailand bildet. Wegen der vielen Schluchten und Stromschnellen, der gefährlich reißenden Strömungen und dem wechselhaften Wasserstand ist der Thanlwin nur über etwa 160 Kilometer schiffbar.
Die Flüsse und Gebirgsketten sowie – in geringerem Maße – das Klima und die Bevölkerungsgruppen unterteilen das Land in acht verschiedene Zonen.
Da ist zunächst einmal der Kern der Nation, durch dessen Mitte die Hauptverkehrsader des Landes führt, der mächtige Ayeyarwady. An seinem mittleren Lauf entstanden die großen Königreiche der Burmanen. Die Briten nannten dieses Stammland der Burmanen Burma Proper und unterteilten es erstens in Lower Burma, mit dem Küstenstrich und dem Ayeyarwady-Delta um Yangon, und zweitens in Upper Burma, das trockene Binnenland mit Bagan und Mandalay.
Die meisten der ethnischen Minderheiten leben in den Grenzgebieten, dem Outer Burma, wie die Briten es nannten, das sich im Halbkreis wie ein Hufeisen um das Kernland legt: Im Westen die Rakhine Bergketten, im Nordwesten die Chin Hills, im Norden die Ausläufer des Himalaja und die Kachin Hills, im Osten das weite Shan Plateau sowie im Südosten die Karen Gebiete. Die achte Zone ist der lange „Schweif“ im Süden, der schmale Tanintharyi Streifen.
Niederburma, insbesondere das fruchtbare Delta, ist der Reiskorb der Nation, der allein ganz Myanmar ernähren kann. Aber weil die Bevölkerung des Landes schneller gewachsen ist als seine Reisproduktion, ist der für den Export verfügbare Überschuß gesunken. Inzwischen haben Thailand, die USA, Pakistan, China und Australien Burma überholt und von seinem Stammplatz als weltweite Nummer 1 der Reis exportierenden Länder verdrängt. Der nahrhafte Boden dieser Region bringt aber nicht nur Reis, sondern auch Zuckerrohr, Kautschuk, Tee und Jute hervor.
Im Mittelpunkt liegt Yangon (Rangun), das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes. Im November 2005 verlor die Stadt aber den Rang einer Hauptstadt, denn diese wurde auf ein 300 km nördlich – bei der Stadt Pyinmana – gelegenes Areal verlegt.
Die dort neu anlegte Stadt bekam im März 2006 den Namen Naypyidaw, was „Sitz der Könige“ bedeutet. In Oberburma, das „Herz von Burma” genannt – Ziel meiner ersten Reise –, war die Macht etwa tausend Jahre lang verankert: Hier wurden die alten Königreiche mit ihren Hauptstädten gegründet und zerstört. Bagan und Mandalay, die letzte Königsstadt, ehe die Briten den König vertrieben, rufen dem Besucher die glorreiche Vergangenheit und historische Größe Burmas in Erinnerung.
Obwohl in diesen Gegenden auch Reisfelder zu sehen sind, ist die Landwirtschaft weitgehend dem Anbau von Baumwolle, Tabak, Erdnüssen, Sorghum, Sesam, Bohnen und Mais vorbehalten.
Es scheint mir angebracht, hier, in Verbindung mit all dem, was Burma oder Myanmar an Sehenswürdigkeiten bietet, ein paar Worte zu den Namensgebungen zu sagen.
Das Reisen innerhalb des Landes ist etwas schwieriger geworden, seit die Regierung 1989 beschlossen hat, die „koloniale” Schreibweise mancher geographischer Namen dahingehend zu ändern, daß sie der burmesischen Aussprache näherkommt. Augenblicklich findet der Tourist in der älteren Literatur die Ortsnamen aus der Kolonialzeit, die mit denen der heute gebräuchlichen Landkarten nicht mehr übereinstimmen und mühsam zu identifizieren sind. Nachdem ich selbst auf meinen Reisen meine liebe Not mit diesem Problem hatte, habe ich beschlossen, in meinem Bericht die neuen Namen zu benutzen, die auf den Karten leichter zu finden sind.
Auf meiner ersten Reise fuhr ich den Ayeyarwady von Bagan nach Mandalay hinauf und verbrachte eine Nacht an der Einmündung des Chindwin. Auf meiner zweiten Reise begegnete ich dem Ayeyarwady erst in Yangon, dann wieder in Mandalay und schließlich in Myitkyina; von dort machte ich einen Ausflug nach Norden, um den Zusammenfluß des Mali Hka und des Me Hka am Ursprung des mächtigen Ayeyarwady zu sehen. Mein Traum aber ist der wilde Thanlwin im Osten. Leider ist es nahezu unmöglich, für die Gebiete, die er durchfließt, eine Reiseerlaubnis zu bekommen, weil sie – sowohl die Wa Hills als auch der Kayah und der Kayin Staat – nur teilweise von Regierungskräften kontrolliert werden. Nur einmal ist mir ein kurzer Ausflug auf dem südlichsten Teil des Thanlwin gelungen. Von Hpa-an, der Hauptstadt des Karen- (Kayin) Staates, fuhr ich heimlich frühmorgens per Auto mit einem Karen-Führer in das Rebellengebiet hinein, in Richtung Norden bis in das Dorf Shwegon, wo ich aber bald von Polizei und Geheimdienst entdeckt und für ein paar Stunden unter Hausarrest gestellt wurde. Das war sicherlich auch zu meinem Schutz, denn auf der Landstraße waren wir den schwer bewaffneten buddhistischen Karen-Soldaten in ihren Jeeps begegnet.
Nach ein paar Ermahnungen erlaubte man mir die Rückkehr nach Hpa-an mit einem longtailboat auf dem Thanlwin Fluß, der bis zur Hauptstadt durch ein weites, grünes Tal fließt, das durchsetzt ist mit vereinzelten steilen Bergmassiven, die wie wuchtige Festungen aus der Landschaft ragen. Ein gelungener Ausflug, wenn man von dem dreistündigen Hausarrest einmal absieht.
Meine ersten beiden Reisen legte ich so, dass ich zu Beginn der verhältnismäßig kühlen Trockenzeit, die von November bis Ende Februar dauert, in Yangon eintraf. Für die Planung ist es wichtig zu wissen, dass Myanmar drei Jahreszeiten hat. Wegen der wechselnden Höhen und Breiten kann der Reisende unterwegs auf merkliche Unterschiede stoßen, was die Temperatur, die Regenmenge, die Windbedingungen, die Flora, die Fauna und andere natürliche Gegebenheiten anbelangt.