Burmas gegenwärtige politische Situation (Teil 3)

Reformanstrengungen des Staatspräsidenten
Seitdem Thein Sein für sein Amt vereidigt wurde, hat er tiefgreifende politische, soziale und wirtschaftliche Reformen erarbeitet und umgesetzt – auch um der internationalen Isolation des Landes ein Ende zu bereiten. Seit vielen Jahren wurden nun innerhalb der bisherigen Sitzungsperioden im Unionsparlament erstmals konkrete und teilweise sensible soziale, ethnische, politische sowie wirtschaftliche Probleme behandelt.

So wurden bereits fast tausend politische Gefangene freigelassen, darunter alle prominenten, ebenso die Anführer der 88er-Studentenproteste (u.a. Ko Ko Gyi, Min Ko Naing), der Mönch U Gambira, der Komiker Zarganar, der ehemalige Ministerpräsidenten, der Shan-Führer Hkkun Htun Oo sowie der ehemalige Geheimdienstchef Khin Nyunt – bis Ende 2013 sollen alle politischen Häftlinge das Gefängnis verlassen. Seit September 2011 sind alle Websites des Landes frei zugänglich. Es erfolgte die Abschaffung der Pressezensurbehörde. Außerdem hat sich die Regierung konkret verpflichtet, Zwangsarbeit sowie Kindersoldaten abzuschaffen. Thein Sein verhängte überdies einen Baustopp bis 2014 für das myanmarisch-chinesische Kooperationsprojekt Myitsone-Staudamm im Norden des Landes – dieses ist in der Bevölkerung umstritten. Ebenfalls im September 2011 wurde außerdem ein neues Gewerkschaftsgesetz verabschiedet, welches das Streikrecht und die Vereinigungsfreiheit gewährleistet. Seit Oktober 2011 dürfen infolge des „Labour Organizations Law“ Gewerkschaften legal gegründet werden – bislang wurden etwa 300 Gewerkschaften ins Leben gerufen; maßgeblichen Einfluss auf die Formulierung dieses Gesetzes hat die ILO genommen.

Sowohl die USA als auch die EU haben die Reformbemühungen Thein Seins, insbesondere die Freilassung der politischen Gefangenen, bereits honoriert und den größten Teil der gegen Burma/Myanmar verhängten Sanktionen aufgehoben.

Ethnische Minderheiten
Zu den Einwohnern Myanmars zählen insgesamt 135 verschiedene Ethnien – seit der Unabhängigkeit des Landes kommt es immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Militär sowie ethnischen Widerstandsorganisationen. Die myanmarische Regierung unterbreitete den ethnischen Milizen am 19. August 2011 eine Art „Friedensangebot“: Widerstandsgruppen, welche wirklich ein Interesse an Friedensgesprächen haben, sollten die entsprechende Regionalregierung kontaktieren, um gemeinsam „Friedensprogramme“ zu entwickeln. Bei einem Erfolg werde man auf zentralstaatlicher Ebene ein „Friedensteam“ für konkrete Verhandlungen bilden. Bislang konnten dadurch zehn Abkommen mit ethnischen Gruppierungen geschlossen werden.

Anders gestaltet sich die Lage jedoch weiterhin in Kachin: Seit Juni 2011 kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen dem myanmarischen Militär und der Kachin Independence Army (KIA) – die Folge sind mittlerweile über 80.000 Binnenvertreibungen. Zwar führen Kachin-Vertreter Gespräche mit der Regierung, doch essenziellen Forderungen ethnischer Minderheiten, wie z.B. nach Autonomie, möchte die Regierung nicht nachkommen – ein stabiler Friede ist in Burma, wo ethnische Minderheiten ca. 40 Prozent der Gesamtbevölkerung (etwa 60 Mio.) betragen, ohne Kompromisse aber wohl nicht möglich.

Spannungen bestehen außerdem nach wie vor im Rhakine-Staat zwischen buddhistischen Rhakine und muslimischen Rohingyas, wo noch immer der Ausnahmezustand gilt. Diese eskalierten u.a. im Juni sowie Oktober 2012, dabei kamen insgesamt über 160 Menschen ums Leben. 115.000 Binnenvertriebe befinden sich momentan in 58 Lagern. Uno-Menschenrechtsbeobachter kritisieren, dass die Regierung nicht genug tut, um gegen organisierte Gruppen vorzugehen, welche Gewalt gegen muslimische Gemeinden ausüben.

Aber wenden wir uns jetzt einer anderen „Macht“ im Lande zu, der Sangha, der Bruderschaft der buddhistischen Mönche. Lange Zeit hatte man geglaubt, dass die führenden Äbte eine Vermittlerrolle zwischen Militär und Bevölkerung einnehmen könnten. Aber diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil, während der Proteste im September 2007 fielen die älteren Mönche und Äbte eher durch ihre Abwesenheit bzw. durch ihr Treffen mit dem Minister für religiöse Angelegenheiten, einem Brigadegeneral, auf. Über die wichtige Rolle der Religion in Myanmar soll im folgenden Kapitel berichtet werden.