General Ne Win - Teil 2

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Über sein Privatleben war, außer im Kreis seiner Nächsten, wenig bekannt. Es ging das Gerücht, dass er sechs- oder siebenmal verheiratet war, einmal mit einer Urenkelin von König Mindon, was sein Streben nach absoluter Macht bestärkt haben mag. Er hatte vier Kinder aus erster Ehe und lebte lange Zeit zurückgezogen mit seiner ältesten Tochter, Sandar, in einer großen Villa am Inya See. Die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, Tochter von Ne Wins ehemaligem Mentor General Aung San, lebte unter Hausarrest auf der anderen Seite des Sees. (Eine zeitlang gesellte sich an dessen Ufer noch Khun Sa hinzu, der selbsternannte frühere Opiumkönig des Goldenen Dreiecks).
Ne Win wurde als erfolgreiche militärische Persönlichkeit beschrieben: Diszipliniert, misstrauisch, skrupellos, charmant, unberechenbar und unbeherrscht. Vielleicht war er das alles. Sein Glaube an Astrologie und Zahlensymbolik war legendär: Überzeugt, dass die 9 seine Glückszahl sei, ließ er 45- und 90-Kyat- Scheine in Umlauf bringen und benutzte die Zahl auch bei politischen Entscheidungen, indem er etwa Wahlen auf ein durch die 9 begünstigtes Datum legte. Als gläubiger Buddhist hatte er sich bemüht, durch die Errichtung einer großen Pagode gegenüber der berühmten Shwedagon Pagode in Yangon Verdienste für seine Wiedergeburt zu sammeln.
Gleichzeitig kümmerte sich seine Familie, voran seine Tochter Sandar, ihr Ehemann und ihre Kinder, um das ökonomische Wohl der Familie. Wie auch die Familien der anderen Generäle nutzten sie ihren Einfluss, um sich Lizenzen und Monopole zu sichern und Immobilien zu sammeln. Die Enkelsöhne waren Mitglieder der berüchtigten Scorpion Gang, welche die Bevölkerung von Yangon terrorisierte. Kein Bürger konnte sich gegen sie wehren; die Polizei wagte es nicht, gegen sie vorzugehen. Das Militär konnte auf die Dauer solch ein Verhalten nicht dulden, und es war nur eine Frage der Zeit, wann die Regierung handeln würde. Wegen eines angeblichen Umsturzversuches wurden im Jahr 2002 Ne Wins Schwiegersohn und seine drei Enkel vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Die Todesstrafen wurde später in langjährige Haftstrafen umgewandelt. Ne Win wurde unter Hausarrest gestellt. Er überlebte diese Schmach nicht lange. Am 5. Dezember 2002 starb er in seiner Villa in Yangon.

Sein Leichnam wurde eingeäschert und ohne größere Feierlichkeiten nach buddhistischen Ritualen im kleinen Familienkreis beigesetzt. Die Burmesen waren erleichtert; die unselige Ne Win Ära war damit endgültig vorüber. Auch im Ausland dürfte man dem ehemaligen Diktator keine Träne nachgeweint haben. Ne Wins politische und militärische Nachfolger regieren aber weiterhin das geschundene Land. Zunächst stand ein Triumvirat mit Senior General Than Shwe, seinem Stellvertreter Maung Aye und dem Geheimdienstchef General Khin Nyunt, dem Scretary One des Peace and Development Council, der im August 2003 zum Premierminister ernannt wurde an der Spitze. Als aber Khin Nyunt zu mächtig wurde und einen liberaleren Kurs einschlug, der auf eine Verständigung mit der Opposition und die Erarbeitung einer Verfassung mit demokratischen Elementen abzielte, wurde er im Oktober 2004 verhaftet, angeklagt, verurteilt und schließlich unter Hausarrest gestellt. Die Hardliner hatten sich durchgesetzt.