"Der Ruf des Tokkeh" von Pain Soe Way
Seinen Freunden erklärte er die Sache mit den Rufen des Tokkeh. Wenn er mit ihnen im Le’pe’yei-hsain saß, hatten sie jetzt ein neues Thema. Bis dahin ging es um individuelle Geisteskräfte, um die magische Neun und darum, wie man alchimistische Elixiere braut, darum, wie viele der 84 Talismane man analysieren und ansammeln müsse und es ging um das Bedeutungsspektrum der Verse des Adikappa Dvadarasi, eines esoterischen Traktates über Astrologie. Jetzt aber wurde ihre Gesprächsrunde vom Ruf des Tokkeh beherrscht. Während die Menschen massenhaft dorthin drängten, wo es etwas zu holen gab, bemühte er sich, seine Freunde um sich zu sammeln, um einen Tokkeh-Ruf-Klub zu gründen. Wenn er nur die Chance eines neunfachen Tokkeh-Rufes erhielte, würde all das Geld, das die anderen scheffelten, ganz von allein in seine Hände gelangen, glaubte er.
der in derselben HerbergeAber – bis jetzt hatte er noch nie einen Tokkeh genau neunmal rufen gehört. Die Sache mit dem Tokkeh-Ruf hatte ihm, als er einmal in Meiktila war, um dort etwas zu erledigen, ein Meister der traditionellen esoterischen Künste verraten, übernachtete.
hunderte, tausende Kyat. Und auch„Glauben Sie mir“, hatte der gesagt, „ es ist mir schon einmal gelungen. Und damals, es ist kaum zu beschreiben, wie viel Geld ich plötzlich bekam. Jeden Tag meine Arbeit war erfolgreich wie nie zuvor.“ Die Überzeugung des Saya war auf ihn übergegangen. Was der Saya auch sagte, er stimmte zu und nickte nur immer mit dem Kopf.
„Und, haben Sie ihn jetzt noch, Saya? Zeigen Sie es doch mal, Ihr Amulett!“, hatte er voller Begeisterung gebeten. Ein Schatten von Wehmut lief über das Gesicht des Saya. Aber mit dem Tonfall von jemandem, der den schmerzlichen Verlust einer Sache überwunden hatte, sagte er ernst:
„Ach, es war ja in der Zeit des Krieges. Seit wir vor den Japanern flüchten mussten, weiß ich nicht mehr genau, wo ich ihn hineingesteckt hatte. Möglich, dass er mir unterwegs aus der Tasche gefallen ist… Ja, alles ist eben vergänglich.“
Wie dem auch sei, er jedenfalls glaubte den Worten des Saya. Versuchte alles genauestens nach seinen Anweisungen zu machen. Wartete und horchte auf die Rufe der Tokkehs. Unterwegs hatte er immer einen leicht zu greifenden Gegenstand in der Tasche.
Während er es über Jahre hinweg versuchte und nicht ein einziges Mal einen Tokkeh genau neunmal rufen hörte, ließen mit der Zeit sein Eifer und sein Interesse nach. Irgendwann hörte er auf, die Rufe der Tokkehs zu zählen.
In diesem Jahr schloss seine Tochter die siebte Klasse ab und sollte mit dem Preis für die Zweitbeste der Klasse ausgezeichnet werden. Nicht nur das, auch in der vierten, fünften und sechsten Klasse war sie die Beste, Zweitbeste oder Drittbeste ihrer Klasse gewesen. Aber aus verschiedenen Gründen hatten in jenen Jahren keine Veranstaltungen zur feierlichen Preisverleihung stattgefunden. Erst jetzt, als sie die siebte Klasse absolviert hatte, sollte es zum ersten Maleine gemeinsame Feier zu diesem Zweck geben. Seine Tochter freute sich. Seine Frau war voller Stolz. Mutter und Tochter sprühten vor Elan. Wer nicht enthusiastisch sein konnte, warer. Für die Preisverleihung müsse neue Kleidung gekauft werden. Sie habe nichts Gutes mehr anzuziehen. Die grünweiße Schuluniform sei sehr abgetragen, sagte die Kleine. Auch ihre Mutter drängte ihn, etwas Neues zu kaufen. Er aber hatte kein Geld übrig und auch nichts, was er hätte verkaufen oder verpfänden können. Zurückzuzahlen gab es ohnehin schon einiges. Mal hatte er sich von diesem, mal von jenem etwas geliehen, und weil das schon länger so ging, waren seine Schulden nicht gerade gering. Und da er sein Leben lang kein wirtschaftlich erfolgreiches Geschäft aufgebaut hatte, reichte das Einkommen nicht für die Bedürfnisse seiner Familie.
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