"Die nutzlose Frau" von Min Lu

„Schon lange wollte ich Ihnen mal von meiner Frau erzählen“, sagte er, kaum dass wir uns hingesetzt hatten. Und dann zum Wirt: „Bringen Sie eine Flasche „Klaren“, dazu eine Portion frittierte Kichererbsen und zwei Stück getrocknetes Rindfleisch!“
Der Wirt stellte zuerst eine Flasche „Klaren“, zwei kleine Schnapsgläser und einen Krug Wasser auf den Tisch. Er goss die zwei Gläschen gut halbvoll mit Schnaps. Eins zog er zu sich herüber und mischte etwas Wasser darunter. Dann nahm er einen Schluck aus dem Glas. Sein Schluck leerte das Glas zur Hälfte. „Na, trinken Sie schon. Ach ja, richtig. Sie trinken ja immer erst, wenn Sie etwas zum Knabbern haben.“ „Schnell, die frittierten Kichererbsen. Nein, bringen Sie erst mal das Rindfleisch. Oder, genau, machen Sie uns einen Eiersalat,“ rief er in einem Atemzug dem Wirt zu. Der legte in ein kleines Blechtellerchen zwei Stücke frittiertes getrocknetes Rindfleisch und brachte es uns. Er setzte das Glas erneut an, stürzte den restlichen Schnaps hinunter und fuhr fort:
„Ich wollte Sie schon lange treffen, um mit Ihnen zu reden. Habe Ihnen so viel zu erzählen. Was mir alles so passiert ist. So was kann man ja auch nicht irgendwem erzählen. Nur jemandem so wie Ihnen, der das nachvollziehen kann. Wir beide haben ja ziemlich viel gemeinsam, nicht wahr?“ Wie vorhin goss er sich Schnaps ein, mischte etwas Wasser darunter und trank sofort einen großen Teil davon in einem Zug.
„Meine Frau, wissen Sie, die ist so richtig nutzlos. Hahaha… Nun staunen Sie aber, dass ich so etwas sage. Oder vielleicht denken Sie, ich habe sie nicht mehr alle, weil ich zuviel trinke? Aber ich meine es ernst, wissen Sie. Wenn ich es Ihnen erkläre, wird es Ihnen allmählich einleuchten Also, meine Frau und ich, wir wurden nicht von unseren Eltern füreinander ausgesucht. Sie wissen ja selber, dass wir geheiratet haben, weil wir uns ineinander verliebt hatten, damals.“
Als der Wirt die Kichererbsen und die Enteneierscheiben brachte, unterbrach er seine Ausführungen. „Was kostet die Flasche Schnaps?“, fragte er den Wirt. „Sechsundzwanzig.“ – „Ha, das gibt’s doch nicht. Gestern waren es doch noch vierundzwanzig, oder?“

„Genau. Heute hat selbst der große Laden nur ganz wenig geliefert bekommen und musste früh zumachen. Nur weil ich die letzten Tage was zurückgelegt habe, kann ich jetzt noch verkaufen.“
„Na, so ein Ärger. Wir haben doch nur den Klaren, wenn wir uns mal was Gutes gönnen wollen. Was sollen wir nur tun, wenn die Preise weiter so steigen…“ Er redete noch eine Weile darüber, wie rar und teuer doch der Schnaps geworden sei, ohne jedoch fortzufahren, wo er vorhin unterbrochen hatte. Die Hälfte der Flasche war inzwischen ausgetrunken; von den bestellten Knabbereien hatte er aber noch nicht einen Bissen gegessen.
„Wie auch immer, in so einem Ausschank am Straßenrand geht es ja immer noch. Wenn man in einem richtigen Restaurant sitzt, nehmen die schon für eine Portion gebratenen Wasserspinat sieben, acht oder zehn Kyat. … Naja, ich ess’ ja schon.“
Er nahm eine frittierte Kichererbse, biss eine Hälfte ab und legte die andere Hälfte zur Seite. Dann aß er auch die zweite Hälfte. „Auch wenn ich viel Schnaps trinke, esse ich meistens nicht viel von den Knabbereien. Aber wenn ich nach Hause komme, esse ich immer was Ordentliches. Sie wissen ja, wie gut meine Frau kocht. …
Ach ja, genau. Ich wollte doch weitererzählen, womit ich eben angefangen hatte. Einerseits sagt er, seine Frau sei nutzlos, andererseits lobt er ihre Kochkünste – das passt doch nicht zusammen, werden Sie denken. Dass sie gut kocht, ist wirklich wahr. Nicht so was wie Wels oder Langusten in reichlich Öl. Ein paar Fischchen mit Gemüse kann sie, ohne viel Geld auszugeben, so kochen, dass es richtig gut schmeckt. Heutzutage ist es doch genau das, was als „gut kochen“ zählt, oder? Und wo ich das so sage, fällt mir noch ein Grund ein, sie zu loben: Sie ist sehr sparsam beim Einkaufen. Und sie achtet sehr darauf, dass wir nicht zuviel verbrauchen. Deshalb kommen wir ja auch einigermaßen zurecht. Und das, obwohl wir gelegentlich noch von unvorhergesehenen Ausgaben überrascht werden.“ 

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