"Ein Sitzplatz" von Lai Twin Thar Saw Chit

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Maung Kyaw sah die beiden Kinder an und empfand spontan Zuneigung. Aber dafür war nicht der richtige Zeitpunkt. Schließlich wollte er einen Sitzplatz erobern. Und wenn jetzt in der Nähe jemand aufstehen würde, wäre es nicht gut, den Kindern den Platz wegzuschnappen. Er schob sich auf die rechte Seite des Zuges zurück, in die Nähe eines Zweierplatzes. Als sie den Bahnhof von Kan-Pe erreichten …
„Oh nein …!“ Das traf ihn schwer: Von den sechs Leuten, die sich vorhin kein bisschen vom Fleck gerührt hatten, waren drei aufgestanden und außer den beiden Kindern hatte auch ein anderer Mann einen Sitzplatz bekommen. Jetzt wollte er aber auch nicht mehr wieder auf die andere Seite zurückgehen. Jedes Mal, wenn er sich an eine andere Stelle begeben hatte, war es falsch gewesen. „Ob ich nun noch einen Platz bekomme oder nicht – ich bleibe jetzt einfach an dieser Stelle“. Er blieb still stehen.
Bei der Station Yei-Ku stieg noch einer von den sechs Leuten aus, bei denen er vorhin gestanden hatte. Ein junger Mann, der gerade in der letzten Station zugestiegen war, setzte sich dort. „Hm, hat der ein Glück“, dachte Maung Kyaw. Die Leute, vor denen er jetzt stand, rührten sich nicht, als ob sie versteinert wären und Maung Kyaws Beine wurden müde vom Stillstehen. Wie schön wäre es, sich jetzt auf einen Sitzplatz fallen zu lassen. Der Zug fuhr weiter.

Von weiter hinten hörte er das Wiehern eines Pferdes, den Ruf des Kuckucks und Gewehrschüsse. Auch Lachen war zu hören. Das war der Junge, der alle möglichen Geräusche imitierte und dafür Geld einsammelte. Maung Kyaw kannte ihn, hatte ihn schon oft in der Stadtringbahn gesehen. Er war ein guter Darsteller, hatte Sinn für Humor konnte ganz seriös die Menschen zum Lachen bringen.
Während Maung Kyaw sich umsah, kam plötzlich einer der Fahrgäste auf einem Platz in der Nähe in Bewegung. „Was ist denn die nächste Station?“, fragte der Mann, der sich bewegt hatte.
„Kyau’Yei-Twin“, antwortete Maung Kyaw erfreut und voller Optimismus. Da drängte sich ein etwa fünfzigjähriger Mann in die Nähe. Der Sitzende, der gefragt hatte, stand auf. Während Maung Kyaw ihm den Weg freigab, quetschte der Fünfzigjährige sich mit Gewalt vorbei und setzte sich auf den freien Platz. Maung Kyaw sah wütend zu ihm hinüber. Das ging aber nun wirklich zu weit.

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