"Hoffnungswolken" von Myu Myu
Zwar trank er ein Schlückchen, doch wollte ihm der süße, sämige, leicht bittere Tee nicht wie sonst schmecken. Dass er von seinem letzten Gehalt bezahlt war, verdarb ihm den Genuss. Wenn ihn der Mut verließ, pflegte die alte Dame ihn aufzubauen, indem sie still neben ihm saß und ihm die Teetasse reichte. Noch ehe sie auch nur ein Wort sagte, gab sie mit diesem Ausdruck von Stärke seiner Hoffnung Kraft.
„Na klar weiß ich Bescheid. In Wirklichkeit haben sie nur einen Grund gesucht für meine Entlassung. Für die Alten gibt es eben nichts mehr zu tun. Naja, die Arbeit als Wachmann ist ja auch wirklich ziemlich gefährlich. Wenn man alt ist, nehmen einen die professionellen Diebe nicht mehr ernst. Also stellt man natürlich nur junge, kräftige, kampfstarke Männer ein.“
Der alte Mann brummelte leise vor sich hin, als ob er mit der alten Dame spräche. Während sie den Tee austrank und zuhörte, schaute sie den ziemlich hageren alten Mann an.
„Ich habe den Sicherheitsdienst immer mit einer Taschenlampe und einer Tasse Tee gemacht. Und dann das. In den drei Jahren, in denen ich diese Arbeit mache, ist es nur dieses eine Mal vorgekommen. Es sieht doch so aus, als ob man mich nicht mehr beschäftigen will, weil ich alt bin.“
Während er ein Schlückchen Tee trank, schweiften seine Gedanken zum Rundgang mit der Taschenlampe im Lagerhaus. Seine kraftlosen Schritte schienen auf einen bestimmten Ort zu zielen. Damit die alte Dame an seiner Seite nichts davon bemerkte, redete er irgendetwas daher. Er musste seine ganze Kraft zusammennehmen, um ihr in die Augen schauen zu können, die voller Hoffnung für die Zukunft waren.
„Also, bis ich sterbe, werde ich wohl noch arbeiten müssen. Und wenn ich diesen Job verloren habe, muss ich mir eben eine neue suchen“, dachte der alte Mann für sich.
„Ich kann zum Hafen gehen und als Lastträger arbeiten. Früher war ich sogar beim Be- und Entladen der Schiffe beschäftigt. Ha… sogar Reissäcke habe ich geschleppt. Das kann ich jetzt auch noch. Ich bin noch stark, habe noch Kraft. Ich kann arbeiten. Weil ich gesund bin, kann ich auch schwere Arbeiten machen“, redete er sich in Gedanken gut zu.
Der Mond blickte durch die Tamarindenblätter. Die Federwolken glitzerten silbern in seinem Licht. Der Nordwind brachte eine frische Brise.
„Meine Liebe, es ist kalt geworden. Geh ins Haus. Ich komme gleich nach.“
Die alte Dame, die gegen seine Aufforderung nichts einzuwenden hatte, erhob sich vorsichtig. Ihr schmächtiger Körper glänzte im silbernen Licht des Mondes. Während er zuschaute, wie die kleine Gestalt im Zimmer verschwand, dachte er:
„Meine Liebe, ich werde Arbeit suchen müssen, um zwei Mäuler zu stopfen. Morgen werde ich zu diesem Mädchen gehen. Ich weiß nicht, wie es mit meiner Job-Anfrage aussieht. Ob die Kleine wohl daran gedacht hat? Na ja, morgen werde ich mehr wissen…“
Ihm war die Enkelin eines Freundes wieder eingefallen. Er kam oft zum Grundstück ihrer Familie. Immer wenn er dort auftauchte, freuten sich alle im Haus. Er pflanzte Blumen und Bäume für sie an. Er jätete das Unkraut. Das vom Unkraut befreite, gepflegte und saubere Grundstück gleiche seinem Gemüt, pflegte das Mädchen dann lachend zu sagen, um seine Erschöpfung zu mildern. Wenn das Mädchen alte Leute sah, die sich wie er angestrengt abmühten, erweckte das ihr Mitgefühl.
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