"Mein Vater und ich" von Maung Aye Mya
Es stimmte, Vater konnte noch alles essen und war mobil, so dass ich mir nicht wirklich Sorgen um ihn machen musste. Zum Frühstück aß er zwei Schüsseln Moun-hinga mit frittierten Beigaben, einem Entenei, Korianderblättern, Chili und Limettensaft. Dazu noch zwei Samoosas, wenn es welche gab, ansonsten zwei Ikya-kwei. Dazu trank er eine große Portion Milchtee. Ich konnte mich glücklich schätzen, ihn so verwöhnen zu können. Ich habe einmal etwas über den amerikanischen Millionär Rockefeller gelesen. Der hat gesagt, wie es ist, wenn man erst im Alter reich wird: „Damals, als ich es hätte genießen können, konnte ich es mir nicht leisten, und heute, wo ich es mir leisten kann, kann ich es nicht mehr genießen.“ Damit hatte er wohl nicht unrecht. Wenn Vater alt und gebrechlich würde und nicht mehr alles essen und trinken könnte, dann würde mich sein Zustand bestimmt traurig machen, egal wie sehr ich auch in der Lage wäre, mich um ihn zu kümmern. Dementsprechend freute es mich jetzt zu sehen, wie es ihm schmeckte. Aber Vaters Haltung, sich nur für das gegenwärtige Leben zu interessieren und offenbar keinen Gedanken an die nächste Existenz zu verschwenden, wollte mir nicht gefallen. Ich für meinen Teil war mir nicht sicher, ob mein nächstes Leben ein gutes werden würde. Aber Vater war in einem Alter, wo ich es mir für ihn wünschte, dass er in seinem eigenen Interesse etwas für den Übergang in die nächste Existenz tut, sich gedanklich auf die Früchte seines Handelns vorbereitet, die dann reifen. Aber mein Wunsch blieb nur ein Wunsch.
Wie weit bin ich selbst auf diesem Weg der Erkenntnis? Wenn ich mich das ganz schonungslos frage, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Ich weiß es nicht. Von Frau und Kindern möchte ich mich noch nicht trennen. Auf das Prestige meiner Position und den Wohlstand vermag ich auch noch nicht zu verzichten. Angesichts dessen frage ich mich, ob es fair von mir ist, von meinem Vater zu verlangen, dass er meditiert und sich von den Freuden des Lebens löst. Ich habe einmal einen Ausspruch des Buddha gelesen, nach dem es nobler ist, den Eltern seine Achtung und Dankbarkeit durch die Weitergabe des Dhamma an sie zu erweisen, statt mit materiellen Dingen. Das finde ich richtig. Vielleicht war ich deshalb so bestimmt gegenüber Vater in dieser Sache. Aber auch das ist kein besonders gutes Argument. Es kam mir vor, als ob ich selbst religiöse Verdienste erlangen wollte, indem ich Vater zum Meditieren drängte. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf wählte ich vorsichtig meine Worte, denn was ich sagen wollte, war wichtig.
„Der Buddha hat gelehrt, dass nicht astrologische Berechnungen das Leben bestimmen, Vater. Ich habe gelesen, die vier Grundlagen des Lebens seien Kamma, Denken, Physis und Nahrung.“ Ich formulierte das so, „ich hätte es gelesen“, damit Vater nicht denkt, ich wolle ihm Lehrreden halten. Es gibt einen Spruch, der besagt, nur wer den Menschen liebt, ist der Lehre nahe. Die menschliche Natur ist so, dass man nur Personen glauben schenkt, die man achtet. Aber würde Vater mich ebenso achten können wie andere? Wenn nicht, könnte er dann meine Worte akzeptieren, so gut sie auch sein mögen? „Dieses Kamma ist ja, wovon ich rede. Im Horoskop ist doch das Kamma aus der Vergangenheit der Menschen enthalten. Ich habe es von klein auf geliebt, nur gutes Essen zu genießen, und wir konnten es uns auch immer leisten. Sieh dir die Tin Nyunts gegenüber an. Die konnten nie reichlich essen. Und das ist bis heute so.“ Vaters Verständnis von Kamma und meines gingen doch ziemlichauseinander.
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