"Moskitos" von Aung Nay Thway

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Dieser Ablauf ist um ein Vielfaches schlimmer als die Sachen in jeder Zauberrunde, die anfangs fast real erscheinen und dann unwirklich werden, von der Art, wo man nicht mehr weiß, wie man es erklären soll.
Wenn sie nun zugeben, dass sie nicht gesehen haben, was sie nicht sehen sollten, schmäht der Herr sie als unwissend. Lassen wir das. Ich bin sein Publikum. Bleibt mir nur, mich still zu verhalten und so mein Einverständnis zu signalisieren. Es ist ja nicht mein Fleisch, das herausgerissen wird. Wer wird es schon wagemutig mit ihm aufnehmen?
Diesem banalen, gar zu unverschämten Mann scheint die Verunsicherung der Zuschauer nichts auszumachen. Mit ernsthafter Miene fährt er fort:
„Verehrtes Publikum! Weil ich nicht nur gesagt, sondern praktisch bewiesen habe, dass ich mir diese magischen Künste von Shin Pamauk und Shin Nagareinda für euch Wohltäter angeeignet habe, werdet ihr es verstehen und mir glauben. Jetzt führe ich etwas im Rahmen dieser Künste vor, was euch von Nutzen sein wird. Nämlich werde ich diese Tatsache, dass widernatürlich der Frosch die Schlange verschlingt, identisch als Figur gestalten, und ihr braucht erstens keinerlei Schlange mehr zu fürchten. Dem Besitzer dieser Figur wagt keine Schlange nahe zu kommen, um ihn zu beißen. Zweitens …“ Der Zauberkünstler wendet sich den jugendlichen Zuschauern zu mit dem Gehabe eines Retters:
„Für die jungen Burschen und die alten Junggesellen auf Freiersfüßen ist diese Zauberdroge. Du gehst ihr nach, sie läuft weg. Tragt diese Figur bei euch. Wenn die Weggelaufene in eure Nähe kommt, wird sie euch herzlich begrüßen, verlasst euch drauf!“ Den blutleeren, bleichen Moskitojünglingen klopft das Herz, jauchzend blicken sie den eben noch abschätzig beäugten Zauberkünstler mit grenzenloser Bewunderung an. Die jungen Mädchen erröten, ihre Mienen sind gespannt.

„Diese Figur habe ich aus Thi’kane’-Holz hergestellt. Sie vermag zweierlei: Schlangen bannen und Liebe herbeizaubern, und jeder kriegt das, was auf ihn zutrifft. Also, Gehilfe, verteile sie. Gib sie nur denen, die sie wirklich haben wollen.“ Vergessen. Die eben erlittene Qual ist vergessen. Wirklich dämliche Moskitos. Jetzt gibt es was umsonst. Nachgedacht wird gar nicht mehr. Unkontrolliertes Grapschen. Unter den Zugriffen von allen Seiten ringt Po Thup um Atem.
„Genug, es langt! Der Obermeister hat aufgetragen, diesem Dorf nur 85 Stück zu überlassen. Das Maß ist voll.“ Mit diesem Ruf rettet ihn sein Herr. Sonst hätte Po Thup in dieser Veranstaltung wohl vor Erschöpfung sein Leben ausgehaucht. Die Figuren sind fingernagelgroß. Wie der Frosch die Schlange schluckt, ist nicht deutlich zu erkennen. Aber die Leute, die sie bekommen haben, sind überglücklich, ohne zu wissen, dass sie Moskitos geworden sind. Diejenigen wiederum, die nichts gekriegt haben, schelten sich schwerfällig, hoffen auf die nächste Gelegenheit und begreifen nicht, dass sie noch keine Moskitos sind. „Es bleibt noch was zu sagen. Die Figuren gebe ich euch umsonst. Aber ich muss das Thi’kane’-Holz in den Bergen beschaffen, für über 1000 Kyat kaufen, habe Ausgaben für den Schnitzerlohn, um euch, liebe Leute, barmherzig zu helfen.


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