"Sehnsucht" von Maung San Win (Bhamo)

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Mein Gehalt reichte nicht aus, um Vaters Land wieder auszulösen. Mein Vater und meine Brüder mussten den Reis, den sie als Lohn erhielten, wenn sie in de  und im Winter deren Ernte einbrachten, zur Hälfte verkaufen und den Erlös sparen, um Vaters Land zurückgewinnen zu können. Zwar war ich jetzt Beamter, aber daran, dass mein Vater sich von der Landwirtschaft zurückziehen würde, konnte keine Rede sein; nicht mal den für die Arbeit in den Feldern hochgesteckten Longyi konnte er zwischendurch herunterlassen. Aber wie erschöpft Vater auch war – das Lächeln meinetwegen wich nicht von seinen Lippen. Wann immer er einen der Angestellten aus der Stadt traf, die das Dorf gelegentlich besuchten, erzählte er: „Ja mein Sohn, der ist auch Direktor im Amt Soundso…“.
Tatsächlich hätte es noch weit größerer Summen bedurft, auch nur einen kleinen Abteilungsleiterposten zu bekommen – vom Direktorposten ganz zu schweigen. Aber Vater in seiner Einfachheit kannte die Geheimnisse der ihm fremden Welt der Bürokratie nicht. Ich wollte ihn auch nicht darüber aufklären, wollte ihn nicht enttäuscht sehen. Er schien so glücklich darüber, dass jeder im Dorf ihn jetzt als Vater eines gebildeten Beamten achtete. Das war es, das er durch mich zu erreichen gehofft hatte. Geld konnte ich ihm keines zurückzahlen. Nicht mal einen neuen Longyi konnte ich für ihn kaufen. Wenn ich ihm aber begegnete, erzählte Vater mir, wie er fühlte: „Von euch dreien kannst nur du als Beamter ein anständiges Leben führen. Darüber kann ich gar nicht zufrieden genug sein! Ich erwarte nicht, dass du uns unterstützt, und habe auch nie darauf gehofft. Ja, als Eltern sind wir satt, wenn wir sehen, dass unsere Kinder es nach oben geschafft haben.“

Vaters Glück wollte ich nicht zerstören. Einige Jahre überstand ich Höhen und Tiefen, die Schwierigkeiten des Lebens als kleiner Staatsbediensteter. Ich heiratete und bekam eine Tochter, aber musste auch einige Hoffnungen aufgeben. Nicht alle Tänze auf der Bühne des Lebens konnte ich mittanzen. Aber ich ließ mich von den anderen mittreiben und trieb weiter durch das Leben. Nachdem ich mich aus dem Schatten meines Vaters gelöst und in unbeständigen Verhältnissen so gut es ging einen eigenen Haushalt gegründet hatte, versank ich in einem Dschungel von Unglück. Ich bemerkte, dass ich in einer Zeit, in der ich mit voller Belastung meinen Mann hätte stehen müssen, auf Dauer nicht dazu in der Lage war. Die Zukunft war keineswegs gesichert. Um täglich drei Mägen füllen zu können, mussten wir uns nicht wenig auf die Hinterbeine stellen. Und auch unsere Köpfe waren mit der Zeit reichlich ausgelaugt. Meine Ideale verblassten zunehmend.

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