"Zu welcher Zeit auch immer" von Nyo Thi San

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Die Kinder werden auch schon zu Spielern. Frühmorgens reden sie über ihre Träume. Die Tochter hat nachts von Bu-Thi, einer Art Kürbis, geträumt. Bu-Thi… Bu…steht für die Fünf. Thi für die Sechs. Fünf-Sechs. Sie ist erst auf dem Rückweg ins Dorf gekommen, also rückwärts. Sechs-Fünf. Der Sohn hat von A-Lu, Kartoffeln, geträumt. A ist eine Eins. Lu Vier. Also Eins-Vier! Er verdirbt sie sinnlos. Wenn ich ihm das sage, stellt er sich taub.
Welche „Wan Chein“, welche „Pawa“, die Übertragung der thailändischen Lottozahlen im Satellitenfernsehen, welcher Sayadaw die Zahlen sicher vorhersagt…
Also wirklich, als ob jemals jemand mit Glücksspielen reich geworden wäre. Und selbst wenn, hat denn solches leicht gemachte Geld denselben Wert wie mit ehrlicher Arbeit erworbenes? Darüber denkt er nicht nach. Wenn er Zeit hat, spielt er Billard, zwischendurch wieder Karten, und wenn die Polizei kommt, um die Runde zu verhaften, muss er abhauen wie ein Hund. Aber er lernt daraus nichts.
„Aye Thi, schläfst du noch nicht?“ Die im Dunkeln rot glimmende Zigarre verrät, dass die Worte von der Großmutter kommen. Sie schläft wohl nicht mehr so gut, weil sie schon so alt ist. Oder weil sie sich Sorgen um ihren Sohn macht…
„Schwiegermutter, schlaf doch schon. Ich warte. Bestimmt schläft er, wie sonst auch, wo es gerade passt.“
„Mya Win ist erwachsen, aber Verstand hat er immer noch nicht.“

Nachdem ich die letzte Zigarre ausgedrückt habe, will ich schließlich auch ins Bett gehen. Moment… noch nicht ins Bett. Ich mache ihm besser noch einen Teller Essen fertig. Vielleicht kommt er nachts doch zurück. Ich stehe noch einmal auf, mache die Öllampe an und gehe hinüber, um nach dem Reistopf zu sehen. Ganz wenig Reis und Curry sind noch da. Es ist auch kaum zu erkennen, was das mal sein sollte. Aber es ist ja nur, damit der was zu beißen hat. Als er aus der Küche das Klappern von Tellern und Töpfen hört, wacht der Kleine auf.
„Mama! … Mama!“ – „He, steh bloß nicht auf! Du fällst im Dunkeln noch auf die Nase! Mist! Ich komme schon!…Mama kommt schon!“
Er schläft erst wieder ein, als ich mich zu ihm unters Moskitonetz lege und ihn langsam beruhige. Aus seinem kleinen Sohn soll ein gebildeter Mensch werden, hat Mya Win gesagt. Das wird aber nur was, wenn wir ihn in die Schule schicken können. Wenn er keine Bildung bekommt, wird er sich so abrackern müssen wie ich, oder er wird ein Spieler wie Mya Win. Der kann auch nicht nachdenken. Jetzt ist der Kleine in der Vorschule. Was er schon so halb kann, ist schön zuhören: „Alle die Lehrerin begrüßen! Pyinsa ukan ahangami, asiya ukan ahangami. Mingalaba Sayama!“ hat er rezitiert. Mya Win war stolz ohne Ende. Ja, ja – er ist auch noch Vater. Als der Kleine endlich schläft, muss ich wieder aufstehen. Das Gemüse zum Verkaufen morgen muss noch mit Wasser besprengt werden. Die nicht verkauften Rettiche, Wasserwindenstängel, Katzenzungenfrüchte, die ich zu Sauergemüse gemacht habe, sind ziemlich sauer geworden. Bis morgen Abend muss ich sie verkauft haben. Genauso die Seifenakazienblätter. Wenn nicht, vergammelt alles. Noch schneller geht es mit dem Verwelken. Wenn die Kunden die Gurken in die Hand nehmen und sie nicht mehr fest, sondern gummiartig weich sind, mag sie keiner mehr. Und wenn die Bohnen schrumpelig werden, kann ich sie auch wegwerfen. Dann verliere ich meinen Einsatz.

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