Bei der Versorgung mit Kohlehydraten spielt Reis natürlich die Hauptrolle, wahrscheinlich gefolgt von Zucker und, in geringerem Ausmaß, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Yams, Maniok, dem Palmenmark, anderen Getreidesorten, wie beispielsweise Hirse und einigen Fruchtsorten.
Für die fleischerzeugende Viehzucht sind die Bedingungen in Burma relativ ungünstig, und da sich der Durchschnittsburmese das teure Rind- oder Schweinefleisch kaum leisten kann, wird der Bedarf an tierischem Eiweiß fast ausschließlich durch Fisch gedeckt. Als pflanzliche Eiweiß- und Fettlieferanten kommen für die Burmesen hauptsächlich Sojabohnen, Erdnüsse, Sesam, Öl- und Kokospalmen und die verschiedenen Nüsse in Betracht.
Zum Kochen verwenden sie am liebsten Erdnußöl, das aber meistens teuer und nicht für jedermann erschwinglich ist. Infolgedessen sind viele darauf angewiesen, Sesamöl oder importiertes Palmöl zu benutzen, obwohl bei den Verbrauchern weder das eine noch das andere beliebt ist.
Wie in den meisten tropischen Ländern sind auch in Myanmar die zahlreichen Obstsorten ein wesentlicher Bestandteil der Ernährung. Landesweit gibt es schätzungsweise siebenhundert verschiedene Pflanzen, die eßbare Früchte tragen. Mehr als die Hälfte wächst wild in den Wäldern, die übrigen werden von Bauern kultiviert. Nur an die hundert Arten gelten als wertvoll und wirklich für den menschlichen Verzehr geeignet. Sie werden fast alle in den Gärten der Bauern oder rund um ihre Häuser angepflanzt. Die Obstgärten spenden den Familien und ihren Tieren aber nicht nur Schatten und Nahrung, sondern auch Öl, Fasern, Harz, Baumaterial und alles, was man in der Küche und für die Zubereitung von Arzneien braucht. Nur ein geringer Teil dieser Produkte gelangt auf die Märkte, hauptsächlich, weil das meiste dem Eigenbedarf dient, aber auch, weil nicht jede Fruchtsorte angemessen gelagert und auf die städtischen Märkte im In- oder Ausland befördert werden kann. Die lange Liste der in Burma wachsenden Früchte enthält, um nur einige der bekannteren zu nennen, ist lang:
Bananen, Papayas, Mango, Gandaria, Ambarella, Avocados, Rosenäpfel, Lychees, Rambutan, Netzannonen, Jackfrüchte, Champedak, Tamarinden- und Brotfrüchte, Ananas, Durian, Mangostane, Kaki, Sternfrüchte, Granatäpfel, Guaven, Passionsfrüchte, Holzäpfel, Zitronen, Limonen, Pomelo, Grapefruit und Orangen.
Auch Gemüse gibt es in wunderbarer Vielfalt. Ein Absatzmarkt dafür sind die Eisenbahnstationen. Oft sah ich die frische Ware zum Verkauf auf den Bahnsteigen der vielen kleinen Eisenbahnstationen ausgelegt, an denen der Zug, in dem ich saß, ein paar Minuten hielt – gerade Zeit genug für den Koch meines Wagens, das Nötigste an Lebensmitteln einzukaufen.
Kräuter und Gewürze, die in den westlichen Speisen meistens als Geschmacksverstärker dienen, haben in Burma eine vielseitige Verwendung. Manche decken ein ganzes Spektrum medizinischer Zwecke ab, anderen liefern ätherische Öle. Aber natürlich werden sie auch zum Kochen gebraucht. Die burmesische Bevölkerung ißt oft Reis von minderer Qualität und gelegentlich Hirse oder Sorghum, deren Geschmack durch Hinzufügen bestimmter Gewürze verbessert oder verändert werden kann. Sogar fade und einfache Speisen bekommen, gut gewürzt, einen gewissen Pfiff. In größeren Mengen konsumiert, ist auch der Nährwert von Gewürzen nicht zu vernachlässigen, da sie Öl, Stärke und Vitamine enthalten.
Die Burmesen lieben ihre Currys, hergestellt mit Currypulvern, die milder und süßer sind als die indischen. Kurkuma, die Grundsubstanz, gibt die charakteristische gelbe Farbe ab, aber auch Kümmel, Koriander und Chili sind in der Gewürzmischung vertreten. Die genaue Zusammensetzung der einzelnen Pulver mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen konnte ich nicht herausfinden, aber nach dem, was ich in der großen Gewürzabteilung des Zegyo-Markts in Mandalay zu sehen bekam, werden auch Chilis, Gewürznelken, Zimt, Muskatnuß, Ingwer, Senfkörner, Fenchel, Sternanis, Anissamen, Lorbeerblätter, Kassiarinde sowie schwarzer und weißer Pfeffer verwendet.
Außer ihrem regen Interesse an Gewürzen, waren die großen Entdecker früherer Zeiten auch auf der Suche nach anderen kostbaren Pflanzenprodukten der Tropen: Den Stimulanzien, vor allem Tee, Kaffee und Kakao, die in Europa eine steile Karriere machen sollten. In Burma ist Tee das bevorzugte Getränk. Als allgemeiner Durstlöscher wird er in burmesischen Restaurants und Teestuben ausgeschenkt wie in Amerika das Wasser – kostenlos.
Trotz Hunderter verschiedener Teesorten lassen sich drei Hauptkategorien unterscheiden: Fermentierter schwarzer Tee, halbfermentierter „gelber” Oolong-Tee und unfermentierter grüner Tee. Die Geschichte der burmesischen Teekultur ist nicht so lang wie die chinesische, die mehrere tausend Jahre zurückreicht. Wahrscheinlich haben Wandervölker die Teepflanzen und das Wissen um ihre Kultivierung aus China mitgebracht, als sie den großen Flußläufen von Süd- und Südwestchina bis nach Burma folgten. In den kühlen, feuchten Vorbergen des Himalaja, von der chinesischen Provinz Yunnan bis nach Assam, gedeihen Teegewächse bestens.
Lange Zeit hatte China ein Quasi-Monopol im Anbau dieser Pflanzen, aber schließlich gelang es den Holländern und Briten, Saatgut in ihre Kolonien zu bringen. Als ungefähr zur gleichen Zeit Teesträucher in den Bergen zwischen dem indischen Assam und dem Nordwesten Burmas entdeckt wurden, ergriffen die Briten die goldene Gelegenheit, die Assam- Pflanze in anderen Teilen Indiens und in Ceylon anzusiedeln. China verlor sein Anbau-Monopol, und es dauerte nicht lange, bis die British East India Company (1600-1858) ihr eigenes Monopol im Teehandel errichtete.
Besonders die Amerikaner werden sich an die direkten und indirekten Folgen dieses Monopols erinnern, dessen Bestand das britische Parlament durch die so genannte „Tee-Akte” von 1773 zu verewigen versucht hatte. Das Ergebnis war große Geschichte: Die Boston Tea Party und die amerikanische Revolution. Erstaunlicherweise hat Burma nicht von dem raschen Anstieg der Überseenachfrage nach fermentiertem schwarzem Tee im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert profitiert. Ein Grund dafür mag die Abgelegenheit und Unzugänglichkeit der Gebirgsregion an der indischen Grenze sein, wo man den Assam-Teestrauch entdeckt hatte. Ein anderer könnte in der Unerfahrenheit und mangelnden Kenntnissen der Gebirgsstämme im Massenanbau und den Fermentierungstechniken bestehen.
Bis heute sind die westlichen Teile von Myanmar – der Chin Staat und das Gebiet der Naga im Verwaltungsbezirk Sagaing – von den großen Entwicklungen des Landes abgeschnitten. Nur wenige Flughäfen und Straßen stellen eine Verbindung zur Außenwelt her. Die Gebirgsstämme leben immer noch wie ihre Ahnen vor der Kolonisation. Reisen in diese Gebiete sind kaum möglich, aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, zumal die Regierung von Myanmar ab und zu Genehmigungen erteilt.
Auf meiner Fahrt durch den nördlichen Shan Staat – in Städte wie Taung-paing oder Moe-meik – habe ich große Flächen mit Teepflanzungen gesehen. Die Shan und mehrere andere ethnische Gruppen, so etwa die Palaung, ein Mon-Khmer- Stamm mit Sprachverwandtschaft zu den Mon und den Wa, der wegen seiner sachkundigen Teekultur hohes Ansehen genießt, produzieren hier hauptsächlich unfermentierten grünen Tee. Grüner Tee wird das ganze Jahr hindurch geerntet und entsprechend der Erntezeit klassifiziert, wobei die Blätter des berühmten shwephi-oint-namt in der Trockenzeit (November bis Januar) gepflückt werden. Mit heißem Wasser übergossen, nehmen verschiedene Sorten des grünen Tees unterschiedlichste Farben an, von hellgelb bis dunkelbraun, dem höchsten Grad.
Die meisten grünen Tees schmecken westlichen Zungen etwas bitter, aber ihre gesundheitsförderlichen Wirkungen dürften inzwischen wohl unumstritten sein. Der verbreitete Glaube, grüner Tee sei weniger anregend als schwarzer, ist falsch. Die getrockneten Blätter von grünem Tee enthalten beides, Koffein und Theophyllin. Doch maßvoll konsumiert, ist grüner Tee nicht nur für Burmesen, sondern auch für Touristen aus dem Ausland ein perfektes Getränk, besonders im heißen Klima von Myanmar.
Der fermentierte schwarze Assam-Tee, auch als acho-chyauk bekannt, wird vornehmlich in der Regenzeit produziert. Mit kochendem Wasser aufgebrüht, färbt er sich rötlich. Wenn man – wie in Myanmar üblich – Kondensmilch und viel Zucker hinzufügt, ergibt sich eine übersüße, leicht bittere Brühe. Teeblätter verwendet man auch – gepreßt und eingelegt – für die Herstellung des beliebten lephet. Gemischt mit anderen Zutaten wie getrockneten Shrimps, gerösteten Erbsen, Knoblauch, Erdnüssen und Gewürzen entsteht daraus eine Art Salat, lephet thok genannt, der am Ende der Mahlzeit gereicht wird. Wegen des schleimigen Aussehens konnte ich mich aber nicht mit diesem gesunden „Magenschließer” anfreunden.
Obwohl es auf der Welt viel mehr Teetrinker als Kaffeetrinker gibt, hat der sehr viel teurere Kaffee einen höheren Handelswert. Myanmar produziert sowohl Kaffee als auch Tee, aber beide werden hauptsächlich im Inland konsumiert und fallen als Exportgüter wenig ins Gewicht – Tee nicht, weil der größte Teil der Ernte grüner Tee ist, für den im Westen eine geringe Nachfrage besteht, und Kaffee nicht, weil die gesamte Jahresproduktion nur etwa tausend Tonnen ausmacht.
Wie der Tee, wird auch der Kaffee im Shan Staat angebaut, besonders in der Umgebung von Pyin Oo Lwin (ehemals Maymyo) in den nördlichen Vorbergen des Shan-Plateaus, wo während der heißen Jahreszeit ein angenehm kühles Klima herrscht. Die Burmesen lieben ihren Kaffee, den man gewöhnlich als süße Mischung aus Pulverkaffee, Trockenmilch und Zucker in winzigen Tassen serviert bekommt. Nur mit Zitronensaft versetzt, wird das Resultat – ein etwas bitteres und säuerliches Gebräu – „schwarzer Kaffee” genannt. Der mit den Landessitten noch nicht vertraute Fremde ist gut beraten, wenn er sich im Zweifelsfall an den grünen Shan-Tee hält.
Mag sein, dass die Briten versucht haben, als drittes berühmtes Genussmittel auch den Kakao nach Burma zu bringen, aber das muß ein Fehlschlag gewesen sein. Heute jedenfalls wird der Kakaobaum dort nicht angebaut.