Agatha Christie, Reise in ein fernes Land*

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Agatha Christies "Reise in ein fernes Land" ist eine fesselnde Reiseerinnerung, die dem Leser einen Einblick in einen weniger bekannten Aspekt des Lebens der berühmten Krimiautorin bietet. Dieses 1946 veröffentlichte Buch schildert Christies Abenteuer im Nahen Osten in den 1930er Jahren, bei denen sie ihren zweiten Ehemann, den Archäologen Max Mallowan, auf Ausgrabungsreisen nach Syrien und in den Irak begleitete.

Frau Christie reist in den Orient; Cover: amazon.de

Max Mallowan war der Grund für Christies regelmäßige Reisen in den Nahen Osten. Als renommierter Archäologe leitete er Ausgrabungen im Nordirak und in Syrien, an denen Agatha Christie als seine Ehefrau teilnahm.

Das Buch ist mit Christies charakteristischem Witz, Charme und scharfer Beobachtungsgabe geschrieben. Sie beschreibt anschaulich die Orte, die sie besuchte, die Menschen, denen sie begegnete, und die archäologischen Arbeiten, die sie miterlebte. Sie beschreibt sowohl die Entdeckung wertloser Scherben als auch sensationeller Funde. Mit Humor und Pragmatismus berichtet die Autorin, wie sie Sprachbarrieren, klimatische Bedingungen und andere Herausforderungen des Reisens meistert.

Christies Bericht ist sowohl persönlich als auch aufschlussreich. Ihr selbstironischer Humor und ihre Fähigkeit, in unerwarteten Situationen Freude zu finden, scheinen in ihrem Schreiben durch. Mit Witz und Charme beschreibt sie amüsante Anekdoten über ihre Reisevorbereitungen, unter anderem über die Herausforderungen, geeignete Reisekleidung zu finden, und die Versuche ihres Mannes, seine zahlreichen Bücher in ihr Gepäck zu quetschen bis hin zu den Tücken des Expeditionsalltags.

Christies Liebe zu der Region zeigt sich in ihren Texten. Sie beschreibt Momente tiefen Glücks und Verbundenheit mit dem Land, wie z.B. ein Picknick am Rande eines kleinen Kraters, der von Tausenden von Blumen umgeben ist, und einen atemberaubenden Blick auf das Dschabal-Sindschar-Gebirge. Dabei offenbart sich jedoch gelegentlich eine gewisse Überheblichkeit gegenüber den lokalen Bevölkerungen, die dem zeitgenössischen Kontext geschuldet sein mag, aber aus heutiger Sicht kritisch zu betrachten ist.

"Reise in ein fernes Land" gibt wertvolle Einblicke in den Nahen Osten der 1930er Jahre und bietet einen Blick auf eine Welt, die sich seither dramatisch verändert hat. Es dient auch als Fenster in Christies Privatleben und enthüllt Aspekte ihres Charakters, die Leser überraschen könnten, die nur mit ihren Kriminalromanen vertraut sind.

Das Buch wurde während des Zweiten Weltkriegs fertiggestellt, als Christie von ihrem Mann getrennt wurde. Im Nachwort, das im Frühjahr 1944 geschrieben wurde, beschreibt sie das Schreiben dieser Memoiren als "eine Liebesarbeit" und reflektiert über die glücklichen Zeiten, die sie mit ihrem Mann auf Reisen verbrachte.

Während das Buch zweifellos unterhaltsam und stimmungsvoll ist, lässt es stellenweise die Tiefe vermissen, die man sich von einem Reisebericht wünschen würde. Detaillierte Informationen über die besuchten Länder, ihre Kulturen oder die archäologischen Arbeiten treten zugunsten persönlicher Anekdoten in den Hintergrund.

Ein ergänzender Kommentar oder ein einordnendes Nachwort hätte dem Werk zusätzliche Substanz verleihen können. Trotz dieser Einschränkungen bleibt "Reise in ein fernes Land" ein faszinierendes Zeitdokument, das nicht nur Einblicke in Christie's Persönlichkeit gewährt, sondern auch die Schauplätze ihrer berühmten Kriminalromane lebendig werden lässt.

Für Fans von Christies der Autorin und Liebhaber historischer Reiseliteratur ist dieses Buch zweifellos eine bereichernde Lektüre sowie eine einzigartige Gelegenheit, die Königin des Verbrechens in einem anderen Licht zu sehen, indem es ihr Talent als Reiseschriftstellerin und ihre Leidenschaft für Archäologie und den Nahen Osten zeigt.

Einige Kenntnisse der französischen Sprache wären beim Lesen durchaus von Vorteil, denn nicht immer sind Sätze und Begriffe aus Gesprächen ins Deutsche übersetzt worden.

Agatha Christie, Reise in ein fernes Land, gebunde Ausgabe, 288 Seiten, 24€