Ein spezieller Atlas für abgelegene Inseln

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Judith Schalanskys „Atlas der abgelegenen Inseln“ ist etwas ganz Besonderes. Es hat ein anderes Format, fühlt sich alt und kostbar an und verströmt den Geruch historischer Bibliotheken. Dabei ist es erst 2009 erschienen

Atlas der abgelegenen Inseln

Der Atlas der abgelegenen Inseln ist genau das, was der Titel verspricht. Abgelegener könnten die Inseln gar nicht sein. Was sind schon Madeira, die Azoren oder Spitzbergen gegen Socorro, Annobon, Tromelin oder Pukapuka, um nur vier der fünfzig auf jeweils einer Seite Text beschriebenen und auf der gegenüber liegenden Seite auf historisch anmutenden Karten im Maßstab 1:125.000 dargestellten Inseln zu nennen!

Was lässt sich zum Beispiel über eine Insel wie das russische Eiland Ujedinenija (Dt.: Zurückgezogenheit, Einsamkeit) sagen, 20 qkm groß und unbewohnt, 16 Grad minus Jahresdurchschnitt? Selbst die Forschungsstation ist verlassen! Früher war die Insel bewohnt, zumindest von Urzeit-Drachen. Das beweisen Knochenfunde.
Wer sich trotzdem nicht davon abhalten lassen will, die „Einsamkeit" zu besuchen, erfährt wenigstens, wo noch heute tiefgefrorene Proviantreste zu finden sind.

St. Kilda, das immerhin zu Großbritannien gehört, ist heute ebenfalls unbewohnt. Hier schildert Judith Schalansky in klaren Sätzen die möglichen Gründe der Evakuierung.

Sprachlich bewegt Judith Schalansky sich bei allen Insel-Porträts zwischen staunen, wundern und wissen, Momentaufnahmen zwischen Sage, Märchen, Science Fiction und kurzen Reflektionen zur Geschichte. Sie versteht es, den Leser durch sprachliche Feinheiten in ihren Bann zu ziehen. So ist beispielsweise St. Kilda „nur ein Lispeln des Vogelvolks" und die Osterinsel „ein Lemming im Stillen Ozean".

Anders als mit dem Finger auf der Landkarte ist Judith Schalansky auf keiner dieser Inseln jemals gewesen und wird es, wie sie gleich auf dem Einband anmerkt, auch niemals sein. Das glaubt ihr kein Mensch, weil man ihr sofort dorthin folgen möchte. Zumindest nimmt es ihr keiner übel, weil alles, was sie über die abgelegensten Inseln der Welt berichtet, absolut glaubwürdig ist. Dass dennoch manches wie Fantasy klingt, dafür kann sie nichts.

Ein Buch für Realisten? Für Träumer? Für Utopisten? Jeder kann sich seine eigenen Wahrheiten aus den Texten ziehen.

Der Atlas der abgelegenen Inseln von Judith Schalansky erhielt den 1. Preis der Stiftung Buchkunst 2009 der Bundesregierung für Kultur und Bildung, sowie den Preis für das schönste deutsche Buch 2009.

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