Mordaunt, eine britische Journalistin und Reiseschriftstellerin, begibt sich zwischen 1923 und 1925 auf eine ungewöhnliche Reise. Anstatt den üblichen Luxusliner zu nehmen, entscheidet sie sich für ein Frachtschiff, das sie von Marseille nach Sydney bringt. Diese Entscheidung ermöglicht es ihr, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen, abseits der ausgetretenen Pfade des Tourismus.
Ihre Route führt sie von Marseille aus über den Atlantik, durch die Karibik, durch den Panamakanal in den Pazifischen Ozean nach Tahiti über Samoa und Tonga zu den Fidschi-Inseln und dann schließlich nach Sydney. Unterwegs trifft sie auf eine Vielzahl von Menschen, von Plantagenbesitzern und Kolonialbeamten bis hin zu Seeleuten und Einheimischen. Sie erlebt die pulsierende Vielfalt der Kulturen, die Schönheit der Landschaften und die Schattenseiten des Kolonialismus.
In "Das Buch der Abenteuer" beschreibt Elinor Mordaunt nicht ausführlich das Leben an Bord des Frachters, mit dem sie reist. Es wird jedoch deutlich, dass es sich um eine einfache und zweckmäßige Unterkunft handelt. Mordaunt teilt eine Kabine mit einer anderen Frau, und die Mahlzeiten werden in einem gemeinsamen Speisesaal eingenommen.
Obwohl sie nicht explizit über die Herausforderungen des Lebens auf See spricht, deuten ihre Beschreibungen darauf hin, dass es nicht immer angenehm ist. Sie erwähnt Seekrankheit und die Schwierigkeiten, sich an das ständige Schaukeln des Schiffes zu gewöhnen.
Trotz der einfachen Bedingungen scheint Mordaunt die Reise auf dem Frachter zu genießen. Sie nutzt die Zeit auf See, um zu lesen, zu schreiben und die vorbeiziehende Landschaft zu beobachten. Sie knüpft auch Kontakte zu anderen Passagieren und zur Besatzung, was ihr einen Einblick in das Leben auf See ermöglicht.
Mordaunts Schreibstil ist lebendig, humorvoll und scharfsinnig. Sie beschreibt ihre Erlebnisse mit einer ansteckenden Begeisterung und einem offenen Blick für die Welt um sie herum. Dabei scheut sie sich nicht, auch kritische Töne anzuschlagen, insbesondere wenn es um die Ungerechtigkeiten des Kolonialsystems geht.
Die deutsche Übersetzung von Alexander Pechmann fängt den Geist des Originals gekonnt ein. Er bewahrt Mordaunts lebhaften Ton und ihren scharfen Blick für Details, ohne dabei die sprachlichen Nuancen zu verlieren. Dadurch wird das Buch auch für moderne Leser zugänglich und lesenswert.
Besonders bemerkenswert ist Mordaunts Fähigkeit, die Leser in ihre Welt zu ziehen. Ihre detaillierten Beschreibungen von fremden exotischen Orten, Menschen und kuriosen Begegnungen lassen uns an ihrer Reise teilhaben, als wären wir selbst an Bord des Frachtschiffs. Wir spüren die Hitze der Tropensonne, riechen den Duft exotischer Gewürze und hören das Rauschen des Meeres.
"Das Buch der Abenteuer" ist aber nicht nur eine unterhaltsame Lektüre. Es ist auch ein wichtiges historisches Dokument. Mordaunts Reise fand in einer Zeit großer Umbrüche statt, in der sich die Weltordnung nach dem Ersten Weltkrieg neu formierte. Ihre Beobachtungen und Reflexionen geben uns wertvolle Einblicke in diese Ära und ihre Auswirkungen auf die Menschen in den verschiedenen Teilen der Welt.
Darüber hinaus ist das Buch ein Zeugnis für die Kraft des individuellen Abenteuers. Mordaunt, eine Frau in einer von Männern dominierten Welt, widersetzt sich den gesellschaftlichen Erwartungen und geht ihren eigenen Weg. Ihre Reise ist ein Ausdruck ihrer Unabhängigkeit, ihres Mutes und ihrer Neugierde.
Die Neuauflage von "Das Buch der Abenteuer" durch den mare Verlag ist ein Glücksfall für alle Liebhaber von Reise- und Abenteuerliteratur. Sie bringt ein vergessenes Juwel der Literaturgeschichte zurück ins Bewusstsein der Öffentlichkeit und lädt uns ein, die Welt mit den Augen einer unerschrockenen Entdeckerin zu sehen.
Elinor Mordaunt, Das Buch der Abenteuer, gebundene Ausgabe, 288 Seiten, mare Verlag, 33€