Paul Veyne, Palmyra - Requiem für eine Stadt

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Seit 1980 gehören die Reste der 2000 Jahre alten antiken Stadt Palmyra in Syrien zum Weltkulturerbe der Unesco. 2015 fiel Palmyra in die Hände der Terrormiliz Islamischer Staat, durch deren Zerstörungswut bedeutende historische Bauwerke wie der Baal-Tempel für immer vernichtet worden sind. Der französische Archäologe Paul Veyne setzt mit seinem Buch dieser einzigartigen Stadt ein Denkmal.

 

 

Paul Veyne, Palmyra: Sein Requiem für diese Stadt, (c)amazon.de

Vor dem Bürgerkrieg in Syrien, der im Jahr 2011 begann, besuchten jährlich viele Millionen Touristen das Land. Syrien galt als "Perle des Orients" und konnte mit Überresten und Kunstschätzen einer 2000 Jahre alten Kultur in der Region aufwarten. Vor allem Palmyra, einst einflussreiches Handelszentrum an einer der wichtigsten Karawanenstraßen der Antike zog die Besucher an. Die Ruinenlandschaft war ein Touristenmagnet und beeindruckte Gäste aus aller Welt.

Als „Hüter von Palmyra“ verstand sich Khaled al-Asaad, Chef-Archäologe und Generaldirektor der historischen Stätten von Palmyra in den Jahren 1963 bis 2003. Selbst unter Folter hat der hochbetagte Mann sich geweigert zu verraten, wohin er einen Teil der antiken Schätze gebracht hat, um sie vor dem IS zu schützen. Am 18.8.2015 wurde Khaled al-Asaad von seinen Peinigern enthauptet.

Der französische Archäologe Paul Veyne, der etliche Bücher zur Geschichte der Antike veröffentlicht hat, widmete ihm dieses Buch.
Paul Veynes Werke sind eher wissenschaftlicher Art. Er hat sich intensiv mit der alten Stadt Palmyra befasst und deren Geschichte und Hintergründe erforscht. In dem vorliegenden Buch wendet sich Veyne aber an die interessierten Laien, die von Palmyra besonders beeindruckt sind bzw. waren und mehr über seine Geschichte erfahren möchten. Dafür verwendet er eine verständlichere und Adressaten bezogene Ausdrucksweise, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Paul Veyne lässt Palmyra, die Königin der Wüste, neu erstehen und wieder lebendig werden. Ihre Jahrhunderte alte Geschichte wird durch seine Worte greifbar, ihr Stellenwert als Station einer wichtigen Karawanenstraße und als Handelszentrum. Er erzählt, wie die Herrscher, die Händler und das einfache Volk gelebt haben und interpretiert die Überreste der einst blühenden Stadt. Er macht auf Details aufmerksam, beantwortet viele Fragen und stellt neue.

Auch wer nie in Palmyra gewesen ist, kann sich der Faszination von Veynes Darstellung kaum entziehen. Allen jedoch, die noch das Glück hatten, Syrien vor dem Jahr 2011 zu bereisen und Palmyra zu sehen, wird dieses Requiem auf eine Stadt zu einer bleibenden Erinnerung an ein einzigartiges, jedoch teilweise verlorene gegangenes Highlight des Vorderen Orients.

Der Triumphbogen am Beginn der großen Kolonnade, dessen Bild das Cover des Buches ziert, wurde im Oktober 2015 vom IS zerstört.

 Paul Veyne, Palmyra -  Requiem für eine Stadt, Beck Verlag, 127 Seiten (ohne Bilder!), 17,95€