Zwischenmenschliches Benehmen auf Reisen
Im Flugzeug: Höflichkeit auf engstem Raum
Kaum irgendwo sitzt man so dicht aufeinander wie im Flugzeug. Ein freundlicher Gruß zum Sitznachbarn hebt trotzdem das Niveau an Bord – auch wenn Ihr Gegenüber schweigend in ein Buch flüchtet. Danach gilt: gegenseitiges Taktgefühl. Ob jemand zu einem Gespräch aufgelegt ist, lässt sich meist an Mimik und Körpersprache erkennen. Drängt der Nachbar auf Dauerkonversation, hilft ein höfliches „Ich will nicht unhöflich sein, aber ich würde jetzt gern etwas lesen/ruhen“ – so lassen sich Dauerredner charmant bremsen. Umgekehrt sollten auch Sie auf Zwischentöne achten: In manchen Kulturen – etwa den USA – ist Smalltalk mit Fremden und munteres „How are you?“ ganz selbstverständlich (worauf man dort ungeachtet der Wahrheit stets mit „Great!“ antwortet). Andere Passagiere wiederum empfinden Schweigsamkeit als respektvoll. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, um niemanden zu vereinnahmen.
Wichtig in jeder Sprache ist ein leiser Ton. Selbst im lautesten Jet gibt es keinen Grund, die Stimme zu erheben. Gespräche und Bitten an die Crew sollten gedämpft erfolgen – genießen Sie lieber das gedämpfte Grundrauschen, solange Handy-Telefonate über den Wolken noch verboten sind. Rücksichtsvoll verhält sich, wer sich beim Schlafen Kopfhörer gönnt, anstatt den halben Flieger mit seinem Schnarchen zu beschallen, und wer vor dem Zurückklappen der Sitzlehne höflich nach hinten blickt. Auch typische Ärgernisse lassen sich vermeiden: Niemand schätzt den Mitreisenden, der rücksichtslos das Handgepäckfach vollstopft, permanent gegen die Vordersitzlehne trommelt oder zwei Armlehnen gleichzeitig für sich beansprucht. Kurz: In der fliegenden Sardinenbüchse ist gutes Benehmen der beste Reisebegleiter.
Öffentliche Verkehrsmittel: Rücksicht und regionale Eigenheiten
Ob U-Bahn, Linienbus oder Straßenbahn – auch am Reiseziel selbst zeigt sich kulturelle Vielfalt im sozialen Miteinander. Lautstärke und Verhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln unterscheiden sich teils drastisch: In Tokio etwa herrscht zur Stoßzeit beinahe andächtige Stille. Mobiltelefone werden auf „Manner Mode“ gestellt (lautlos) und Telefonieren im Zug ist tabu – Schilder und Durchsagen erinnern ständig daran. Gespräche finden, wenn überhaupt, gedämpft statt. Anders in Südeuropa: In Spanien etwa zeigt man sich toleranter gegenüber Geräusch und lebhaften Unterhaltungen. Ein südspanischer Stadtbus klingt zur hora punta eher wie ein voll besetztes Café – niemand nimmt es übel. Wichtig ist, sich als Gast unauffällig anzupassen: folgen Sie dem lokalen Beispiel in Lautstärke, Verhalten und auch beim Anstellen. In London und Wien bildet man geduldig Schlangen an der Haltestelle; in anderen Ländern geht es beim Einsteigen ungeordneter zu – hier sollte man weder schimpfen noch drängeln, sondern Gelassenheit bewahren (und vielleicht ein kleines Ellbogen-Training absolviert haben).
Universell gilt: Rücksicht auf Mitfahrende hat oberste Priorität. Machen Sie Älteren, Menschen mit Behinderung oder Schwangeren ohne Zögern Platz – in vielen Ländern ist das nicht nur eine Floskel, sondern soziale Pflicht. In Japan bleiben die ausgewiesenen „Priority Seats“ oft demonstrativ frei und werden sofort geräumt, sobald ein Bedürftiger auftaucht. Und lokale Spezialitäten sollte man kennen: In Bangkok beispielsweise steht man jeden Tag um 8:00 und 18:00 Uhr in Bahnhofshallen still, wenn die Nationalhymne erklingt, und natürlich macht man immer den Sitz für einen Mönch frei. Solche Gebote spiegeln kulturellen Respekt wider. Mit ein wenig Aufmerksamkeit – sei es, indem man in Mexiko erst alle Aussteigenden vom Bus lässt, in Tokyo nicht laut telefoniert oder in London rechts auf der Rolltreppe steht – zeigt der Reisende, dass er die Regeln der Gastgeber ehrt. Das öffnet Türen zu manch freundlichem Lächeln im Gegenüber.
Im Hotel: Respekt vor Personal und Mitgästen
Hotels sind internationale Begegnungszonen – umso wichtiger ist hier kosmopolitisches Benehmen. Höflichkeit gegenüber dem Personal sollte selbstverständlich sein. In einigen Ländern geht es dabei sehr förmlich zu: In Asien etwa wird man als Gast oft mit dezenter Zurückhaltung und Verbeugung begrüßt; in den USA hingegen ist der Ton lockerer, man ist rasch beim Vornamen und wechselt ein paar herzliche Worte. Unabhängig vom Stil freut sich jedes Empfangsteam über ein freundliches Lächeln und ein paar Brocken in der Landessprache – ein „Bonjour, Madame“ in Paris oder „こんにちは“ (kon’nichiwa) in Tokio wirken Wunder. Achten Sie bei Anliegen darauf, ruhig und respektvoll aufzutreten. Gerade in exotischen Destinationen verliert lautes Reklamieren schnell an Wirkung – ein besonnen vorgebrachtes Problem lässt sich meist leichter lösen, ohne dass jemand sein Gesicht verliert.
Auch als Hotelgast kann man kulturelle Feinheiten beherzigen: Schuhregeln sind ein Beispiel. In vielen asiatischen Häusern (Japan, Korea u.a.) zieht man am Eingang die Straßenschuhe aus – selbst in Pensionen oder traditionellen Ryokans sind Hausschuhe Pflicht. Westliche Touristen treten hier leicht ins Fettnäpfchen, wenn sie vergäßen, vor dem Teeraum oder auf dem Zimmer den Schuhwechsel vorzunehmen.
Trinkgeld ist ein weiteres sensibles Thema. Während man mit der deutschen Faustregel von ca. 10% in vielen Ländern gut fährt, erwarten etwa amerikanische Hotelangestellte teils deutlich mehr. Gerade in den USA sind Zimmerpersonal und Gepäckträger auf Tip angewiesen – 1-2 Dollar pro Gepäckstück und täglich ein paar Dollar fürs Housekeeping gelten als angemessen. In anderen Gegenden (z.B. Singapur oder Japan) sind Trinkgelder dagegen unüblich und werden oft gar nicht angenommen – hier würde ein zudringlich überreichtes Extra eher peinlich wirken. Besser ist, falls überhaupt, eine kleine Anerkennung dezent liegenzulassen. Und schließlich: Denken Sie auch an die Mitgäste. Nächtliches Türknallen auf dem Flur oder lautstarke Gespräche im Hotelfoyer um Mitternacht zeugen nirgendwo von gutem Benehmen. Wer sich – etwa nach einem geselligen Abend an der Bar – leise auf sein Zimmer schleicht, beweist Rücksicht.
Im Restaurant: Esskultur und Tischmanieren weltweit
Beim Essen prallen Kulturwelten oft besonders deutlich aufeinander. Tischmanieren und Essgewohnheiten variieren stark – Reisende tun gut daran, sich vor dem ersten Restaurantbesuch schlauzumachen. In Frankreich zum Beispiel gelten sehr strikte Regeln: Selbst eine Hähnchenkeule oder ein Apfel zum Dessert werden hier vornehm mit Messer und Gabel verzehrt. Die Beine unter dem Tisch zu übereinanderschlagen oder sich lässig zurückzulehnen, gilt unseren französischen Nachbarn als stillos. Beim Bezahlen ist es dort ebenso: Wer in der Gruppe auf die Cent genau getrennt abrechnen will, erntet hochgezogene Augenbrauen – meist lädt einer ein, oder man teilt die Gesamtsumme brüderlich. Trinkgeld ist in Frankreich bereits inbegriffen; Zufriedenheit zeigt man mit ein paar Münzen extra auf dem Tellerchen.
Ganz anders die Trinkgeldkultur in den USA: 15–20% Aufschlag auf die Rechnung gelten fast als Pflicht, denn Servicekräfte verdienen einen Großteil ihres Lohnes über Tips. Entsprechend unangenehm auffallen kann, wer dort „knauserig“ nur kleines Trinkgeld gibt – das Personal fühlt sich schnell brüskiert. In Asien wiederum (Japan, China, Thailand…) kennt man kein Trinkgeld – tadelloser Service ist dort Selbstverständlichkeit. Lässt man als unwissender Tourist dennoch Geldscheine liegen, werden diese oft irritiert zurückgewiesen.
Auch bei Essgeräuschen und Tischsitten ist kulturelle Sensibilität gefragt. Was der eine als guter Ton empfindet, ist dem anderen ein Gräuel. In China zum Beispiel zeigt ein beherztes Rülpsen oder geräuschvolles Schmatzen dem Gastgeber, dass es schmeckt – und ist ausdrücklich erwünscht. In den meisten westlichen Ländern hingegen würde man damit die Tischnachbarn vergraulen. Ebenso verhält es sich mit dem vielzitierten Schlürfen: Wer in Japan genüsslich seine Nudelsuppe schlürft, gilt nicht als ungebildet, sondern bedankt sich damit für die gute Mahlzeit – während man in England oder Deutschland lieber geräuschlos löffelt.
Körpereinsatz beim Essen unterliegt gleichfalls kulturellen Codes. In Indien, arabischen Ländern und vielen Teilen Afrikas isst man traditionell mit der Hand – allerdings ausschließlich mit der rechten. Die linke Hand gilt dort als unrein und bleibt bei Tisch tunlichst außer Spiel. Westliche Besucher wirken irritiert, wenn in einer marokkanischen Teestube gemeinsam aus einer Tajine gegessen wird; umgekehrt empfinden Orientalen es als Affront, wenn ein Unwissender mit der „falschen“ Hand zugreift. Was also tun als Fremder? Am besten umsichtig schauen, wie die Einheimischen es machen. Wer unsicher mit Stäbchen ist, darf in China durchaus einmal kleckern – aber bitte niemals die Stäbchen senkrecht in die Reisschale stecken, denn das erinnert an Räucherstäbchen am Altar und gilt als schlechtes Omen.
Generell kommt man mit Bescheidenheit und Beobachtungsgabe am weitesten: In den meisten Kulturen wird es geschätzt, wenn Gäste offen sind und neues probieren (selbst wer mit Fugu oder Hühnerfüßen hadert, verliert lieber kein Wort des Ekels). Sollten Sie etwas wirklich nicht mögen, vermeiden Sie dramatische Reaktionen – in Japan z.B. lächelt man auch dann höflich, wenn einem etwas nicht mundet. Und falls es mal zwickt: In vielen Ländern – etwa den USA – gilt Naseputzen am Esstisch als extrem peinlich; dafür stehen Toiletten zur Verfügung. Solche Details zeigen: Essen ist weit mehr als Nahrungsaufnahme, es ist soziales Ritual. Wer die jeweiligen Spielregeln ehrt, gewinnt die Sympathie seiner Tischnachbarn gewiss.
Begegnungen mit Einheimischen: Grüße, Gesten und Gespräche
Der erste Eindruck zählt – das gilt besonders, wenn man im Reiseland auf Einheimische trifft. Begrüßungen sind dabei ein Kapitel für sich. Händedruck oder Verbeugung? Küsschen links und rechts, oder doch nur ein höfliches Nicken? Die Auswahl ist groß und Fehlgriffe lassen sich nur schwer ausbügeln. Ein berühmtes Beispiel ist der „Bow-Shake“ des früheren US-Präsidenten Barack Obama: Bei seinem Antrittsbesuch in Japan 2009 versuchte er gleichzeitig die Hand zu geben und sich zu verbeugen – ein gut gemeinter, aber unglücklicher Mix, den der Kaiser höflich lächelnd übersah.
Als Reisender sollte man solche Fettnäpfchen möglichst meiden, indem man die lokalen Begrüßungsrituale kennt oder im Zweifel dem Gastgeber den Vortritt lässt. In Frankreich etwa sagt man tagsüber immer zuerst Bonjour, Madame/Monsieur (am Abend Bonsoir) – ohne diese höfliche Anrede wirkt der Gruß abrupt und unhöflich. Hierzulande würde ein knappes „Hallo“ genügen, doch dort gilt: Courtoisie oblige!
Ebenso üblich ist in Frankreich, gute Bekannte mit zwei (mancherorts drei oder vier) angedeuteten Wangenküssen zu begrüßen. Fremden aber drückt man zunächst höflich die Hand – allerdings sanft: Ein „Knochenbrecher“-Händedruck, wie er Deutschen nachgesagt wird, hinterlässt im Ausland selten guten Eindruck. Insbesondere in Asien wird zurückhaltender angefasst: In China etwa reicht man die Hand weicher als in Europa, und in Japan ersetzt oft eine leichte Verbeugung den Handschlag ganz.
Während Südeuropäer und Lateinamerikaner viel Körperkontakt und Nähe zeigen – in Brasilien umarmen sich selbst Unbekannte zur Begrüßung und hauchen einen Kuss auf jede Wange – wahren Nord- und Ostasiaten eher die Distanz. Einem Japaner ist zu viel forscher Körperkontakt unter Fremden eher unangenehm; er zeigt Respekt eher durch Förmlichkeit und Zurückhaltung.
Generell gilt: persönliche Distanz wird kulturell unterschiedlich definiert. Amerikaner etwa schätzen einen größeren Wohlfühlabstand – die breiten Supermarktgänge in den USA kommen nicht von ungefähr; niemand soll einem anderen „zu nahe kommen“. In arabischen und afrikanischen Kulturen dagegen steht man beim Gespräch deutlich näher beieinander, ohne sich belästigt zu fühlen. Hier die Balance zu finden, ohne zurückzuscheuen oder zu aufdringlich zu wirken, ist Teil der interkulturellen Empathie.
Ein weiterer Stolperstein sind nonverbale Signale und Gesten. Vieles, was wir intuitiv tun, kann im Ausland etwas ganz anderes bedeuten. Daumen-hoch und OK-Zeichen sind klassische Beispiele (lieber sparsam einsetzen – sie könnten obszön sein). Das Gleiche gilt für scheinbar neutrale Körperhaltungen: Verschränkte Arme vor der Brust werden in arabischen Ländern als abweisend empfunden. Die Füße sollte man in vielen asiatischen Ländern nicht auf andere richten, denn die Fußsohlen gelten etwa in Thailand als beleidigend – sogar einen davonflatternden Geldschein sollte man dort niemals mit dem Fuß stoppen, weil auf ihm der König abgebildet ist.
Mimik und Blickkontakt sind ebenfalls kulturell geprägt. Ein breit strahlendes Dauerlächeln, das amerikanische Verkäufer*innen oder thailändische Gastgeber oft an den Tag legen, kann in Mitteleuropa oder Japan befremden – in Paris gilt ein allzu überschwängliches Anlächeln wildfremder Menschen sogar als „amerikanisch“ und pas du tout chic. Umgekehrt interpretieren viele Asiaten ein starkes Anstarren als Aggression oder mangelnden Anstand, während z.B. Deutsche direkten Blickkontakt schätzen. Die beste Devise lautet hier: im Zweifel zurückhaltend und freundlich-neutral bleiben, bis man die lokale Dos and Don’ts herausgefunden hat.
Auch bei Gesprächsthemen und dem Kommunikationsstil lohnt sich kulturelle Sensibilität. Small Talk dient fast überall als sozialer Schmierstoff, doch worüber man plaudert (und worüber lieber nicht) variiert. In den USA gilt die Regel, bei ersten Begegnungen kontroverse Themen wie Politik oder Religion zu meiden – dasselbe rät auch ein erfahrener Flug-Knigge, denn man sitzt ja notfalls länger nebeneinander fest. In vielen Ländern Asiens wiederum wird sehr indirekt und höflich kommuniziert; Kritik wird allenfalls durch die Blume geübt, um niemanden bloßzustellen. Dort wäre es ein Desaster, jemanden vor anderen offen zu korrigieren oder laut zu schimpfen – ein solcher Gesichtsverlust ist kaum wiedergutzumachen. Stattdessen wählt man schonende Worte und wahrt die Harmonie. Wer als Europäer etwa in Japan mit einem Serviceproblem konfrontiert ist, erreicht mit ruhigem, respektvollem Ton weit mehr als mit forderndem Auftreten.
Gastfreundschaft wiederum hat vielerorts einen hohen Stellenwert. Wird man privat eingeladen, sollte man entsprechende Höflichkeiten kennen: In der arabischen Welt z.B. ist es Brauch, nach der dritten Tasse Kaffee dankend abzuwinken – mehr zu akzeptieren gilt als Gier oder Unmöglichkeit, weniger als Zurückweisung. Auch sollten insbesondere Frauen in konservativen Ländern auf ihre Kleidung achten: Allzu freizügige Outfits – unbedeckte Haare, schulterfreie Tops, Miniröcke – können etwa im Orient völlig falsche Signale senden. Mit einer locker sitzenden langen Hose und Tuch über den Schultern ist man respektvoll und zugleich bequem unterwegs.
Unterm Strich wird der Reisende in direktem Austausch mit Einheimischen vor allem eines lernen: Höflichkeit hat zwar weltweit denselben Kern – nämlich Wertschätzung des Gegenübers – doch ihre Ausdrucksformen sind vielfältig. Wer diese Vielfalt annimmt, offene Augen und ein offenes Herz behält, wird mit authentischen Begegnungen belohnt.
Unterwegs mit anderen Reisenden: Toleranz und Taktgefühl
Nicht nur die Einheimischen, auch die Mitreisenden kommen oft aus aller Herren Länder – ob in der internationalen Backpacker-Hostel oder bei der geführten Rundreise. Unterschiedliche Mentalitäten treffen hier unmittelbar aufeinander. Umso mehr sind Kompromissbereitschaft und Rücksicht gefragt. Zeitverständnis ist ein klassisches Beispiel: Während deutsche Urlauber pünktlich wie die Uhr am Bus stehen, kann in anderen Kulturkreisen eine halbe Stunde Verspätung als ganz normal gelten. Bei einer südamerikanischen Reisegruppe etwa könnte ein Ausflug offiziell um 9 Uhr starten, doch wer um 9:30 erscheint, ist immer noch „pünktlich“ – in Brasilien und vielen Ländern Lateinamerikas ist dieses mañana-Timing gesellschaftlich akzeptiert. Ein Schweizer oder Schwede im selben Bus würde derweil unruhig auf die Uhr schauen, denn in Nordeuropa bedeutet Pünktlichkeit: lieber fünf Minuten vor der Zeit. Solche Differenzen sollte man nicht persönlich nehmen. Hier hilft es, voreinander Respekt zu haben und Missverständnisse offen anzusprechen: Etwa die Reiseleitung kann klar kommunizieren, ob „9 Uhr Abfahrt“ deutschpräzise oder eher großzügig gemeint ist.
Ähnliches gilt für das Miteinander in Gruppen. Während die einen ausgelassen feiern möchten, sehnen sich andere nach Ruhe – hier ist Toleranz der Schlüssel. Nachts im Gemeinschaftszimmer sollte man die Party lieber nach draußen verlegen oder im Hostel-Gemeinschaftsraum ausklingen lassen, um Schlafende nicht zu stören.
Sauberkeit und Ordnung können ebenfalls Konfliktpunkte sein, denn Vorstellungen davon variieren kulturell. Ein einfaches Mittel, um Reibung zu vermeiden, ist Kommunikation: Fragen Sie den japanischen Zimmergenossen ruhig, ob es für ihn in Ordnung ist, wenn Sie früh das Licht anknipsen – er wird es zu schätzen wissen. Und zeigen Sie sich umgekehrt großzügig, wenn die argentinische Familie im Zugabteil ihre Brote auspackt und zum Teilen anbietet – das ist Herzlichkeit, keine Aufdringlichkeit.
Schließlich ein Tipp, der alle Nationalitäten eint: Lästern Sie nie in Ihrer Muttersprache über Anwesende, in der Annahme, es verstehe Sie schon keiner. Die Welt ist klein und Sprachtalent weiter verbreitet als gedacht. So mancher deutsche Urlauber staunte schon, als sein vermeintlich „geheimes“ Gemecker oder Fluchen im Ausland prompt verstanden wurde. Behalten Sie Kritik lieber für vertrauliche Ohren – oder üben Sie sich in kosmopolitischer Gelassenheit und nehmen Sie kleine kulturelle Eigenheiten mit Humor.
Höflichkeit ist universell
Gutes zwischenmenschliches Benehmen auf Reisen bedeutet nicht, verkrampft alle lokalen Regeln auswendig zu lernen. Vielmehr geht es um Respekt, Aufmerksamkeit und Empathie. Wer mit offenem Geist reist, der spürt schnell, was angebracht ist – sei es im japanischen Onsen-Bad vor dem Eintauchen gründlich zu duschen, in New York dem Kellner ein ehrliches Lob plus Trinkgeld zu hinterlassen oder in Dubai öffentliches Händchenhalten zu vermeiden. So vielfältig die Sitten auch sind, der Kern bleibt gleich: Freundlichkeit, Rücksicht und ein Lächeln (zur rechten Zeit) sind die Weltsprache der Höflichkeit. Wer sie beherrscht, der knüpft mühelos Brücken zwischen den Kulturen – und macht jede Reise für alle Beteiligten ein Stück angenehmer.