Ein spannendes Bahnabenteuer auf den Spuren des legendären Orient-Express
Alles beginnt auf einer Parkbank in London, wo zwei Männer mittleren Alters darüber fachsimpeln, dass anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Interrail-Tickets dieses gerade zum halben Preis angeboten werde. Und so beschließen die beiden, „alles stehen und liegen zu lassen“, sich ein Ticket zu kaufen und einfach loszufahren, von London bis ans Ende Europas: nach Istanbul. Sie starten ohne festen Plan ihre Low-Budget-Reise quer durch Europa. Ein Bahnstreik in Nürnberg zwingt sie zu kreativen Lösungen, in Passau landen sie bei einem irischen Karaoke-Abend, im Schlafwagen nach Bukarest testen sie ihre Geduld, und an der türkischen Grenze wird ihr Vorhaben durch einen besonders eifrigen Grenzbeamten auf die Probe gestellt.
Unerwartete Situationen verleihen der Reise einen abenteuerlichen Charakter.
Danny muss leider aus persönlichen Gründen von Istanbul aus nach Hause zurückfliegen, und Tom setzt die Reise alleine fort.
Die gesamte Route führt in 55 Zügen über 7355 km durch 14 Länder: von London über Paris, Nürnberg, Budapest, Bukarest, und Sofia bis nach Istanbul – und auf anderer Strecke wieder zurück nach England. Immer wieder müssen unerwartete Situationen gemeistert werden.
Chesshyre beschreibt die Reise mit Leichtigkeit, Ironie und feinem Gespür für das Alltägliche und Menschliche. Er sucht nicht das Glamouröse oder Spektakuläre, sondern interessiert sich für Begegnungen, Zufälle und die kleinen Überraschungen des Bahnreisens. Er unterhält sich mit spontanen Bekanntschaften, Einheimischen wie anderen Reisenden, in Kneipen, Restaurants und auf der Straße über das eigene Leben, Geschichte, Gesellschaft, Alltagsphilosophie, oft bei einem Glas Rotwein und auf der Fahrt mit Blick auf die vorbeiziehende Landschaft. Dabei genießt er die Freude am Unterwegssein und die mitunter schräge Atmosphäre des langsamen Reisens.
Immer wieder zieht Chesshyre Parallelen zur legendären Route des Orient-Express, dessen Luxusvariante er jedoch meidet und stattdessen das Abenteuer in den vielen landestypischen Zügen bevorzugt.
Während Luxuszüge wie der Orient-Express mit exklusivem Komfort, Gourmetküche und persönlichem Service werben, suchen Chesshyre und sein Begleiter gezielt das Alltägliche: Sie zwängen sich in einfache Schlafwagen, erleben nervige Bahnstreiks, trinken billigen Rotwein im Abteil und begegnen Menschen aus allen Lebensbereichen. Die Reise lebt von Improvisation und echten Begegnungen, nicht von Luxus oder festen Programmpunkten.
Statt einer einzigen luxuriösen Verbindung wie beim Orient-Express oder Great European Express, nutzen Chesshyre und Danny bis Istanbul 22 verschiedene Züge, von Regionalbahnen („Bummelzüge“) über Nachtzüge bis hin zu einfachen Waggons ohne Speisewagen. Dadurch erleben sie die Vielfalt des europäischen Bahnverkehrs – inklusive aller Unwägbarkeiten.
Chesshyre kombiniert historische Erkundungen mit modernen Reiseerfahrungen. Statt Nostalgie und Luxus steht die Auseinandersetzung mit dem heutigen Europa und seinen Veränderungen im Mittelpunkt: die Begegnung mit Menschen auf der gesamten Strecke – und die Erkenntnis, dass der Weg schlechthin das Ziel ist, dass Zugreisen eine besondere Art ist, Europa zu entdecken: langsam, spontan, offen für Überraschungen und mit viel Raum für Reflexion und Humor.
Tom Chesshyre kommt auf seiner Bahnfahrt, London einmal ausgenommen, durch zehn weitere europäische Hauptstädte, doch manche nutzt er nur zum Umsteigen. Sein Augenmerk gilt den Strecken zwischen den Orten. Wer also z. B. seine Eindrücke von Paris, Wien oder Rom erwartet, wird enttäuscht. Auch andere Halteorte sind eher willkürlich oder ganz nach seinen persönlichen Interessen ausgewählt. Erstaunlich sind Chesshyres Kenntnisse um historische und literarische Hintergründe einiger eigentlich unbedeutender Orte.
Tom Chesshyre lässt sich in seinem Bericht lang und breit über Züge, Zugstrecken und Bahnhöfe und deren Hintergründe aus. Das allein könnte langweilig oder ermüdend wirken. Ist es aber nicht, denn ist einfach gut geschrieben. Immerhin hat er über 20 Jahre als erfolgreicher Reisejournalist bei The Times hinter sich.
„Reisen sind – vielleicht wie das Leben – etwas Großartiges, wenn man sich ihrem Rhythmus anpasst und spontane Entscheidungen zulässt. Beim Zugfahren funktioniert das besonders gut.“
— Tom Chesshyre
