Stephan Orth, Couchsurfing in Russland - Wie ich fast zum Putin-Versteher wurde

Kategorie: Reisebücher des Monats ǀ

Stephan Orth war Reise-Redakteur bei Spiegel Online, bis er sich 2016 als freier Journalist selbstständig machte. 2015 brachte er sein Buch „Couchsurfing im Iran“ heraus. Es wurde zum Bestseller. Jetzt legt Stephan Orth nach. Sein neuestes Buch „Couchsurfing in Russland – Wie ich fast zum Putin-Versteher wurde“ behandelt erneut ein Land, das in den Medien zwar häufig vertreten ist, allerdings weniger als Reiseziel in den Mittelpunkt des Interesses rückt.

 

Couchsurfing Russland; (c)amazon.de *

Es spielt eigentlich gar keine Rolle, ob man sich für Russland interessiert oder nicht. Wer dieses Buch * in die Hand nimmt, wird zunächst einmal fasziniert sein von der großen Sprachvielfalt Stephan Orths. Sein immenser Wortschatz sowie seine Art sich auszudrücken, beeindrucken ebenso wie sein nicht minder großes Wissen über das riesige Russland, das er unterwegs als an Allem interessierter Couchsurfer erlebt.

Couchsurfing ist ein internationales Netzwerk, das die kostenlose Nutzung privater Gastfreundschaft ermöglicht. Mehr als 10 Millionen registrierte Mitglieder in den meisten Ländern der Erde sind ihm angeschlossen, die anderen Mitgliedern einen kostenlosen Schlafplatz und somit ein Stück privaten Alltag anbieten.

Stephan Orths Reise beginnt im Sommer 2016 und dauert zehn Wochen. Er sucht sich seine potenziellen Gastgeber im Internet sorgfältig aus. Er will zu den „normalen Menschen, die normale Dinge tun“. Was beschäftigt sie? Wovon träumen sie? Und er will Putin verstehen, besser gesagt, die Wirkung, die dieser auf die Menschen in Russland hat. Für Stephan Orth ist klar: das wird kein Urlaub, das ist etliche Male mitgelebter Alltag auf Zeit.

Seine Reisestrecke kann man auf den Landkarten in den Umschlagklappen nachverfolgen. Zwischen dem Start in St. Petersburg und dem Ziel Wladiwostok bewegt er sich überwiegend im russischen Süden und benutzt Flugzeuge, Eisenbahnen, Busse, Taxis und private Pkws aller Klassen, um seine geplanten Etappenziele wie zum Beispiel Wolgograd, die Krim, Nowosibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk und Jakutsk zu erreichen. Wichtig sind ihm in erster Linie die Begegnungen mit vielen unterschiedlichen Menschen, die er dank einer überwältigenden Gastfreundschaft sehr intensiv kennen lernt. In vielen Gesprächen und Diskussionen kommt er Stück für Stück der russischen Seele näher. Er lässt die Personen selbst zu Wort kommen und erfährt neben historischen, politischen und wirtschaftlichen Hintergründen auch viel über ihre alltäglichen Probleme. Am Ende versteht er, was Putins Popularität ausmacht und wie sein Land funktioniert. Den Einfluss der staatlichen Medien auf das, was die Menschen denken, bekommt er jeden Tag aufs Neue mit.

Stephan Orth beschreibt seine Erlebnisse und die gemachten Erfahrungen sehr genau. Sein ganz persönlicher Stil und seine außergewöhnliche Fähigkeit, auch Widrigkeiten mit einer Leichtigkeit zu schildern und alles mit einem feinen Humor wiederzugeben, machen den Reisebericht zu einem lesenswerten Vergnügen für jedermann.

Stephan Orth, Couchsurfing in Russland - Wie ich fast zum Putin-Versteher wurde *, Taschenbuch mit 256 Seiten, 16,99€, Malik Verlag