Was ist typisch irisch? *
Eines zum Thema „typisch irisch“ gleich vorweg, entgegen aller Klischees sind nämlich lediglich neun Prozent der Iren rothaarig, in Deutschland sind es vergleichsweise aber zwei Prozent, mehr Menschen mit roter Haartracht als in Irland gibt es jedoch in Schottland. Was auch nicht jeder weiß: Halloween ist ein ursprünglich keltischer, nicht amerikanischer Brauch. Außerdem ist Irland das einzige Land, das bislang insgesamt sieben Mal und damit am öftesten den Eurovision Song Contest gewonnen hat. Und auch sonst hat der kleine Inselstaat so allerhand Eigenheiten zu bieten. So lockt die grüne Insel mit ihren rund 4,95 Millionen Einwohnern immer mehr Urlauber an und dazu trägt insbesondere folgender Umstand bei, der typisch irisch ist:
Die irische (Gast-)Freundlichkeit und Offenheit: Die Iren gelten als ein offenes und freundliches Volk und die meisten Menschen sind tatsächlich äußerst nett und hilfsbereit. Selbst wenn man ihnen zum Beispiel im Weg steht oder versehentlich einen Einheimischen anrempelt, ist es der Betroffene, der sich dafür entschuldigt, obwohl er offensichtlich keine Schuld daran trägt. Auch fragen die Iren immer, wie es einem geht und sind jederzeit zu Smalltalk bereit.
Typisch irisch sind außerdem:
Die irische Sprache: Der Inselstaat ist mit seinen 70.182 km² zwar ein eher kleines Land, in dem es sogar mehr Schafen als Menschen gibt, aber eine eigene Landessprache existiert dennoch: Gälisch. Egal ob Bus oder Haltestelle – sämtliche Informationen sind auf Englisch und Gälisch zu lesen, ebenso auf den Verkehrsschildern, selbst in die EU-Reisepässe hat es diese eigenartig klingende Sprache mit keltischem Ursprung geschafft. In erster Linie im Westen des Landes trifft man auf Menschen, die die Nationalsprache auch tatsächlich sprechen, dort wird sogar der Schulunterricht mancherorts auf Gälisch und nicht auf Englisch abgehalten. In Dublin hingegen trifft man eher selten auf jemanden, der die besondere Nationalsprache gut beherrscht. Insgesamt sprechen aber nur 1,8 Prozent der Bevölkerung täglich Gälisch.
Das Wetter in Irland: Auch das irische Wetter verhält sich klischeegerecht: häufiger Regenfall und nicht sehr zuverlässig. Morgens von Sonnenstrahlen geweckt zu werden, um 30 Minuten später mit Regenschirm und Jacke das Haus verlassen zu müssen, steht an der Tagesordnung. Ungewöhnlich ist es auch nicht, wenn eine halbe Stunde später die Sonne angenehm warm vom Himmel strahlt. Deshalb gilt: Eine Regenjacke sollte niemals in der Tasche fehlen – etwas schwieriger gestaltet sich aber schon die Frage nach den passenden Schuhen.
Feen und Kobolde: Ohne ihre Kobolde können sich die Iren ein Leben wohl nicht vorstellen. Neben diversen Sagen und Geschichten gibt es für Interessierte in Dublin gleich ein ganzes Kobold-Museum. Den gleichen Stellenwert nehmen außerdem Feen ein: Gewisse Bäume würde man niemals fällen, da in ihnen der Sage nach Feen leben, und es Unglück bringen soll, würde man ihr Zuhause zerstören.
Straßenverkehr: Hier ist der Linksverkehr zu erwähnen, der wie in England auch auf der grünen Insel gilt. Außerdem wartet beinahe kein Fußgänger, bis die Ampel wieder grün leuchtet. Sobald sich die Gelegenheit ergibt, die Straße zwischen den Pkws zu überqueren, wird diese auch genutzt. Für manche eine Herausforderung können auch die vielen Kreisverkehre sein: Dabei wird so geblinkt, als würde man an einer Kreuzung stehen – das heißt, man blinkt gar nicht, möchte man den Kreisverkehr nur überqueren und gegenüber wieder verlassen. Wer allerdings die nächste Ausfahrt rechts nimmt, blinkt bei der Einfahrt in den Kreisverkehr rechts, Linksabbieger betätigen bereits beim Einfahren den linken Blinker. Das heißt: Bevor andere Autos in den Kreisverkehr einfahren, muss man diese bereits im Blick haben. Klingt kompliziert? Es lässt sich trotzdem gut bewältigen, insgesamt sind die Iren in der Regel nämlich entspannte Autofahrer.
Die Rushhour in Dublin: Gegen acht Uhr in der Früh startet die Rushhour in der irischen Hauptstadt, wobei sich der Verkehr in der Innenstadt in erster Linie auf Autos und Busse beschränkt. Dann dauert der Weg in die Stadt anstelle der üblichen halbe Stunde gerne mindestens 45 Minuten. In der Früh verspäten sich dabei aber die Busse nicht, anders verhält es sich am späten Nachmittag: Ein Bus taucht dann mitunter mit einer halben Stunde Verspätung an der Haltestelle auf oder ist bereits so voll, dass nur noch fünf weitere Menschen einsteigen dürfen – so werden aus 30 Minuten Heimweg schnell eineinhalb Stunden.
Toast, Toast, Toast: Ein Toast mit Bohnen und Würstchen ist am Frühstücksteller der Iren nichts Ungewöhnliches, morgens wichtig aber vor allem eines wichtig: Toast mit gesalzener Butter. Mindestens zwei Toastscheiben müssen es jeden Morgen sein. Oft wird zu Mittag ein Sandwich verzehrt, was einen täglichen „Toastverbrauch“ von mindestens vier Scheiben ergibt. Übrigens landet auf einem irischen Sandwich beinahe alles, was der Kühl- und Küchenschrank hergibt, selbst Chips finden auf diese Weise mittags den Weg in den Magen der Iren.
Essen aus dem großen Topf: Ein typisch irisches Gericht ist der Guinness Pie – in diesem sind zwei der Hauptnahrungsmittel enthalten, nämlich Rindfleisch und Guinness-Bier. Außerdem wichtig: Es wird in einer Auflaufform zubereitet. Das Äquivalent dazu mit Lammfleisch ist das Irish Stew aus Fleisch mit viel Gemüse. Im Ofen gebacken und von einem Blätterteig bedeckt ist der köstliche Shepards mit einer deftigen Füllung aus Rinderhack und Erbsen. Neben dem notwendigen großen Kochtopf haben diese drei Gerichte noch etwas gemeinsam: Danach ist ein Verdauungsspaziergang ratsam. Übrigens landen in Irland nicht nur Lamm- und Rindfleisch oft am Teller, sondern auch Meeresfrüchte – schließlich ist man, egal an welchem Ort im kleinen Irland, stets nur maximal zwei, drei Stunden Autofahrt von der Küste entfernt.
Die große Pub-Dichte in Dublin: In der irischen Hauptstadt gibt es ein Pub pro 100 Einwohner. Und jährlich konsumieren die Iren pro Kopf etwa 130 Liter Bier. Das typisch irische Bier ist das Guinness: dunkel und sehr süßlich. Bemerkenswert ist außerdem, dass seine Bläschen nicht aufsteigen, sondern – dank seiner besonderen Form – im Guinness-Glas absinken: In der Glasmitte steigen die Bläschen zwar nach oben, an den Wänden sinkt die Flüssigkeit aber aufgrund der Strömung nach unten ab. Guinness wird übrigens meist nicht zum Essen genossen, sondern in erster Linie im Pub. Ebenso beliebt ist das etwas hellere Kilkenny. Apropos Alkohol: Typisch irisch ist auch der Whiskey – das Wort stammt vom gälischen „Uisce Beatha“: Wasser des Lebens. Die älteste schriftliche Erwähnung des Whiskeys stammt aus den irischen Annalen von Clonmacnoise, aus dem Jahre 1405. Damit schlägt der irische Whiskey den schottischen Scotch wenigstens in Bezug auf das Alter. Es gibt aber noch mehr als das „e“, welches den irischen Whiskey vom schottischen Whisky unterscheidet: In Irland wird bei der Destillation teilweise eine Mischung aus gemälzter (seit mehreren Tagen eingeweichte Gerste, die zu sprießen beginnt) und ungemälzter Gerste verwendet, in Schottland setzt man ausschließlich auf gemälzte Gerste.
Der typische Ire: Der typische Ire soll generell gelassen sein – so kann es durchaus sein, dass ein Handwerker zwei Stunden später als vereinbart erscheint. Wer gelassen ist, hat mehr Zeit für Geselligkeit: Gerne sitzen die Iren gemütlich zusammen, bevorzugt im Pub, oder nutzen jede Gelegenheit, um miteinander zu musizieren. Die Familie, Freunde und Nachbarn sind sehr wichtig. In ländlichen Regionen ist es tagsüber außerdem durchaus üblich, die Haustüre offen oder angelehnt zu lassen, wenn die Bewohner zu Hause sind. Schließlich würde es sonst nahezu pausenlos an der Tür klingeln: Vor allem an den Wochenenden herrscht in vielen Haushalten bzw. Großfamilien nämlich ein ständiges Kommen und Gehen. Gemeinhin gilt der Ire als guter Geschichtenerzähler – daran mag wohl etwas dran sein: Schließlich kann das kleine Land am Rande Europas in puncto Weltliteratur gut mithalten.
Ein literarisches Land: Seit 2010 ist Dublin als UNESCO-Literaturstadt anerkannt, bislang bekamen bereits vier irische Autoren den Literaturnobelpreis: William Butler Yeats (1923, George Bernard Shaw (1925), Samuel Beckett (1969) und Seamus Heaney (1995). Der wohl bekannteste Schriftsteller des Landes ist James Joyce, dessen Meisterwerk „Ulysses“ an einem einen einzigen Tag, am 16. Juni 1904, in Dublin spielt.
Irische Musik: Weltweit bekannt ist außerdem Irish Folk, die typisch irischen Klänge kann man überall im Land hören, etwa in Irish Pubs. Auch im Bereich der populären Musik hat das kleine Irland erstaunliche Talente zu bieten: zum Beispiel U2, Sinéad O’Connor, die mittlerweile verstorbene Sängerin von The Cranberries, Dolores O‘Riordan, Van Morrison, Enya, Thin Lizzy oder Boyzone. Anfang der Neunzigerjahre hat Irland außerdem in vier von fünf Jahren den Eurovision Song Contest gewonnen. Seit Beginn des Contests 1956 ging Irland sogar sieben Mal als Sieger hervor – damit rangiert es auf Platz eins in der ewigen Rangliste der Show. Der erfolgreichste Act dabei ist übrigens Riverdance aus dem Jahr 1994.
Der St. Patrick’s Day: Jahr für Jahr am 17. März steht Irland Kopf: Nun bekommen fast alle heimatliche Gefühle. Daher suchen sie sich möglichst viele grüne Kleidungsstücke aus dem Schrank – das tun natürlich alle Iren weltweit: Gefeiert wird dieser Tag nämlich zu Ehren des irischen Bischofs und Schutzpatron Patrick; dieser lebte im 5. Jahrhundert und gilt dem katholischen Glauben nach als Heiliger – und soll ein grünes Kleeblatt dazu verwendet haben, die christliche Heilige Dreifaltigkeit zu erklären. Der St. Patrick’s Day wird mittlerweile auch außerhalb des Landes mit Straßenumzügen oder Festivals gefeiert, dafür sorgen vor allem ausgewanderte Iren. Anlässlich dieses Tages wird in Chicago übrigens jedes Jahr der Chicago River mit pflanzlichen Farbstoffen grün gefärbt.
(Elisabeth Pfurtscheller)
Gewusst?
Bis in die 1920er-Jahre war es in Teltown nahe von Meath besonders einfach möglich, am Tag der St. Bridgids am 1. Februar zu heiraten: Dazu mussten zwei Menschen lediglich aufeinander zulaufen – und schon war die Ehe gesetzlich anerkannt. Genauso einfach war eine Scheidung im Jahr darauf am selben Tag möglich: Dazu mussten sie nur am selben Punkt wieder auseinander gehen. Irland ist außerdem das einzige Land der Welt, das ein Musikinstrument als Nationalsymbol hat: Eine Harfe prangt auf dem irischen Wappen. Viele irische Nachnamen beginnen mit „Mac“ oder „O’…“, was in Gälisch „Sohn von“ und „Enkelsohn von“ bedeutet. Und das Weiße Haus in Washington D.C. hat ein Architekt aus Irland entworfen: Er gewann diesbezüglich 1792 eine Ausschreibung. Heute gibt es in Irland mehr Handys als Menschen. Dublin hat im europäischen Vergleich die jüngsten Einwohner: 50 Prozent der hier Lebenden sind jünger als 25 Jahre. Hingegen leben in Irland keine Schlangen – der Legende nach soll der irische Nationalheilige St. Patrick einst alle Schlangen von der Insel verjagt haben; es liegt aber vermutlich eher am Klima, dass Schlangen nur im Zoo zu finden sind: In der Eiszeit war Irland nämlich von einer Eisschicht überzogen, später konnten Schlangen die entstandene Insel nicht mehr erreichen. Auch Maulwürfe gibt es in Irland keine. Dafür regiert in Killorgin einmal pro Jahr ein Ziegenbock: Ein solcher wird während des Festivals Puck Fair vom 10. bis 12. August zum „King Puck“ der Kleinstadt gekrönt und auf eine Plattform gehoben – währenddessen wird ausgelassen getanzt, gefeiert und getrunken. Apropos Alkohol: Im Ranking des durchschnittlichen Bierkonsum pro Person weltweit belegt Irland den sechsten Platz. Allerdings wird in Nigeria mehr Guinness verkauft als in Irland, die höchsten Verkaufszahlen erzielt es in Großbritannien. In Dublin werden täglich 10 Millionen Pints Guinness produziert. Und der St. Patrick’s Day fällt zwar in die Fastenzeit, doch den Katholiken in Irland ist an diesem Tag das Fastenbrechen ausdrücklich gestattet. Happy Hours sind in Irland übrigens verboten.
Typisch irisch! ist ein Auszug aus: