Spurensuche im Heiligen Land

  • Berg und Kirche der Seligpreisungen

    Kirche und Berg der Seligpreisungen

  • Tabgha am See Genezareth

    Tabgha am See Genezareth, als christliches Hospiz um 1900 vom deutschen katholischen Verein für das Heilige Land gegründet

  • Blick auf den Kinneret vom Golan aus

    Blick auf den Kinneret vom Golan aus

  • Römische Thermen Gadet Hader

    Römische Thermen Hadet Gader

Unter Geiern

"Die Landschaft hier auf der Golan-Hochebene ist karg und fast baumlos, bis auf einige Pistazienbäume und Tabor-Eichen, im Winter und Frühjahr aber bedeckt von einem Blütenteppich. Der mit 51 Metern höchste Wasserfall Israels, der Gamla Wasserfall, stürzt hier in ein tiefes, grünes Wadi. Rund 100 auf den Felsen des Gamla-Canyons nistende Griffon-Geier bilden die größte Nist-Kolonie dieser schönen Vögel in Europa und im Nahen Osten. Seit 1994 wird diese Kolonie wissenschaftlich begleitet, ständig werden Volontäre gesucht, die sich gegen Unterkunft, Verpflegung und ein kleines Taschengeld an dieser Arbeit beteiligen. Sie kümmern sich auch um die verwaisten Geierküken, deren Mütter umgekommen sind, weil sie Mäuse oder anderes Kleintier gefressen haben, das seinerseits Pflanzen fraß, die mit giftigem Unkrautvernichter besprüht worden waren. In einer großen Voliere auf dem Gelände des Parks wachsen die Waisen auf, um später ausgewildert zu werden.
Ich sehe fast immer erstaunte Mienen, wenn ich von diesen Vögeln schwärme, die so gar nicht aussehen, wie man sich Geier gemeinhin vorstellt, also mit langen kahlen Hälsen, irgendwie bedrohlich wirkend, obwohl sie doch dafür sorgen, dass der Unrat beseitigt wird. Auch die Geier, die am See Genezareth leben, sorgen für Sauberkeit, indem sie Aas fressen, aber sie haben kurze Hälse mit kleinen Federchen, es sind ausgesprochen schöne, elegante Tiere, beige-braun mit fein gefächerten Randfedern an den mächtigen Schwingen.
Auf dem Weg zu dem tiefen Canyon, den der Gamla Fluss in Jahrmillionen gegraben hat, gelangte ich zu einem Ausguck, von dem aus ich, gut geschützt vor den scharfen Augen der Vögel, die Geier beobachten konnte. In der Eingangshalle des Ausgucks ist eine ausgestopfte Geiermutter mit ihrem Küken ausgestellt, sie waren am Aas von vergiftetem Kleingetier gestorben. Ein sehr trauriger Anblick.
Ganz dicht über das Dach des Ausgucks glitt einer der Geier, als ich dort oben war, nur Zentimeter entfernt, es war ein überwältigender Anblick. Der große Vogel ließ sich vom Luftstrom tragen, ohne einen einzigen Flügelschlag. Er gesellte sich zu seinen Verwandten, die im Himmel über dem Canyon schwebten in einem schwerelos gleitenden Tanz, ein unvergesslicher Reigen in der Bläue des Sees und des Himmels."

Rieber Israel Reisebuch

Textauschnitt aus dem Buch von Gretel Rieber, Israel neu entdecken *, Touren durch das Heilige Land

Fotos zum Kapitel 2 - Spurensuche im Heiligen Land 

Weiter zum nächsten Kapitel: "Gute Orte" am See Genezareth