Bevölkerung und Wirtschaft von Formentera

Von den Urbewohnern kündet das Großsteingrab Ca Na Costa am Salzsee. Diese ersten Siedler, so nimmt man anhand der Grabfunde an, kamen aus dem Norden. Wahrscheinlich legten sie mit primitiven Booten irgendwo an der südfranzösischen Küste ab und fuhren, vom Nordwind Tramuntana getrieben, der Sonne entgegen. Nach ihnen kamen die Phönizier und die Römer, es folgten Franken, Vandalen und andere Eroberer, die auf die große Schwesterinsel Ibiza scharf waren und Formentera als Zugabe ansahen.

Muslimische Araber beherrschten ab 902 die Inseln, wurden aber im Jahre 1235 von den christlichen Eroberern aus Katalonien und Aragonien vertrieben. Mit den Katalanen fühlen sich die Formenterenser durch die Sprache verbunden. Die Spanier vom übrigen Festland dagegen liegen ihnen weniger.

Noch bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts mussten sich die Männer von Formentera auf fremden Schiffen verdingen, weil es zu Hause keine Arbeit gab. Viele blieben über Monate fern der Heimat, andere wanderten aus, hauptsächlich nach Kuba und Uruguay. Doch mit dem Tourismus, der in den 1960er-Jahren begann, kehrten sich die Verhältnisse um: Nun kamen Zuwanderer aus den ärmeren Festlandsregionen wie Andalusien und Murcia, aber auch aus Marokko und Südamerika; sie kellnerten in einem Restaurant oder schufteten in der Bauwirtschaft – und nicht wenige dieser Gastarbeiter wurden hier heimisch. Von den 8.600 Inselbewohnern sind etwa 2.500 ausländischer Herkunft. 1.400 der Ausländer stammen aus den EU-Ländern, und 700 von ihnen kommen aus Deutschland. Diese Residenten leben ganzjährig oder für Monate auf Formentera, unter ihnen Maler und Musiker, Träumer und Tunichtgute, aber auch Tatkräftige.

Es gibt Leute, die eine Zahnarztpraxis betreiben oder Mode entwerfen, es gibt eine größere Anzahl von Residenten, die von der Rente leben und einige wenige, die auch mal mit der Guardia Civil Ärger haben. Eine bunte Mischung also. Die Formenterenser gehen mit dem hohen Anteil an fremden Mitbürgern recht gelassen um. Vielleicht, weil es dort Tradition hat. »Sie werden wieder weggehen – oder so wie wir werden«, sagen die Alten und vertrauen der Erkenntnis: Kleine Inseln prägen ihre Bewohner.

Haupteinnahmequelle ist heute der Tourismus. In den rund 10.000 Fremdenbetten übernachten jährlich an die 150.000 Besucher. Ob als Besitzer einer Pension, Angestellter in einem Hotel, Kellner oder Inhaber eines Restaurants, ob hinter der Ladentheke eines Souvenirgeschäfts oder am Computer einer Fahrzeugvermietung – in dieser oder jener Weise hat fast jeder auf der Insel etwas mit dem Fremdenverkehr zu tun. Aber es gibt auch noch einige Bauernhöfe, die von den Familien in traditioneller Weise bewirtschaftet werden. Meist sind es die Alten und die Frauen, die sich um die Schafe kümmern, den kleinen Weingarten bestellen, die Oliven und Feigen pflücken, während die Jungen in einem Büro oder in einer Autowerkstatt arbeiten oder in Barcelona studieren.

Früher wurden Schafwolle, Ziegenhäute, Käse und Trockenfische, getrocknete Feigen, Holzkohle und Steine zu den Nachbarinseln und von dort weiter aufs Festland verkauft. Die einzig große Einnahmequelle war über viele Jahrhunderte das Salz der Salinen. Doch das wird seit Mitte der 1980er-Jahre nicht mehr geerntet; es lohnte sich wohl nicht mehr. Auch Ackerbau, Viehzucht und Fischfang dienen seit Längerem in erster Linie dem Eigenbedarf. Auch wenn es seit ein paar Jahren eine Bestrebung gibt, einige landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Honig oder Wein als Originalprodukte der Insel zu vermarkten, mehr als ein kleines Zubrot wird daraus nicht erwachsen.