Typisch Spanisch

Benidorm Strand
Badeurlaub an der Costa Blanca ©HarryFabel-Pixabay

Was ist typisch spanisch? I *

Spain is different

Spanien ist anders: Unter diesem Motto gelang es dem faschistischen General Franco bereits in den frühen 60er-Jahren, den Tourismus des Landes voranzutreiben. Bekanntermaßen unterscheidet sich die spanische Lebensart in vielen Bereichen tatsächlich von der deutschen Mentalität. Doch was ist nun wirklich typisch für Spanien?

Spanien – vor allem die Balearinsel Mallorca – zählt unumstritten zu den liebsten Urlaubsdestinationen der Deutschen und die meisten wissen über die typischen Besonderheiten und Klischees in Bezug auf Land und Leute Bescheid: Mentalität und Lebensart von Spaniern und Deutschen sind in mancher Hinsicht wirklich sehr unterschiedlich. Das liegt größtenteils aber auch daran, dass im Süden ein völlig anderes Klima als in unseren Breitengrad herrscht; in diesem Zusammenhang tritt gleich ein weiteres Klischee auf, das häufig doch der Realität entspricht: Die Menschen im Norden agieren – im Vergleich mit den heißblütigeren, mitunter chaotisch anmutenden Südländern – kühler und zurückhaltender.

Die typisch spanische Gelassenheit:
Doch auch wenn Spanier als feuriger gelten als die Deutschen, ihr Lebensrhythmus ist im Vergleich zu Deutschland deutlich langsamer und gemächlicher. So schnell lässt man sich nicht aus der Ruhe bringen. Während bei uns „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“ gilt, hört man in Spanien oft „mañana“, das für morgen steht, aber auch übermorgen oder der darauf folgende Tag heißen kann. Mit Stress, Eile oder Zeitdruck können sich Spanier nicht anfreunden.

Ohne Siesta geht gar nix:
Spanien ist bekannt für die lange Mittagsruhe und den Spaniern haftet aus diesem Grund auch das Vorurteil des faulen Südländers an. Allerdings ist zu bedenken, dass die Siesta vor allem im Sommer aufgrund der Hitze auch notwendig ist. Oft steht man deshalb zwischen 13:30 bis mitunter 17:00 Uhr vor verschlossenen (Geschäfts-)Türen. Im Winter findet die Siesta jedenfalls nicht statt, weil die Temperaturen dann kühler und leichter zu ertragen sind. Längst haben außerdem in Büros und Supermärkten Klimaanlagen Einzug gehalten, die dafür sorgen, dass auch im Sommer nicht immer Siesta gehalten wird. Typisch spanisch ist die Siesta aber trotzdem. Geschäfte haben im Gegenzug außerdem meistens am Abend auch länger geöffnet.

Spanier sind unüberhörbar:
Laut sind Spanier wirklich, das kann wohl jeder bestätigen, der sich in einem spanischen Café schon einmal gefragt hat, ob sich die Mädelsrunde am Nachbarstisch nun gerade streitet oder doch nur Neuigkeiten austauscht. Generell sparen Spanier nicht an Lautstärke und Gestik, wenn sie sich miteinander unterhalten – und es gilt tatsächlich: Wer am lautesten spricht, der gewinnt. Das heißt aber nicht, dass es sich um einen Streit handelt. Interessantes Detail: Spanisch ist die am schnellsten gesprochene Sprache der Welt. Übrigens klingt das Deutsche in spanischen Ohren sehr hart und mitunter auch aggressiv. Und laut sein dürfen in Spanien auch die Kinder, es stört niemanden, wenn die Kleinen lautstark toben, egal zu welcher Uhrzeit. Nicht nur die Gespräche der Spanier sind unüberhörbar, auch Mülltonnen werden mitunter nachts geleert oder die Musikkappelle spielt bis in die frühen Morgenstunden – ein hoher Lärmpegel herrscht in vielen Bereichen des Alltags und keiner scheint sich daran zu stören. Nicht umsonst belegt Spanien Platz 2 der lautesten Länder der Welt. 

Nationalgericht © Pixabay.com
Die Paella ist eines der spanischen Nationalgerichte © Pixabay.com

Gegessen wird spät:
In Spanien stellt das Abendessen die Hauptmahlzeit dar und dabei wird richtig geschlemmt. Dazu versammeln sich die Spanier frühestens um 20:00 Uhr, meistens erst gegen 22:00 Uhr, um gemeinsam mit Freunden und der Familie – auch die Jüngsten sind selbstverständlich dabei – Brot, Aioli, Serrano-Schinken, Paella, das Nationalgericht Tortilla de Patata (Kartoffelomelette) oder Tarta da Santiago, dem typischen Mandelkuchen mit Jakobskreuz, zu verzehren. Fehlen dürfen außerdem Vino tinto, Cerveza oder Sherry nicht. Leichte Kost gibt es hingegen morgens (z.B. Churros – Ölgebäck) und mittags – das hängt aber natürlich auch mit dem Klima zusammen: Auch in Deutschland würde man bei 41° C im Schatten um 13:30 Uhr keinen Schweinebraten verzehren.

Nationalhymne ohne Text:
Die Marcha Real hat keine Worte und ist eine der ältesten Nationalhymnen in Europa. 2008 bestanden Bestrebungen, das zu ändern, damit Sportler bei wichtigen Wettkämpfen ihre Hymne singen können – im Rahmen eines Bewerbs fanden sich sogar mehr als 7.000 Textvorschläge, doch die Öffentlichkeit lehnte, bevor es zur Siegerehrung kam, diese Idee ab und so singen die spanischen Sportler die Marcha Real bis heute ohne Text.

Straßenschmuck © SJTUK-pixabay.com
Bei einer Fiesta werden die Straßen festlich geschmückt © SJTUK-pixabay.com

25.000 Fiestas pro Jahr:
Man sagt den Spaniern nach, dass sie gesellige Genussmenschen sind und gerne feiern – das muss wohl stimmen, betrachtet man die unglaubliche Zahl von 25.000 Fiestas jährlich. Diese werden zu Ehren der regionalen Schutzheiligen veranstaltet. Der typische Spanier verbringt gerne Zeit mit seinen Mitmenschen – die Freizeit wird meistens gemeinsam, mit der Familie, Nachbarn und Freunden, verbracht. In der Regel trifft man sich aber nicht zu Hause, sondern in Restaurants, Bars oder bei einer Fiesta.

Familie und Freunde stehen an erster Stelle:
Selten definieren sich Spanier über ihre Karriere, für ihre Identität bestimmend ist die Familie und das Umfeld. Die Familie lässt sich in Spanien durchaus als Heiligtum bezeichnen – am meisten Zeit wird mit der Familie verbracht. Kinder lieben die Spanier und entlocken ihnen immer mindestens ein Lächeln, vor allem Frauen streicheln auch fremden Kleinkindern gerne über den Kopf. Generell werden Beziehungen sorgfältig gepflegt und beinahe alles unternimmt man gemeinsam mit anderen. Der typische Spanier schafft sich gerne eine Umgebung, in der er sich wohl fühlt – in der Familie und mit Freunden. In Spanien ist man jemand, wenn man einer Gruppe angehört – egal ob unter Nachbarn, im Beruf oder in bei Freizeitaktivitäten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl in Spanien ist so groß, dass viele selbst zur Beerdigung der Eltern eines Arbeitskollegen gehen, welchem sie nicht sehr nahe stehen. Generell gilt, dass zwar jeder für sein Tun verantwortlich ist, bei einer Entscheidung wird das Interesse der Gruppe aber immer berücksichtigt.

Besondere Tage:
In Spanien macht man „Aprilscherze“ traditionell am 28. Dezember, dem Tag der unschuldigen Kinder, Weihnachtsgeschenke haben die Heiligen drei Könige, am 6. Januar, im Gepäck. und Unglück bringt nicht ein Freitag, sondern ein Dienstag, der 13.

Unpünktlichkeit ist kein Problem:
Im Gegensatz zu den Deutschen sind Spanier nicht dafür bekannt, großen Wert auf Pünktlichkeit zu legen. Bei Verabredungen ist eine Verspätung also kein Problem – mehr als 30 Minuten sollten es aber nicht sein, das gilt auch in südlicheren Breitengraden als nicht sehr höflich.

Beliebteste Spirituose:
Keineswegs ist Sangria das Nationalgetränk der Spanier, wie es Ballermann-Touristen und Co gerne vermuten – Spanien ist nämlich das Land mit dem höchsten Gin-Konsum pro Kopf in Europa.

Ein Beso zur Begrüßung:
Auch bei der ersten Begegnung begrüßt man sich in Spanien gerne mit einem Küsschen auf die Wangen, während in Deutschland ein Händeschütteln als freundliche Begrüßung reicht. 

(Elisabeth Pfurtscheller)

Zahn © bigbear-pixabay.com
Die Zahnfee war da © bigbear-pixabay.com

Gewusst? Die bei Kinder so beliebten Lollis sind eine spanische Erfindung: Im Jahre 1958 durften sich die Kleinen über die ersten Chupa Chups (von span. ghupar = schlecken, saugen“) mit einem floralen Logo von Salvador Dalí freuen. Und fällt spanischen Kindern ein Milchzahn aus, bringt ihnen die Zahnmaus, Ratoncito Perez, statt der Zahnfee ein kleines Geschenk. Spanien ist das einzige europäische Land, in dem Bananen wachsen – auf den Kanarischen Inseln ist der Anbau von Bananen nach dem Tourismus sogar die zweitwichtigste Einnahmequelle. Außerdem ist es in Spanien offiziell gestattet, den König und die Nationalhymne auszubuhen. In Spanien ist nicht Freitag, sondern Dienstag, der 13. ein gefürchteter Unglückstag – und was in vielen Ländern der 1. April ist, das ist der 28. Dezember, der Tag der unschuldigen Kinder, am dem man sich gegenseitig Scherze spielt. Die am meisten verkaufte Zeitung des Landes nennt sich Marca – dabei handelt es sich um eine reine Sportzeitung. Bis 2015 hatte Spanien das jüngste Heiratsalter in Europa, damals setzte man das gesetzliche Mindestalter von 14 auf 16 Jahre herauf. Seit 2010 ist übrigens die Spanierin Ángeles Durán die Besitzerin der Sonne – für die notarielle Beglaubigung zahlte sie lediglich 30 Euro. Wenn in Spanien jemand niest, hört er „Jesús!“ von allen Seiten – es ist das spanische Pendant zu „Gesundheit“: Einst glaubte man nämlich, dass man beim Niesen seine Seele verliert, das sollte Jesus verhindern. Übrigens bezeichnen die Spanier die Deutschen mitunter als „cabezas cuadradas“: Quadratköpfe – das soll mit einer gewissen Sturköpfigkeit, Langeweile und Regelliebe zusammenhängen. Spanien hat insgesamt übrigens fast so viele Einwohner wie jeden Tag Menschen weltweit bei McDonald’s essen. Um Babys in Zukunft vor Unheil zu schützen, wird in Castrillo de Murcia Baby Jumping am Sonntag nach Fronleichnam veranstaltet: Ein als „El Colacho“ (eine Mischung aus Teufel und rot-gelbem Clown) verkleideter Dorfbewohner springt dabei über mehrere Säuglinge, die auf einer Matratze platziert sind. In einem anderen kleinen Dorf, in As Neves, feiern jedes Jahr alle Bewohner, die im Jahr zuvor dem Tod knapp entronnen sind, ihre Gesundheit: Früher legte man diese dazu in Särge und trug sie durchs Dorf, mittlerweile werden aber nur noch die leeren Särge durch den Ort getragen.

 

Typisch spanisch! I ist ein Auszug aus:

Länderklischees
Alle Iren haben rote Haare