Prag Reiseführer / Das andere Prag

Petřín

Der Petřín (Laurenziberg) ist ein beliebter Entspannungsort, sowohl bei Touristen als auch bei den Pragern. Der Hügel lässt sich hervorragend auf vielen verschiedenen Wegen zu Fuß erklimmen, oder man entscheidet sich für die Standseilbahn, mit der man mit einem Metro-Ticket kostenlos fahren kann. Bei der eigenartigen Mauer handelt es sich um die Hungermauer, die der Sage nach Karl IV. 1360 erbauen ließ, um nach einer Missernte Arbeitsplätze zu schaffen. Die Arbeiter wurden mit Lebensmitteln aus den königlichen Vorratskammern entlohnt. Das kleine Türmchen auf dem Hügel ist eine Nachbildung des Pariser Eiffelturms aus dem Jahre 1891, nur ungefähr fünfmal kleiner als das Original. Am Fuße des Berges findet sich ein eindrucksvolles Denkmal für die Opfer des Kommunismus.

 

Vrtbovská zahrada/Vrtba-Garten

Der Vrtba-Garten befindet sich in einem Hauseingang auf der Kleinseite versteckt. Seit 1999 wird der 1720 entstandene Barock-Garten von einem Postunternehmen betrieben. Das mag etwas dubios wirken, tut dem grandiosen Erlebnis aber keinen Abbruch. Neben all den Statuen und Beeten ist es vor allem der Ausblick, der begeistert. Vom oberen Ende des Etagengartens hat man eine großartige Perspektive auf die Prager Burg und den Rest der Stadt.

 

Stromovka

Ist einem Divoká Šárka zu weit ab vom Schuss, um Energie im Grünen zu sammeln und will man doch eigentlich nur den Hund ausführen, so lohnt sich ein Spaziergang im Stromovka-Park, dem größten Park der Stadt. Überquert man in seinem Norden die Moldau, kann man den Zoo, der als einer der schönsten weltweit gilt, oder das Schloss Troja besuchen.

Auf dem Olšany Friedhof fanden zahlreiche prominente Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte.
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Olšanské hřbitovy/Olšany Friedhöfe

Die Friedhofsanlage im Osten der Stadt entstand einst im 17. Jahrhundert, als man nach einer Möglichkeit suchte, die Pesttoten vor den Toren der Stadt zu begraben. Seitdem gelten die Olšany Friedhöfe als die größte Grabanlage Tschechiens. Die Jugendstilgrabsteine und allerlei Efeu versprühen eine sehr besondere Atmosphäre. Einen Teil der Olšany Friedhöfe bildet der Nový žídovský hřbitov, der Neue Jüdische Friedhof. Hier liegt auch Franz Kafka begraben.

 

Valdštejnská zahrada/Wallenstein-Garten

Der Wallenstein-Garten auf der Kleinseite ist eine Oase der Ruhe. An heißen Sommertagen ist die Kühle zwischen den Bäumen oder auf dem Rasen überaus angenehm und auch die Pfauen, die den Park bewohnen, machen es sich hier gern gemütlich. Eine Außenwand ist im Stile einer Tropfsteinhöhle gestaltet. In der Mauer versteckt sind viele steinerne Tiergestalten, die allerdings gut getarnt sind. Viel Spaß beim Suchen!

Ist man nach dem Aufenthalt im Garten wieder voller Energie, lohnt ein Ausflug zur Metro-Station Malostranská. Vor dem Eingang sprudelt in den warmen Monaten ein Trinkbrunnen vor sich hin. Hält man eines der Löcher in den Kugeln zu, spritzt das Wasser aus dem anderen doppelt so weit heraus, und hält man beide Löcher zu, so dass sich ein Druck aufbaut, und lässt dann ein Loch los, ergießt sich ein meterlanger Strahl quer über den Platz. Ein schöner Spaß und eine hervorragende Abkühlung – wenn gerade niemand zusieht!

Prager Gesichter

Josef Jungmann, 1733–1847

Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts durchfegt die Welle der nationalen Wiedergeburten die slawischen Länder und so auch Böhmen, Mähren und Schlesien. Es wird ein neues, tschechischsprachiges Schulsystem aufgebaut, in Prag werden das Nationaltheater und das Nationalmuseum gegründet. Zentrale Bedeutung kommt der tschechischen Sprache zu. 130 Jahre lang wurde die Sprache nur gesprochen, die Literatur- und Wissenschaftssprache war Deutsch. Unter anderem Josef Jungmann nahm es sich zum Ziel, das Tschechische wieder zu beleben. Sein 1839 erschienenes fünfbändiges Wörterbuch Tschechisch-Deutsch ist bis heute Grundlage der tschechischen Schriftsprache. Um zu zeigen, zu was das Tschechische alles in der Lage ist, übersetzte Jungmann Goethe und andere Autoren und schrieb selbst Sonette und weitere Literatur. Aus dieser Zeit rühren die großen Unterschiede zwischen gesprochener Sprache und tschechischer Schriftsprache her sowie das Phänomen, dass das Tschechische eine der fremdwortärmsten Sprachen Europas ist.

 

Nový Svět/Neuwelt-Gasse

Die Neue Welt war einst ein armer Vorort vom Burgviertel. Später lebten hier die Künstler und heute, trotz der Nähe zur Prager Burg, ist sie eine der wenigen von den Touristen noch nicht entdeckten letzten Perlen Prags. Hier wohnte schon Tycho Brahe. In der Nummer 2 gibt es ein sehr nettes Familiencafé mit kleinem Innenhof. Besucht man die Neuwelt-Gasse am Abend, wenn die Laternen ihr gelbliches Licht auf die Pflastersteine werfen, ist das Zeitreisegefühl perfekt.

 

Palác Lucerna/Lucerna-Passage

Vom Wenzelsplatz gehen einige Passagen ab, in denen man dem Trubel des Zentrums oft ganz gut für eine Weile entgehen kann. Die Lucerna-Passage, die die Straßen Vodičkova und Štěpánská verbindet, ist wohl die prächtigste von allen. Gebaut wurde sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts und ist so der älteste Passagenbau Prags. Hier trafen gesellschaftliches, kulturelles und geschäftliches Leben der Stadt aufeinander.

Auch heute noch gibt es hier allerlei Läden und Cafés. Im Kino Lucerna werden seit über 100 Jahren Filme gezeigt, auf den Sitzen im historischen Saal saßen bereits mehr als 1 Million Zuschauer. Die Lucerna Music Bar war früher ein Kabarett. Heute gibt es Konzerte und jeden Freitag und Samstag legendäre 80er und 90er-Partys. In der Mitte der Passage hängt seit dem Jahr 2000 eine Statue von der Decke: Ein totes Pferd, auf dem der Schutzpatron der Tschechen, der Heilige Wenzel sitzt. Sie spielt auf die Reiterstatue am oberen Ende des Wenzelsplatzes an. Laut dem Künstler, David Černý, soll die Statue hier so lange hängen, bis Tschechien wieder eine Monarchie wird.

 

Břevnovský klášter/Kloster Břevnov

Das Kloster Břevnov wurde 993 als erstes Männerkloster in den böhmischen Ländern gegründet. Der Klostergarten ist begehbar. Ideal lässt sich ein Spaziergang hier in der Morgensonne mit einem Besuch der Morgenandacht Montag bis Samstag um 7:00 Uhr in der Barockkirche der Heiligen Margareta verbinden. Die Kirche inspirierte auch den Architekten des Dresdner Zwingers bei seinen Arbeiten.

Auch in den Abendstunden lohnt ein Besuch: Seit dem 13. Jahrhundert ist die Existenz der klostereigenen Brauerei belegt. Sie gilt so heute als die älteste Brauerei Tschechiens. Das Bierbrauen in den Klöstern war damals keine Seltenheit. Es diente hauptsächlich dazu, um gut genährt über die Fastenzeit hinweg zukommen. Seit 2003 ist die Brauerei wieder in Betrieb. Das hier gebraute Břevnovský Benedict kann heute in der Klosterschenke (Klášterní šenk) gekostet werden.

Die Kafka-Skulptur besteht aus 42 beweglichen Teilen. © sanek3375 - Pixabay.com

Prager Gesichter

Franz Kafka, 1883–1924

Kafka ist Prag und Prag ist Kafka. Na ja, ein wenig vielleicht. Fakt ist: Auf den in den Touristenlädchen zu erwerbenden T-Shirts und Jutebeuteln, überall prangt das Gesicht des Literaten.

Die Lebensgeschichte Kafkas ist altbekannt. 1883 die Geburt in Prag, 1901 der Beginn des Jura-Studiums, die Streitigkeiten mit dem Vater, die Briefe an ihn, 1902 das Kennenlernen mit Brod, „Die Verwandlung“, „Der Prozess“, „Das Schloss“, „Der Verschollene“, der Tod 1924 und das ungewünschte Veröffentlichen seiner Texte posthum durch Max Brod.

Franz Kafka wuchs im jüdischen Viertel, gewissermaßen auf dem Altstädter Ring und ringsherum auf. Mit den Eltern sprach er Deutsch und besuchte auch eine deutsche Schule, aber da er eben auch unter tschechischen Dienstboten groß wurde, war er quasi bilingual. Weil zu seinen Lebzeiten nicht sonder lich viele seiner Texte erschienen und auch noch recht verstreut in Zeitschriften und Tageszeitungen, war er nur einem literarisch überdurchschnittlich gebildeten Publikum bekannt.

Wer Kafka heute begegnen möchte, kann das nicht nur in seinen Texten, sondern seit 2004 auch mittels einer Bronzestatue an der Kreuzung der Straßen Dušní und Věženská. Und natürlich im sehenswerten Kafka-Museum!

 

Háje

In Prag leben 1,3 Millionen Menschen. Dass die nicht alle in Prag 1 wohnen oder in einem schnieken Altbau, ist klar. Jeder zweite Prager wohnt in einem Plattenbau, in ganz Tschechien ist es jeder dritte. Für die Tschechen ist dies gar kein Problem – die Platte ist im Trend! In der Regel ist man auch zugleich Eigentümer der Wohnung, in der man wohnt. In der Prager Südstadt, zu der Háje gehört, leben 90.000 Menschen im panelák.

Prag-Háje ist die größte Plattenbausiedlung Tschechiens. Die knapp 20 Minuten lange Fahrt vom Zentrum zur Endstation der roten Metro C lohnt sich. Wenn die Rolltreppe einen ans Tageslicht befördert hat, fühlt man sich wie in einer anderen Welt. Man kann den Kommunismus förmlich noch riechen, doch es ist auch einiges im Wandel: Nach und nach werden die grauen Fassaden übermalt und strahlen in freundlichen Farben.

Vor allem das 81 Meter hohe Brückenhochhaus mit der Uhr fällt ins Auge. Der höchste panelák der Tschechischen Republik wurde 1980 errichtet, gehört heute dem Innenministerium und beherbergt vor allem Polizisten und Feuerwehrmänner. Im 22. Stock befindet sich das Restaurant Kupa. Hier kann man in schwindelerregender Höhe ein Bier mit Ausblick genießen.

Hauser Prag Reisebuch Verlag

 

 

 

Ferdinand Hausers Reiseführer Prag: Am Puls der Stadt enthält weitere Reiseinformationen sowie viele Tipps und Adressen zu Hotels, Restaurants, Bars und Freizeitaktivitäten, zum Teil von Prager Stadtbewohnern selbst empfohlen.