Prag Reiseführer / Klassiker

Hauptbahnhof - Viele Schienen führen nach Prag. © hyungname -Pixabay.com

Hlavní nádraží/Hauptbahnhof

Der Aufenthalt in Prag beginnt und endet oft genau hier: am Hauptbahnhof oder „hlavák“, wie ihn die Prager nennen. Stets gibt es hier ein reges Treiben. Vor den Anzeigetafeln drängen sich die Menschen und warten darauf, dass sie endlich erfahren, auf welchem Gleis ihr Zug einfährt, was nicht selten erst drei, vier Minuten vor der Abfahrt geschieht. Immer, ja wirklich permanent, ertönen Durchsagen. Die Tschechen nehmen es damit sehr genau: Welcher Zug, woher, wohin, Beiname, von welcher Eisenbahngesellschaft betrieben, wann, welches Gleis, wie viel Minuten Verspätung. Das Schöne daran: Jede Durchsage wird mit einigen Tönen aus Bedřich Smetanas Werk „Má vlast“ (Mein Vaterland) angekündigt.

Nach 1938 setzte sich der Brite Sir Nicholas Winton für die Rettung von mehreren hundert, vor allem jüdischer tschechischer Kindern ein: Er organisierte Zugtransporte nach London vom Prager Hauptbahnhof aus und rettete sie so vor dem Tod in Konzentrationslagern. An Wintons Taten erinnern heute zwei Statuen auf dem Hauptbahnhof, eine davon befindet sich auf Gleis 1.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Bahnhof umgebaut und es entstand die grandiose, im Jugendstil von Josef Fanta entworfene Empfangshalle. Man findet sie heute, wenn man mit den Rolltreppen bis ganz nach oben fährt oder im mittleren Gang nach einigen Metern nach oben schaut. Stuck, Gold und Wappen verschmelzen mit einem funktionalen, künstlich beleuchteten Gang; Geschichte verschmilzt mit Gegenwart. In der Haupthalle des Bahnhofs findet sich ein Exemplar der Aktion „Pianos on the street“. Ein Prager Cafébesitzer startete 2013 damit, Klaviere in der Stadt aufzustellen. Es wurden mehr und mehr und der Gedanke breitete sich auch auf andere Städte in Tschechien aus. So hört man nicht selten angenehmes Klaviergeklimper beim Rennen zum Zug.

Will der Reisende sein Gepäck loswerden, nutzt er eines der Schließfächer – steht man vor der großen Anzeigetafel, befinden sie sich unten links. Eine Alternative für weniger Geld, aber mit viel mehr Kult gibt es bei den freundlichen Mitarbeitern der Gepäckaufbewahrung im rechten Gang.

Unten rechts dehnt sich der „BILLA“ aus. Die österreichische Supermarktkette, die in Tschechien stark vertreten ist, hat selbstverständlich auch eine Filiale im Hauptbahnhof, die immer gut besucht ist und in der man vor der Heimfahrt noch ein paar authentische Souvenirs kaufen kann: Oblaten, Bier, Fertigknödelpulver. Weniger authentische und weniger tschechische, aber ebenso nette Mitbringsel gibt es auch im „Flying Tiger“. Aber beim Herumstöbern in all dem Krimskrams nicht die Abfahrtszeit des Zuges aus den Augen verlieren!

Die 9,50 m breite Karlsbrücke ist eine reine Fußgängerbrücke.
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Karlův most/Karlsbrücke

Die Karlsbrücke ist wohl das am meisten gefeierte Bauwerk der ganzen Tschechischen Republik. Karl IV., der Mann, der Prag groß gemacht hat, ließ sie 1357 als erste Brücke über die Moldau in Prag errichten. Die dekorativen Figuren kamen erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hinzu. Die Brücke ist nicht nur aus Steinen gebaut, sondern auch aus Milch und Eiern und deshalb bis heute so stabil. Bis zum 2. Weltkrieg fuhren hier noch Autos, nun schieben sich nur noch die Touristenströme hin und her. Es ist viel los, auch musikalisch: am Kleinseitner Ende, über dem oben die Burg thront, spielt oft eine Frau Leierkasten, dann ist da noch die Bridge Band, die hervorragenden Jazz fabriziert, und das tatsächlich nur auf der Karlsbrücke. Und dieser großartige, schon etwas ältere Herr, mit den längeren grauen Haaren, der wahlweise als Ein-Mann- Band auftritt oder mit unterschiedlich gefüllten Sektgläsern Klänge erzeugt, die von ganz weit herzukommen scheinen. Zwischen all dem bieten Straßenmaler genervt ihre Werke an, Karikaturisten zeichnen Touristen und billiger Schmuck wird an den Mann oder die Frau gebracht. Ein spannender, wenn auch sehr touristischer Ort. Es ist zu empfehlen, sich für einige Minuten an die Brüstung zu lehnen und dem Treiben zuzuschauen.

Überschreitet man die Mitte der Brücke, von der Altstadt kommend, erblickt man rechter Hand den Sockel einer Statue, an dem zwei Figuren ganz abgegriffen sind. Berührt man das Relief der Frau, erhält man angeblich ganz viel Glück zum Mitnehmen. Die Statue ist dem Märtyrer Jan Nepomuk gewidmet. Einst wollte König Wenzel vom Priester Nepomuk erfahren, ob seine Frau ihm tatsächlich treu wäre. Nepomuk jedoch sprach kein Wort und brach sein Beichtgeheimnis nicht. Wenzel ließ Nepomuk daraufhin foltern und von der Karlsbrücke werfen. An der Stelle, an der Jan Nepomuk ins Wasser gestürzt wurde, findet sich heute ein metallenes Kreuz in der Brüstung.

Es hält sich auch noch eine andere Legende um die Karlsbrücke: Es wird erzählt, dass man sie ganz für sich allein haben kann, wenn man nur pünktlich zum Sonnenaufgang da ist. Was für ein Traum das doch wäre! Dieses Bauwerk, ohne all die vielen Menschen, ohne all den Lärm… Probiert es doch einfach mal aus!

 

Prager Gesichter

Karl IV. 1316–1378

Karl IV. war eigentlich weder Prager noch Tscheche und doch gilt er heute als „Vater des Landes“. In einer Umfrage vom tschechischen Staatsfernsehen 2005 wurde er zum „Größten Tschechen“ gekürt. Karl IV. wird 1316 im Geschlecht der Luxemburger geboren. Später wird er König von Böhmen und römisch-deutscher Kaiser. Er verlegt den Wohn- und Regierungssitz nach Prag und macht so daraus die „Goldene Stadt“. Wirtschaft und Kirche werden gestärkt, Künste und Wissenschaften blühen auf. Karls Einfluss ist bis heute in Prag zu spüren: Da ist zum Beispiel der Karlovo náměstí/Karlsplatz, der damals vermutlich größte Marktplatz Europas und natürlich die Univerzita Karlova/Karls-Universität. 1348 wurde sie gegründet und ist so die älteste Universität nördlich der Alpen und östlich von Paris sowie die erste deutschsprachige Universität überhaupt. Karls Schaffen ist aber auch außerhalb Prags auf böhmischem Boden nicht zu übersehen: So ließ er die Burg Karlštejn/Karlstein 30 Kilometer südwestlich Prags errichten und gab Karlovy Vary/Karlsbad seinen Namen.

Die Astronomische Uhr am Prager Rathaus
© Hauser - Reisebuch.de

Staroměstské náměstí/Altstädter Ring

Der Altstädter Ring ist das Herz der Altstadt. „Staromák“ nennen ihn die Prager. Welch ein Trubel… Menschenmassen stehen vor einer Uhr, junge Männer versuchen, sich mit riesigen Seifenblasen oder durch das Auftragen silberner Farbe auf den ganzen Körper ein Zubrot zu verdienen, Straßenmusiker spielen auf den verrücktesten Instrumenten, es parken ein paar Pferdekutschen. Aus Holzbuden werden trdelníks verkauft. Eine „altböhmische Spezialität“, wie man oft an den Ständen liest, ist dies jedoch keineswegs: Noch vor zehn Jahren, wusste in Prag keiner, worum es sich bei dem süßen Gebäck handelt. Direkt nebenan wird tschechisches Fast Food an den Mann, beziehungsweise Touristen, der er es noch nicht vermag, den hier horrend hohen Kronenpreis in die Heimatwährung umzurechnen, gebracht. All das vor einem ganzen Haufen historischer Gebäude, zum Beispiel der Teynkirche, deren Eingang so gut wie nicht aufzufinden ist. Auf dem Denkmal in der Mitte des Platzes steht Jan Hus, der „tschechische Martin Luther“.

Schlägt die Astronomische Uhr (Pražský orloj) am Rathausturm zwischen 9 und 23 Uhr zur vollen Stunde, wandeln Figuren der zwölf Apostel umher, und der Tod läutet dazu die Glocke im Turm. Eines der Touristen-Highlights!

Geht man über den Altstädter Ring, erkennt man so stets, wie spät es ist: Keine Menschenmengen vor der Uhr: zehn nach um oder mitten in der Nacht. Menschenmengen, die wie wild durch die Gegend rennen: ganz kurz nach um. Alles voller Menschen: kurz vor um. Alles voller Menschen, die Smartphones an Selfie-Stangen und Camcorder in die Höhe recken: volle Stunde.

Um die Astronomische Uhr rankt sich selbstverständlich auch eine Legende: Die Uhr wurde im 15. Jahrhundert vom jüdischen Uhrmachermeister Hanuš entwickelt. In Prag war man nun sehr stolz auf das technische Wunderwerk und Meister Hanuš wurde ein angesehener Mann. Mit der Zeit bekamen die Prager Bürgerlichen jedoch Angst: Was, wenn Meister Hanuš noch einen weiteren Orloj für eine andere Stadt bauen würde? Ein Bürger dachte sich einen furchtbaren Plan aus und so wurde der arme Uhrmachermeister, während er eines Abends in seiner Stube bei der Arbeit saß, von zwei Einbrechern geblendet, damit er das Geheimnis der Konstruktion des Orloj nimmer verraten könne. Hanuš aber, nachdem er sich erholt hatte, bat einen seiner Lehrlinge, ihn zum Hauptmechanismus der Astronomischen Uhr zu geleiten. Er hielt die Uhr an. Draußen begannen die Menschen zu schreien, Hanuš fiel tot zu Boden. Und so hatten die Bürger am Ende gar nichts erreicht. Es dauerte sehr lange, bis ein Uhrmachermeister gefunden wurde, der den Orloj wieder reparieren konnte. Das funktionierende Innenleben der Astronomischen Uhr lässt sich bis heute im Rathausturm bestaunen.

Die Prager Burg auf dem Hradschin ist das größte Burgareal der Welt. © peter89ba - Pixabay.com

Pražský hrad/Prager Burg

Zentrum des Burgviertels Hradčany/Hradschin ist eine Burg. Es ist sogar das größte, zusammenhängende Burgareal der Welt, erzählt man sich.

Der Präsident der Tschechischen Republik hat hier oben seinen Sitz und traditionell weht immer, wenn er anwesend ist, eine Flagge mit den Wappen von Böhmen, Mähren und Schlesien und der Aufschrift „Wahrheit siegt“. Wenn aber Miloš Zeman Präsident ist, kann es schon einmal vorkommen, dass aus Protest eine Künstlergruppe statt der tschechischen Fahne eine überdimensionale, rote Unterhose hisst…

Auf der Prager Burg kann man viel erleben, auch ohne den Eintritt zu bezahlen. Beachten sollte man jedoch, dass man vor dem Betreten des Areals eine Sicherheitskontrolle durchlaufen muss, was vor allem an Wochenenden zu langen Wartezeiten führen kann. Man kann kostenlos in den grandiosen St.Veits-Dom hinein. Mit dessen Bau wurde 1344 begonnen, doch das Westwerk mit den beiden Türmen wurde erst im letzten Jahrhundert fertiggestellt. Von November bis März ab 16:00 und ansonsten ab 18:00 Uhr sind außerdem die Tore zum Goldenen Gässchen für jedermann geöffnet. In der Nummer 22 lebte Franz Kafka für ein Jahr, heutzutage befindet sich im entsprechenden Haus eine ganz furchtbar touristische Buchhandlung. Sehenswert sind im Sommer die öffentlich zugänglichen Gärten unterhalb der Burg, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Malá strana/Kleinseite hat.

Wer dem Rat, die Burg nach 17:00 Uhr zu besuchen, nicht folgen und sich stattdessen die volle „Touri-Dröhnung“ geben muss oder will, dem sei die große Wachablösung, täglich 12:00 Uhr am Burgtor ans Herz gelegt. Freilich ist es die Burg der tschechischen Hauptstadt, eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt, doch auf einen Besuch kann man auch getrost verzichten. Von den Attraktionen im folgenden Kapitel nimmt man mitunter mehr mit.