Typisch thailändisch

Vorurteile, Klischees und die Wirklichkeit vor Ort

Tempel Thailand
Wat Thammikaram Woraviharn ©marla66-Pixabay

Thailand ist eines der beliebtesten Reiseziele weltweit und wird oft mit paradiesischen Stränden, köstlichem Essen und einer einzigartigen Kultur assoziiert. Doch wie oft entsprechen die gängigen Vorstellungen und Klischees über Thailand der Realität? Ein genauerer Blick auf den Alltag der Thailänder offenbart ein vielschichtiges Bild, das weit über die üblichen Stereotypen hinausgeht.

Das Lächeln als soziale Waffe

Ein bekanntes Klischee ist das „thailändische Lächeln“. Es wird oft als Ausdruck von Freundlichkeit und Gastfreundschaft interpretiert. Tatsächlich hat das Lächeln in Thailand eine tiefere Bedeutung, die eng mit sozialen Normen und dem Bedürfnis nach Harmonie verknüpft ist. Es gibt verschiedene Arten von Lächeln, die unterschiedlich eingesetzt werden: ein höfliches Lächeln, um Unannehmlichkeiten zu überspielen, oder ein ausweichendes Lächeln, um Konflikte zu vermeiden. Beispielsweise kann ein Taxifahrer, der sich in einer komplizierten Verkehrssituation befindet, seinem Fahrgast zulächeln, um Stress oder Frustration nicht sichtbar zu machen. Diese kulturelle Praxis steht im Kontrast zu westlichen Kulturen, wo Emotionen oft direkter kommuniziert werden.

Thailand Speisen
Guten Appetit! ©Remo Meier

Essen in Thailand: Mehr als Streetfood

Thailand wird oft als Paradies für Feinschmecker beschrieben, und das zu Recht. Doch die Realität der thailändischen Esskultur ist weitaus facettenreicher als das Bild, das Touristen oft vermittelt wird. Neben Klassikern wie Pad Thai und Tom Yum (Suppe - scharf), die in touristischen Gebieten allgegenwärtig sind, gibt es eine unglaubliche Bandbreite an Gerichten, die stark regional geprägt sind. Im Süden dominieren Kokosmilch, Currys und Meeresfrüchte. Im Norden sind Gerichte wie Khao Soi (eine Kokos-Curry-Nudelsuppe) oder Sai Oua (nordthailändische Würstchen) beliebt, während der Nordosten, der Isaan, für scharfe und einfache Gerichte wie Som Tam (Papayasalat) und Larb (scharfer Salat mit Hackfleisch) bekannt ist.

Im Alltag essen viele Thailänder an Straßenständen oder auf Märkten, wo frische Zutaten und schnelle Zubereitung im Vordergrund stehen. Die thailändische Esskultur ist zudem stark gemeinschaftsorientiert: Es ist üblich, mehrere Gerichte zu bestellen und diese mit anderen zu teilen. Dieses Prinzip ist nicht nur eine Frage der Tradition, sondern auch Ausdruck von Großzügigkeit und Zusammengehörigkeit.

Der Mythos der Traumstrände

Thailand wird oft mit unberührten, weißen Sandstränden beworben. Orte wie Phuket, Krabi oder die Inseln Koh Samui und Koh Phi Phi stehen im Fokus der internationalen Reisewerbung. Doch die Realität ist, dass viele dieser Strände inzwischen stark touristisch geprägt sind. Jetskis, Strandbars und große Hotelanlagen prägen das Bild. Dennoch gibt es immer noch weniger bekannte Regionen, in denen sich Thailands natürliche Schönheit entfalten kann. Im Osten, nahe der kambodschanischen Grenze, finden sich beispielsweise die Inseln Koh Mak und Koh Kood, die trotz ihrer Schönheit von Massentourismus verschont geblieben sind. Auch der Süden Thailands, etwa die Region Provinzen Ranong und Trang, bietet abgelegene Strände, die mehr Ruhe und Authentizität versprechen. Leider wird an den abgelegenen Stränden angeschwemmter Müll kaum oder nur im Bereich von Bungalowanlagen weggeräumt. Für Einheimische hingegen ist das Meer oft weniger eine Freizeitkulisse als vielmehr ein Lebensraum, von dem viele direkt abhängig sind, sei es durch Fischerei oder den Handel mit Meeresfrüchten. 

Religion in Thailand
Der Buddhismus gehört zum Thailändischen Alltag. © Remo Meier

Die Rolle des Buddhismus im Alltag

Buddhismus wird oft als dominierende Kraft in der thailändischen Kultur dargestellt, und es stimmt, dass er einen großen Einfluss auf das tägliche Leben hat. Viele Thailänder beginnen ihren Tag mit einem Besuch im Tempel oder einem kleinen Opfer an den Hausaltar. Auch Mönche spielen eine wichtige Rolle im Alltag, sei es durch Segnungen oder Zeremonien. Dennoch darf man nicht vergessen, dass die Spiritualität im modernen Thailand oft mit einer pragmatischen Lebensweise koexistiert. In den Städten sieht man junge Menschen, die in Designer-Kleidung die Tempel besuchen, um Glück und Erfolg zu erbitten, während sie sich zugleich den Herausforderungen eines modernen Lebensstils stellen.

Ein faszinierender Aspekt ist auch der Glaube an Geister und Schutzgeister, der in Thailand tief verwurzelt ist. In fast jedem Haushalt oder Geschäft findet man kleine Geisterhäuschen, die mit Opfergaben wie Obst, Getränken oder Räucherstäbchen geschmückt sind. Dieser Glaube existiert parallel zum Buddhismus und zeigt die komplexe Verbindung zwischen traditionellen Überzeugungen und moderner Religion. Auch hinduistische und sogar taoistische Gottheiten und Rituale gehören zum Glauben von vielen Thais. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man auch eine Shiva oder Ganesha Statue in einem buddhistischen Tempeln steht und angebetet wird.

Prostitution und Nachtleben:

Ein verzerrtes Bild Ein negatives Klischee, das Thailand oft begleitet, ist der Ruf als Zentrum des Sextourismus. Orte wie Pattaya oder das die Rotlichtviertel in Bangkok oder Patong sind international bekannt. Während diese Aspekte nicht geleugnet werden können, stellen sie dennoch nur einen kleinen Teil der thailändischen Gesellschaft dar. Die Mehrheit der Thailänder hat mit diesem Milieu nichts zu tun. Vielmehr leben sie ein bodenständiges Leben, in dem Familie, Arbeit und Gemeinschaft im Vordergrund stehen.

Gleichzeitig sollte man beachten, dass das Nachtleben für viele Touristen auch andere Aspekte umfasst, wie die lebendige Musikszene, Rooftop-Bars und Nachtmärkte, die ein authentisches Bild der urbanen thailändischen Kultur vermitteln.

Hochhäuser Thailand
Modernes Thailand © Remo Meier

Land und Stadt: Zwei Welten

Ein oft übersehenes Klischee ist die Vorstellung, dass Thailand entweder von der hektischen Metropole Bangkok oder von den touristischen Inseln geprägt ist. In Wahrheit besteht das Land aus einer Vielzahl unterschiedlicher Lebenswelten. Während Bangkok ein Zentrum der Modernität ist, geprägt von Wolkenkratzern, Einkaufszentren und High-Tech-Infrastruktur, herrscht in ländlichen Regionen ein völlig anderes Leben. Im Isaan, dem Nordosten Thailands, leben viele Menschen von der Landwirtschaft, insbesondere vom Reisanbau. Dort bestimmen traditionelle Werte und gemeinschaftliche Strukturen den Alltag.

Interessant ist auch die Rolle der Wanderarbeiter, die aus ländlichen Gebieten in die Städte ziehen, um dort Arbeit zu finden. Diese Dynamik prägt viele Familien, da oft nur ein Elternteil in der Stadt arbeitet, während die Kinder bei den Großeltern auf dem Land aufwachsen.

Höflichkeit und Hierarchie:

Das unsichtbare Band der Gesellschaft Thailänder sind für ihre Höflichkeit bekannt, was eng mit den kulturellen Vorstellungen von Respekt und Hierarchie zusammenhängt. Die Begrüßung mit einem „Wai“ (gefaltete Hände und leichtes Neigen des Kopfes) ist ein Ausdruck dieses Respekts. Im Alltag zeigt sich die Hierarchie auch in der Sprache: Die thailändische Sprache enthält viele Höflichkeitsformen, die je nach sozialem Status und Alter variieren.

Die Einhaltung dieser Hierarchien ist auch in der Arbeitswelt deutlich. In einem thailändischen Büro ist es beispielsweise unüblich, dass ein Mitarbeiter seinen Vorgesetzten direkt kritisiert. Stattdessen wird Kritik oft indirekt oder durch Dritte geäußert, um die Harmonie zu wahren.

Fazit: Ein Land voller Kontraste

Thailand ist ein Land der Gegensätze, in dem Tradition und Moderne, Spiritualität und Pragmatismus, Urbanität und Landleben harmonisch nebeneinander existieren. Viele der gängigen Klischees und Vorurteile treffen nur bedingt zu oder basieren auf vereinfachten Darstellungen. Wer bereit ist, über die Oberfläche hinauszuschauen, wird ein faszinierendes, vielschichtiges Land entdecken, dessen Wirklichkeit weit reicher und komplexer ist als jedes Klischee. Thailand bleibt ein Land, das immer wieder aufs Neue überrascht und inspiriert.

Meier, Thailand

Thailand: eine wunderschöne Diva mit vielen Geheimnissen und diversen Allüren. Aber nur wenige der jährlich bis zu 40 Millionen Besucher wagen den Blick hinter die Kulissen, versuchen das Land zu verstehen und machen sich auf die Suche nach jenen Attraktionen, die nicht im Standardprogramm der Reiseveranstalter stehen.

Dieser informative wie unterhaltsame Reiseführer Thailand begleitet Sie zu den Orten, wo die Thailänder Urlaub machen, jenen Naturschönheiten, Tempeln, Stränden und Städten, wo Sie das authentische Siam erleben können. Es führt Sie zu ruhigen Inseln, die noch ein Flair verbreiten wie Koh Samui oder Koh PhiPhi vor 30, 40 Jahren.
Und um Thailand nicht nur zu entdecken, sondern auch seine Besonderheiten zu verstehen, werden verschiedene gesellschaftspolitische Themen beleuchtet:

  • das komplexe Zusammenspiel von Politik, Militär und König
  • warum Beziehungen mit Thailändern oft kompliziert sind
  • die Bedeutung des Glaubens und Aberglaubens

Dieser unkonventionelle Guide ist auch eine Liebeserklärung an Thailand, verfasst in einem unterhaltsamen Schreibstil mit Humor und einer Prise Sarkasmus und illustriert mit Bildern, welche auch ein unbekanntes Thailand zeigen. Zusätzlich gibt es Links zu Webseiten, die ergänzende Informationen liefern und uns die Musik des Lands näherbringen sowie Tipps für Reisende zu Essen, Shopping, Gesundheitsversorgung, Verkehr u.a..
Der 
Thailand Insider-Guide ist ein Reiseführer zu den weniger bekannten Regionen Thailands, der einen aufregenden, spannenden Urlaub im wahren Land des Lächelns verspricht.