Ein Kontinent, drei Gastgeber – und ungleiche Verteilung
Die WM 2026 wird in 16 Spielstätten ausgetragen: elf in den USA, drei in Mexiko und zwei in Kanada. Das Eröffnungsspiel findet im legendären Aztekenstadion in Mexiko-Stadt statt, während das Finale am 19. Juli im MetLife Stadium nahe New York City ausgetragen wird[16]. Mit einer Gesamtdauer von knapp sechs Wochen wird es die längste Weltmeisterschaft der Geschichte sein.
Die Verteilung der Spiele spiegelt jedoch ein klares Machtgefälle wider: Die USA richten 78 Partien aus, während Kanada und Mexiko jeweils nur 13 Spiele beherbergen. Diese deutliche Disbalance wirft Fragen zur tatsächlichen Gleichberechtigung der drei Gastgeberländer auf. Obwohl Mexiko mit dem Eröffnungsspiel einen symbolisch wichtigen Teil des Turniers erhält, dominieren die USA das Gesamtbild – sowohl bei der Anzahl der Spielorte als auch bei den entscheidenden K.o.-Spielen.
Logistische Herausforderungen durch enorme Distanzen
Anders als bei der kompakten WM in Katar 2022 stellt die geografische Ausdehnung des Turniers eine erhebliche Herausforderung dar. Zwischen den Spielorten liegen teilweise enorme Entfernungen – etwa acht Flugstunden von Miami nach Vancouver oder sieben Stunden von Philadelphia nach Mexiko-Stadt. Diese Distanzen könnten nicht nur für die teilnehmenden Teams eine physische Belastung darstellen, sondern auch für die Fans, die mehrere Spiele besuchen möchten, logistische und finanzielle Hürden bedeuten.
Der neue Modus: Mehr Teams, mehr Spiele, mehr Kritik
Die FIFA hat sich für einen völlig neuen Turniermodus entschieden. Statt wie ursprünglich geplant mit 16 Dreiergruppen wird die WM 2026 mit zwölf Vierergruppen ausgetragen.
Die beiden besten Teams jeder Gruppe sowie die acht besten Drittplatzierten erreichen die K.o.-Phase, die mit einem Sechzehntelfinale beginnt. Dies führt zur Rekordzahl von 104 Spielen.
Diese Erweiterung stößt auf Kritik aus verschiedenen Richtungen. Sportlich wird befürchtet, dass die Qualität der Spiele durch die höhere Anzahl teilnehmender Teams leiden könnte. Zudem wurde der ursprünglich geplante Modus mit Dreiergruppen wegen der höheren Gefahr für Absprachen kritisiert, da in jedem letzten Gruppenspiel eine Nation zwingend spielfrei gewesen wäre.
Neuer Spielplan mit kürzerer Vorbereitung
Der FIFA-Rat hat während seiner Sitzung in Ruanda zwar das Datum für das WM-Finale 2026 auf den 19. Juli festgelegt, der gesamte Turnierzeitraum einschließlich Vorbereitungsphase wurde jedoch auf 56 Tage begrenzt. Dies entspricht dem Zeitrahmen früherer Weltmeisterschaften, bedeutet aber angesichts der deutlich höheren Spielanzahl eine verkürzte Vorbereitungszeit für die Teams. Für die einzelnen Mannschaften erhöht sich die Anzahl der Spiele bis zum Titel nicht, es bleibt bei maximal sieben Partien.
Infrastruktur und Nachhaltigkeit: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Im Gegensatz zu früheren Turnieren wie der WM in Katar nutzt die WM 2026 überwiegend bestehende Stadien, die lediglich modernisiert werden. Ein umfassender Neubau von Arenen bleibt aus, was aus Nachhaltigkeitsperspektive begrüßenswert ist. Viele der Spielstätten sind eigentlich für American Football konzipiert und werden für die WM entsprechend angepasst.
Die Infrastruktur in den nordamerikanischen Metropolen ist grundsätzlich gut ausgebaut, dennoch könnte die schiere Größe des Turniers und die zu erwartenden Besuchermassen die Transportwege und Unterkünfte an ihre Grenzen bringen. Zudem sind die Investitionen in zusätzliche Verkehrsinfrastruktur begrenzt, was die Erreichbarkeit einiger Stadien erschweren könnte.
Sicherheitskonzept und politische Dimensionen
Die FIFA arbeitet bereits intensiv an den Sicherheitsplanungen für das Mega-Turnier.
FIFA-Präsident Gianni Infantino traf sich in Miami mit hochrangigen US-Beamten, darunter US-Generalstaatsanwältin Pamela Bondi und FBI-Direktor Kash Patel, um mögliche Risiken frühzeitig zu minimieren. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Vermeidung chaotischer Zustände, wie sie im Juli 2024 beim Copa-America-Finale in Miami auftraten, als Tausende Fans ohne Tickets versuchten, sich gewaltsam Zugang zum Stadion zu verschaffen.
Die politische Dimension der WM 2026 ist nicht zu unterschätzen. Präsident Donald Trump hat eine spezielle Taskforce für die WM ins Leben gerufen, die den Fans ein „reibungsloses“ Turniererlebnis verspricht. Die enge Zusammenarbeit zwischen der FIFA und US-Behörden deutet darauf hin, dass man das Thema Sicherheit sehr ernst nimmt und keine Zwischenfälle riskieren möchte.
Der Ticketmarkt: Zwischen Exklusivität, Risiken und astronomischen Preisen
Für deutsche Fans, die die WM 2026 live erleben möchten, gestaltet sich der Ticketzugang als komplexes Unterfangen. Die FIFA hat ein mehrstufiges Verkaufssystem etabliert, das neben offiziellen Kanälen auch umstrittene Praktiken wie die Kopplung an die Klub-WM 2025 umfasst. Gleichzeitig floriert der Schwarzmarkt, wo Tickets für das Finale bereits jetzt für bis zu 54.000 Euro angeboten werden.
Offizielle Verkaufsphasen und frühe Registrierung
Der offizielle Ticketverkauf über die FIFA-Website wird voraussichtlich zwischen August und Oktober 2025 starten, wobei sich Interessierte bereits jetzt registrieren können, um Updates zu erhalten. Erfahrungen aus früheren Turnieren zeigen, dass die Nachfrage insbesondere für Spiele der deutschen Nationalmannschaft und der K.o.-Phase die Verfügbarkeit bei weitem übersteigen wird. Die FIFA plant mehrere Verkaufsphasen:
1. Lotteriephase: Zufallsbasierte Zuteilung zu Festpreisen
2. Last-Minute-Verkauf: Dynamische Preisanpassung je nach Nachfrage
3. Hospitality-Pakete: VIP-Erlebnisse mit Premium-Sitzplätzen ab 4.000 Euro.
Kritiker bemängeln, dass dieses System finanzstarke Fans bevorzugt, während normale Unterstützer auf Glück angewiesen sind. Die Preise für ein Einzelticket im Gruppenstadium beginnen bei 89 Euro, steigen in der K.o.-Phase jedoch auf bis zu 1.100 Euro – das Finalticket könnte 2.800 Euro kosten.
Die umstrittene Kopplung an die Klub-WM 2025
Ein besonders kontroverses Angebot ist die Verknüpfung von WM-2026-Tickets mit dem Kauf von Paketen für die Klub-WM 2025 in den USA. Fans, die mindestens 20 Spiele der Klub-WM besuchen – was logistisch und finanziell eine Herkulesaufgabe darstellt – erhalten die Garantie auf ein Finalticket 2026. Dieses „Super Ticket Pack“ erfordert Investitionen von über 12.000 Euro allein für die Klub-WM-Spiele, ohne die Reise- und Unterbringungskosten. Für deutsche Fans, die bereits die Anreise nach Nordamerika planen, könnte dies eine doppelte Belastung bedeuten.
Sicherheitslücken und Schwarzmarktaktivitäten
Wie eine Untersuchung von Sky News aufdeckte, bieten Plattformen wie Vivid Seats bereits jetzt WM-Tickets an, obwohl der offizielle Verkauf noch nicht begonnen hat. Für das Finale werden Preise von bis zu 54.000 Euro verlangt – ein klarer Verstoß gegen FIFA-Richtlinien. Besonders brisant: Chelsea-Besitzer Todd Boehly ist Investor bei Vivid Seats, was Interessenkonflikte nahelegt. Die FIFA warnt zwar vor solchen Angeboten, doch die mangelnde Regulierung des Zweitmarktes bleibt ein ungelöstes Problem.
Logistische Hürden für deutsche Fans
Die geografische Streuung der Spielorte über drei Länder stellt deutsche Besucher vor enorme Herausforderungen. Allein die Entfernung zwischen Vancouver (Kanada) und Guadalajara (Mexiko) beträgt 4.200 Kilometer – weiter als die Strecke Berlin–Teheran. Hinzu kommen:
• Visabestimmungen: Unterschiedliche Einreisevorschriften in den USA, Kanada und Mexiko
• Transportkosten: Inlandsflüge in den USA sind deutlich teurer als in Europa
• Unterkünfte: Hotels in Metropolen wie New York oder Los Angeles verlangen während der WM Aufschläge bis zu 300%.
Zwischen gigantischem Fußballfest und organisatorischen Herausforderungen
Die WM 2026 wird zweifellos ein Turnier der Rekorde werden – sowohl positiv als auch negativ. Einerseits bietet sie mehr Nationen die Chance auf WM-Teilnahme und verspricht ein gigantisches Fußballfest auf einem Kontinent mit großer Begeisterung für Sport-Events. Andererseits wirft das aufgeblähte Format Fragen zur sportlichen Qualität und organisatorischen Umsetzbarkeit auf.
Die ungleiche Verteilung der Spiele, die enormen Distanzen zwischen den Spielorten und der komplexe neue Modus stellen Herausforderungen dar, die von den Organisatoren noch überzeugend gelöst werden müssen. Die kommende Klub-WM 2025 in den USA könnte als wichtiger Test für die Infrastruktur und Sicherheitskonzepte dienen.
Hinzukommt, dass der Ticketzugang zur WM 2026 durch exklusive FIFA-Pakete geprägt ist, die den Erwerb von Klub-WM-Tickets 2025 mit garantierten WM-Tickets koppeln – ein System, das finanzstarke Fans bevorzugt und Normalverdiener ausschließt. Parallel dazu floriert der Schwarzmarkt, wo Finaltickets bereits jetzt zu astronomischen Preisen gehandelt werden.
Letztlich wird sich erst während des Turniers zeigen, ob die Superlative der WM 2026 tatsächlich zu einem sportlichen Höhepunkt führen oder ob die Bedenken der Kritiker berechtigt waren.
Eines ist jedoch sicher: Die Fußballwelt blickt einem Turnier entgegen, das in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe setzen wird – im Guten wie im Schlechten.