Freier Strandzugang – auch über Ortsgrenzen hinweg
Der wohl unmittelbarste Vorteil: Mit der Ostseecard erhalten Urlauber kostenfreien Zugang zum Strand ihres Urlaubsortes – etwa zu den Strandabschnitten in Scharbeutz, Grömitz, Damp, Laboe oder Heiligenhafen. Besonders attraktiv für Ausflügler: Mit derselben Karte darf man im Verlauf des Aufenthalts jeweils einmal kostenlos den Strand von 18 anderen Ostseebädern besuchen – etwa Timmendorfer Strand, Hohwacht, Kellenhusen, Pelzerhaken, Sierksdorf, Boltenhagen oder Weissenhäuser Strand. Für Urlauber, die die Küste mit dem Rad oder Auto erkunden, ergibt sich daraus ein echter Mehrwert.
Ein typisches Beispiel: Wer in Neustadt in Holstein übernachtet, kann mit seiner Ostseecard kostenlos an den Strand von Dahme oder Kühlungsborn fahren – ohne weitere Gebühren am Strandaufgang entrichten zu müssen.
Freizeitangebote mit Preisnachlass
Ermäßigungen gibt es in großer Zahl – besonders bei klassischen Familienattraktionen. So zahlen Ostseecard-Inhaber für den Eintritt in die Ostsee-Therme Scharbeutz weniger als reguläre Besucher. Auch im SEA LIFE Timmendorfer Strand, dem Hansa-Park in Sierksdorf oder im Museumshof Lensahn gibt es Rabatte. In Heiligenhafen erhalten Gäste Ermäßigung auf die Nutzung der Seebrücke mit Erlebnisbereich, in Eckernförde beim Besuch der Bonbonkocherei oder des Meerwasser-Wellenbads. Wer gerne aktiv ist, kann in Hohwacht vergünstigt Minigolf spielen oder in Plön beim Bootsverleih sparen.
Ein weniger bekannter, aber lohnender Tipp: Die Ostseecard gilt auch als Fahrkarte für ausgewählte Linienbusse, etwa zwischen Schönberg und Laboe oder im Raum Lübecker Bucht, wo sich Strandorte mit dem öffentlichen Nahverkehr gut verbinden lassen. So spart man Parkgebühren und vermeidet das Chaos an überfüllten Strandparkplätzen.
Digitale Karte für das Smartphone
Seit einiger Zeit bieten die meisten Orte auch eine digitale Ostseecard an, die direkt nach der Buchung per E-Mail-Link oder über eine App aufs Handy geladen werden kann. In Grömitz und Pelzerhaken etwa wird bereits aktiv auf die digitale Lösung hingewiesen – der klassische Ausdruck entfällt. Das ist besonders praktisch für Frühankömmlinge, die direkt nach der Ankunft an den Strand wollen.
Finanzierung der Infrastruktur – sichtbar oder nicht?
Die Ostseecard ersetzt nicht nur das frühere Kurkartenheft, sondern erfüllt auch eine administrative Funktion: Sie dokumentiert die entrichtete Kurabgabe, mit der laut kommunaler Angabe die Pflege der Strände, Promenaden, öffentlichen WCs und Veranstaltungsprogramme finanziert wird.
In Orten wie Scharbeutz oder Timmendorfer Strand sind die Ergebnisse sichtbar: Promenaden wurden erneuert, Seebrücken ausgebaut, und Sommerveranstaltungen – etwa das Strandkonzert am Seepferdchenbrunnen – werden teilweise durch Kurabgaben mitfinanziert. Doch in kleineren Orten wie Dänschendorf auf Fehmarn oder Brodersby bei Kappeln ist der Zustand mancher Strandzugänge trotz Gebühren noch immer verbesserungswürdig.
Was Urlauber oft kritisieren
Nicht alles an der Ostseecard wird von Gästen als fair empfunden. Die Kurabgabe ist verpflichtend – in der Hauptsaison zahlen Erwachsene z. B. in Timmendorfer Strand bis zu 3,50 Euro pro Nacht, in Hohwacht 2,00 Euro, in Damp 2,50 Euro. Diese Beträge summieren sich bei einem zweiwöchigen Familienurlaub schnell auf über 100 Euro, selbst wenn keine der inkludierten Leistungen aktiv genutzt wird.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Intransparenz: Viele Gäste wissen nicht genau, wofür die Abgabe verwendet wird – oder gehen irrtümlich davon aus, dass mit der Karte z. B. auch alle Parkgebühren entfallen. Dem ist nicht so. Auch bleibt die Gültigkeit oft auf einen Ort beschränkt – mit der Einschränkung des „einmaligen Zugangs“ bei anderen Orten, was Tagesausflügler nur begrenzt nutzen können.
Zudem wird die Karte erst beim Einchecken in der Unterkunft übergeben – wer vorher anreist und an den Strand möchte, muss entweder bezahlen oder warten. Besonders in Orten wie Heiligenhafen oder Grömitz, wo die Parkautomaten streng zwischen „mit Ostseecard“ und „ohne Ostseecard“ unterscheiden, sorgt das regelmäßig für Ärger am Ankunftstag.
Zukünftige Herausforderungen
Die Ostseecard steht mittelfristig unter Druck: Einige Kommunen – etwa Lübeck – denken über die Einführung einer Bettensteuer statt der Kurabgabe nach. In diesem Fall könnten mit dem neuen System die bisherigen Vergünstigungen wegfallen. Auch fordern Gäste zunehmend barrierefreie digitale Lösungen, transparente Leistungsübersichten und eine ortsübergreifende Vereinheitlichung der Kurabgabesätze.
Reisebuch.de-Tipp
Die Ostseecard ist kein unnützes Bürokratieprodukt, sondern ein regional gut verzahntes Vorteilssystem – allerdings mit Pflichten, begrenzter Flexibilität und zum Teil hohen Zusatzkosten. Wer sich vorab über Leistungen, örtliche Unterschiede und digitale Verfügbarkeit informiert, kann die Karte gezielt einsetzen und von den vielen Angeboten entlang der schleswig-holsteinischen Ostseeküste profitieren. Doch sie ist kein Freifahrtschein – und auch kein Ersatz für transparente Tourismuspolitik. Eine allgemeine digitale Version wäre wünschenswert.
