Woran erkennt man „substanzloses KI-Geschwätz“ auf Reisewebsites?

| von if

Reiseinformationen im Internet gibt es im Überfluss – doch nicht jeder Text bietet echten Mehrwert. Wer sich auf die Reisevorbereitung verlässt, ist auf verlässliche, kenntnisreiche Inhalte angewiesen. Umso ärgerlicher ist es, wenn man statt konkreter Hinweise auf Lobgesänge, Floskeln und Allgemeinplätze stößt. Substanzloses Geschwätz hat im digitalen Reisemarkt auch dank KI Hochkonjunktur. Doch wie erkennt man es?

Woran erkennt man „substanzloses KI-Geschwätz“ auf Reisewebsites?
Eine wahrhaft "zauberhafte" Landschaft, oder? Bild von Mircea Iancu auf Pixabay

Wenn Sprache nichts sagt: Phrasen und Worthülsen

Viele Reiseartikel verwenden eine Sprache, die nur oberflächlich etwas vermittelt. Formulierungen wie „ein Paradies für Groß und Klein“, „für jeden Geschmack etwas dabei“ oder „ein Muss für alle Besucher“ tauchen in zahllosen Texten auf – unabhängig vom Ort. Solche Sätze wirken wie aus einem Baukasten entnommen. Sie lassen sich beliebig auf Mallorca, Usedom oder Südtirol anwenden, ohne dass sich am Text etwas ändern müsste.

Auch Superlative ohne Beleg gehören in diese Kategorie: „die schönste Aussicht“, „das beste Eis“, „der freundlichste Ort der Welt“ – wer solche Aussagen trifft, ohne Vergleich oder Quelle, betreibt keine Information, sondern Werbung.

Das geduzte Nirwana: Nähe ohne Inhalt

Ein weiteres Merkmal vieler seichter Reiseartikel ist die flächendeckende Verwendung des „Du“. „Du wirst es lieben“, „gönn dir eine Pause“, „lass dich verzaubern“ – diese Formulierungen sollen emotionale Nähe schaffen, sind aber oft leere Behauptungen. Die vertrauliche Ansprache wirkt schnell aufgesetzt, besonders wenn kein persönlicher Bezug erkennbar ist. Ein Reisender möchte informiert werden – nicht getätschelt.

Nullaussagen: Wenn nichts gesagt wird

Auffällig oft liest man in solchen Texten Absätze, die inhaltlich schlicht leer bleiben: „Hier kannst du die Seele baumeln lassen“, „abschalten und neue Energie tanken“, „der perfekte Ort, um dem Alltag zu entfliehen“. Diese Aussagen lassen sich auf jedes beliebige Reiseziel anwenden – sie sagen nichts über den Ort, über seine Besonderheiten oder Herausforderungen. Wer ein Reiseziel ernsthaft darstellen möchte, muss konkret werden.

Sprachliche Übertreibung: Wenn jedes Dorf „atemberaubend“ ist

Ein besonders klares Anzeichen für substanzarmes Reisemarketing ist die Überfrachtung mit gefühlsgeladenen Adjektiven. Ursprünglich zur Betonung gedacht, sind sie heute meist nur noch Füllmaterial. Adjektive wie:

  • „fantastisch“ – für alles von der Aussicht bis zum Fischbrötchen
  • „unfassbar“ – häufig ohne objektiv nachvollziehbaren Grund
  • „zauberhaft“ – für jede Fachwerkfassade oder Gartencafé
  • „atemberaubend“ – selbst bei durchschnittlicher Klippe oder Anhöhe
  • „unvergesslich“ – bei jeder Bootstour, jedem Brunch und jedem Bummel

Solche Wörter sollen Emotionen suggerieren, wo keine echte Beschreibung erfolgt. Je mehr man sie liest, desto deutlicher wird: Der Text will Wirkung ohne Inhalt. Er ersetzt Präzision durch Pathos – und die Vielfalt der Orte durch sprachliche Gleichschaltung.

Schönfärberei statt Ehrlichkeit

Reale Probleme vor Ort – überhöhte Preise, überfüllte Parkplätze, miese Gastronomie, bauliche Mängel – kommen in solchen Texten schlicht nicht vor. Stattdessen werden die Dinge durch Euphemismen beschönigt: Aus marodem Beton wird „industrieller Charme“, aus Massentourismus wird „lebendige Atmosphäre“. Wer einem Ort jede Kante nimmt, nimmt ihm letztlich auch das Profil.

Wo die Kritik fehlt, fehlt oft die Ortskenntnis

Ein zuverlässiger Indikator für substanzarme Texte ist das völlige Fehlen kritischer Hinweise. Natürlich ist es nicht Aufgabe eines Reiseberichts, Orte schlechtzureden – aber ein realistisches Bild setzt Nuancen voraus. Gibt es Einschränkungen? Ist ein Ausflugsziel überlaufen? Gibt es saisonale Engpässe? Wo bleibt der Hinweis auf weniger bekannte Alternativen? Wenn das alles fehlt, war der Autor entweder nie vor Ort – oder wollte nur verkaufen.

Lobhudelei als Selbstzweck

Gerade auf reichweitenoptimierten Websites häuft sich eine bestimmte Art von Lektüre: Texte, die keine Empfehlung mehr sind, sondern eine Werbebotschaft im redaktionellen Gewand. Wer ständig von „Geheimtipps“, „Traumstränden“, „kulinarischen Höhepunkten“ spricht, aber keine Namen, Adressen oder Erfahrungen nennt, betreibt keinen Journalismus, sondern PR. Leser bleiben mit allgemeinen Behauptungen zurück – statt mit konkreten Informationen.

Strukturelle Einfalt und das unausweichliche „Fazit“

Ein weiteres Signal für uniformes Geschwätz sind stereotype Textstrukturen: Nach einer vagen Einleitung folgen „Top 5 Highlights“, ein paar knappe Unterkunftstipps, ein Hinweis auf die Anreise – und am Ende ein abgenutztes „Fazit“. Dieses „Fazit“ kommt unabhängig vom Inhalt, oft mit Formulierungen wie „alles in allem lohnt sich ein Besuch“ oder „wer einmal hier war, kommt gern zurück“. Solche Konstruktionen suggerieren Tiefe, wo keine ist.

Fehlende Quellen, erfundene Aussagen

Schließlich mangelt es solchen Artikeln regelmäßig an Quellenangaben, Jahreszahlen oder überprüfbaren Fakten. Da steht etwa: „Der Ort ist bekannt für seine charmanten Cafés“, doch keines wird konkret benannt. Oder: „Viele Besucher schwärmen von der familiären Atmosphäre“ – ohne jeden Beleg. Oft handelt es sich um reine Behauptungen aus dem Nichts. Das ist kein Zufall, sondern Ausdruck mangelnder Recherche oder KI-generierter Inhalte.

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