Mit Donna Leons Commissario Brunetti durch Venedig – Fiktion und Wirklichkeit

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Venedig ist mehr als nur eine malerische Kulisse für Donna Leons berühmten Commissario Guido Brunetti. Die Stadt selbst wird in den Brunetti-Romanen zu einem lebendigen, atmenden Charakter, der die Atmosphäre und Handlung entscheidend prägt. Während Brunetti durch die Gassen, über die Brücken und entlang der Kanäle Venedigs wandert, führt er die Leser an Orte, die sowohl historisch bedeutend als auch für die Stadtbewohner von alltäglicher Wichtigkeit sind. Hier einige Beispiele von konkreten Orten und Plätzen, die in den Romanen eine zentrale Rolle spielen.

Mit Donna Leons Commissario Brunetti durch Venedig – Fiktion und Wirklichkeit
Der Canal Grande, die Haupt-Wasserstraße von Venedig, ein Spielfeld für Commissario Brunetti.; Bild von G.C. auf Pixabay CC0

1. Campo San Polo: Der Campo San Polo ist einer der größten Plätze Venedigs und ein Ort, der in mehreren Brunetti-Romanen auftaucht. Dieser Platz, abseits der Touristenströme, ist eine ruhige Oase inmitten der geschäftigen Stadt. In „Venezianische Scharade“ (Originaltitel: „Death in a Strange Country“) trifft Brunetti auf diesem Platz einen alten Freund, mit dem er über die Herausforderungen des Lebens in Venedig spricht. Der Campo San Polo spiegelt die Atmosphäre eines authentischen venezianischen Lebens wider, wo sich Kinder zum Spielen treffen und ältere Menschen auf den Bänken sitzen, um den Tag zu genießen.

2. Die Questura am Canal Grande: Die Questura, Brunettis Arbeitsplatz, befindet sich in den Romanen in einem alten Palazzo direkt am Canal Grande. Obwohl die Questura fiktiv ist, symbolisiert sie die Verknüpfung von Venezianischem Erbe mit den modernen Herausforderungen der Polizeiarbeit. Vom Bürofenster aus blickt Brunetti oft auf den Canal Grande und reflektiert über die Veränderungen in seiner Stadt. Die Beschreibung der Questura vermittelt die untrennbare Verbindung zwischen der Geschichte Venedigs und der Gegenwart.

3. Campo San Barnaba: In „Acqua Alta“ (Originaltitel: „Death in High Water“) spielt der Campo San Barnaba eine wichtige Rolle. Dieser Platz mit der markanten Kirche, die eine große barocke Fassade besitzt, wird zu einem zentralen Ort in der Handlung, da hier eine der Protagonistinnen, die amerikanische Archäologin Brett Lynch, lebt. Brunetti besucht sie dort und muss sich durch die engen Gassen des Viertels Dorsoduro schlängeln, das für seine künstlerische und ruhige Atmosphäre bekannt ist. Der Campo San Barnaba wird zu einem Schauplatz von Intrigen und Enthüllungen, während das tägliche Leben der Venezianer um ihn herum weitergeht.

4. Die Basilica dei Frari: In mehreren Romanen besucht Brunetti die Basilica dei Frari, eine der größten Kirchen Venedigs und ein Meisterwerk der gotischen Architektur. Besonders in „Venezianisches Finale“ (Originaltitel: „Death at La Fenice“) spielt diese Kirche eine bedeutende Rolle. Die Basilica dei Frari beherbergt zahlreiche Kunstwerke, darunter Tizians berühmtes Gemälde „Himmelfahrt Mariens“. Brunetti, der eine tiefe Wertschätzung für Kunst und Geschichte hat, findet in dieser Kirche einen Ort der Ruhe und Reflexion, abseits der kriminellen Verwicklungen, die er täglich aufdecken muss.

5. Caffè Florian am Markusplatz: Das Caffè Florian, eines der ältesten und berühmtesten Cafés Venedigs, wird in mehreren Büchern als Treffpunkt und Symbol der venezianischen Eleganz erwähnt. In „Venezianische Scharade“ lädt Brunetti seine Frau Paola in das Caffè Florian zu einem besonderen Gespräch ein. Der Markusplatz selbst, auf dem sich das Caffè Florian befindet, ist der wohl bekannteste Platz Venedigs, aber in den Brunetti-Romanen wird er oft aus einer weniger touristischen Perspektive beschrieben. Für Brunetti ist dieser Ort sowohl ein Symbol der Pracht als auch der Dekadenz Venedigs.

6. Die Insel San Michele: Die Friedhofsinsel San Michele, ein ruhiger und abgelegener Ort, kommt in „Die dunkle Stunde der Serenissima“ (Originaltitel: „The Death of Faith“) vor, als Brunetti einem mysteriösen Todesfall nachgeht. Diese Insel, auf der die Toten der Stadt ihre letzte Ruhe finden, wird zu einem Symbol für die Vergänglichkeit und die Schattenseiten des Lebens in Venedig. Die melancholische und friedliche Atmosphäre der Insel San Michele steht im Kontrast zur lebhaften, pulsierenden Stadt und bietet Brunetti einen Ort, an dem er über die tiefen ethischen Fragen nachdenken kann, die ihn immer wieder beschäftigen.

7. Das Teatro La Fenice: Das Teatro La Fenice, das berühmte Opernhaus Venedigs, spielt eine zentrale Rolle in „Venezianisches Finale“, dem ersten Brunetti-Roman. Der Mord an einem berühmten Dirigenten während einer Aufführung zieht Brunetti in die glamouröse, aber auch von Intrigen durchzogene Welt der Oper. Das Teatro La Fenice steht für die reiche kulturelle Tradition Venedigs, aber auch für die Dekadenz und den moralischen Verfall, die Leon in ihren Romanen oft thematisiert.

8. Rialtobrücke und der Fischmarkt: Die Rialtobrücke, eines der bekanntesten Wahrzeichen Venedigs, und der nahegelegene Fischmarkt sind Orte, an denen Brunetti häufig vorbeikommt. Besonders in „Feine Freunde“ (Originaltitel: „Uniform Justice“) spielt der Markt eine Rolle, wenn Brunetti hier auf Spurensuche geht und dabei mit den Händlern spricht, um mehr über die Geschehnisse der Stadt zu erfahren. Der Fischmarkt, mit seiner Mischung aus alltäglichem Handel und den Gerüchen des Meeres, steht in starkem Kontrast zu den touristischen Klischees, die Venedig oft zugeschrieben werden.

Diese konkreten Orte und Plätze in Venedig verleihen den Brunetti-Romanen eine authentische und lebendige Kulisse. Donna Leon gelingt es meisterhaft, den Leser nicht nur in die Handlung zu ziehen, sondern auch in die einzigartige Atmosphäre Venedigs, indem sie die Stadt mit all ihren Facetten darstellt – von den prächtigen Palästen bis hin zu den stillen, versteckten Ecken. Für Krimi- und Venedigfans ist die Reise mit Commissario Brunetti daher nicht nur ein literarisches, sondern auch ein kulturelles und historisches Erlebnis.

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