Gay Travel Index: Orientierung für sicheres und diskriminierungsfreies Reisen
Auch 2025 bleibt die rechtliche und gesellschaftliche Situation für homosexuelle Reisende weltweit stark unterschiedlich. In über 60 Ländern ist Homosexualität weiterhin strafbar, in mehreren davon droht sogar die Todesstrafe – darunter vor allem Staaten in Afrika, dem Mittleren Osten und Teilen Asiens. Für schwule, lesbische und queere Reisende ist deshalb eine sorgfältige Auswahl des Reiseziels essenziell. Eine zentrale Orientierung bietet dabei der jährlich veröffentlichte Gay Travel Index.
Was ist der Gay Travel Index?
Der vom Berliner Spartacus International Gay Guide (vormals Bruno Gmünder Verlag) herausgegebene Gay Travel Index bewertet aktuell 203 Länder und Regionen weltweit anhand von 17 Kriterien. Bewertet werden u. a.:
- Strafbarkeit homosexueller Handlungen
- Ehe- und Adoptionsrechte
- Antidiskriminierungsgesetze
- Einfluss von Religion auf Gesetzgebung
- Einreisebeschränkungen für HIV-positive Personen
- Gewalt gegen LGBTIQ-Personen (inkl. staatlicher Repression)
- Transrechte und gesellschaftliche Akzeptanz
Aus positiven und negativen Punkten ergibt sich eine Rangliste der LGBTIQ+-freundlichsten und -feindlichsten Länder. Der Index erscheint jährlich und berücksichtigt neue gesetzliche Regelungen ebenso wie gesellschaftliche Entwicklungen.
Länder mit besonders schlechter Bewertung
Am unteren Ende des Index finden sich erneut Länder mit repressiver Gesetzgebung und gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Beispiele 2024:
- Iran (letzter Platz, −17 Punkte): Homosexualität ist strafbar, es drohen Gefängnis, öffentliche Auspeitschungen oder sogar Hinrichtungen.
- Saudi-Arabien, Somalia, Jemen und die Vereinigten Arabischen Emirate: ebenfalls mit −15 bis −17 Punkten bewertet, aufgrund der Anwendung der Scharia.
- Nigeria, Tansania, Mauretanien und Brunei: Homosexualität ist strafbar, gesellschaftlich tabuisiert, oft begleitet von gewalttätiger Repression.
- Russland (Rang 194): Verschärfung der Anti-LGBTIQ-Propagandagesetze, systematische Verfolgung in Regionen wie Tschetschenien.
- Vatikanstadt (Rang 183): Keine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen, keine Antidiskriminierungsgesetze.
Auch in einigen touristisch populären Ländern bestehen weiterhin massive Probleme, z. B. Ägypten, Jamaika oder Malaysia.
Positivbeispiele: Wo LGBTIQ-Rechte geschützt sind
Die Spitze des Index 2024 führen folgende Länder an (jeweils 12 von 12 Punkten):
- Malta
- Kanada
- Portugal
- Spanien
- Deutschland
Diese Länder zeichnen sich durch eine vollständige rechtliche Gleichstellung, weitreichende Schutzgesetze und eine insgesamt hohe gesellschaftliche Akzeptanz aus.
Weitere hoch bewertete Staaten sind:
- Schweden, Niederlande, Frankreich, Neuseeland, Island
- Uruguay, Chile, Kolumbien (Südamerika gilt insgesamt als relativ liberal)
- Taiwan: als erstes asiatisches Land mit gleichgeschlechtlicher Ehe (seit 2019)
Die USA liegen trotz Fortschritten auf mittlerem Niveau (Rang ca. 30), da Rechte dort stark von den Bundesstaaten abhängen – in manchen gelten Schutzgesetze, in anderen droht Diskriminierung.
Entwicklung und Trends
Die Bewertung einzelner Länder schwankt jährlich, oft aufgrund von:
- Gerichtsurteilen (z. B. Strafbarkeitsaufhebung oder Wiedereinführung)
- Neuer Gesetzgebung (z. B. Eheöffnung, Transrechte)
- Verschärfter Repression oder Propagandaverbote
- Polizeigewalt oder dokumentierter Hassverbrechen
Positive Entwicklungen 2025:
- Nepal: Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ab 2024
- Griechenland: Einführung der Ehe für alle
- Thailand: Fortschritte bei der Anerkennung queerer Paare
- Panama und Costa Rica: Stärkung von Antidiskriminierungsrechten
Negative Tendenzen:
- Ungarn, Polen, Russland: Verschärfte Gesetze und politische Rhetorik
- Indien: Hoffnung auf Eheöffnung durch das Verfassungsgericht wurde enttäuscht
- Afrika südlich der Sahara: zunehmende Kriminalisierung in Ländern wie Uganda
Schlussfolgerungen
Der Gay Travel Index bietet eine objektive Grundlage für Reiseentscheidungen – ersetzt aber nicht den individuellen Blick auf regionale Unterschiede und aktuelle Entwicklungen. In vielen Ländern gilt: Die rechtliche Lage ist nicht automatisch identisch mit der gesellschaftlichen Realität – und umgekehrt. Wer diskriminierungsfrei reisen möchte, sollte sich vorab gut informieren und möglichst direkt auf lokale queere Netzwerke, Foren oder Reisewarnungen zurückgreifen.