Bereits die Kleiderfrage entscheidet oft über Wohlbefinden oder Peinlichkeit. Während einige moderne Sternelokale lässigere Outflows akzeptieren, bleibt das Sakko für Herren die sichere Wahl – Turnschuhe oder kurze Hosen sind selbst an heißen Tagen ein No-Go. Damen sollten auf allzu freizügige Outfits verzichten. Problematisch ist, dass viele Restaurants ihre Dresscodes nicht klar kommunizieren, was zu unangenehmen Situationen führen kann.
Pünktlichkeit ist kein optionales Extra, sondern Grundvoraussetzung. Wer mehr als 15 Minuten zu spät kommt, riskiert, dass das sorgfältig geplante Menü nicht mehr serviert werden kann. Das zeitliche Gerüst eines mehrgängigen Menüs ist stramm – meist sind drei bis vier Stunden für zehn Gänge eingeplant. Wer früher gehen muss, sollte dies bei der Reservierung anmelden.
Kritikwürdig ist allerdings die mangelnde Flexibilität vieler Häuser, die sich strikt an ihren Ablaufplänen orientieren, ohne auf individuelle Bedürfnisse ihrer Gäste einzugehen.
Der Umgang mit Besteck folgt klaren Regeln: Von außen nach innen wird gearbeitet, eine Pause signalisiert man durch das Ablegen im “Ich bin noch nicht fertig”-Winkel (⏚), das Ende durch paralleles Positionieren (‖).
Fehler wie das Führen des Messers zum Mund oder die falsche Gabelwahl fallen sofort auf. Dabei sind manche Besteck-Arrangements mit zwölf Teilen pro Gang mehr Show als Notwendigkeit – gutes Essen braucht keine Werkzeug-Parade.
Die Kommunikation mit dem Servicepersonal erfordert Fingerspitzengefühl. Weinwünsche sollte man präzise äußern („Ich mag keine dominanten Eichenholznoten”), Allergien unbedingt vorab melden.
Bei Beschwerden ist Sachlichkeit Trumpf – „Die Sauce ist leider kalt” wirkt professioneller als empörtes Getöne.
Manche Sommeliers neigen allerdings dazu, Gäste mit dogmatischen Empfehlungen zu bevormunden, statt auf individuelle Vorlieben einzugehen.
Einige Tabus gibt es ebenfalls: Das Eintunken von Brot in die Suppe, ungefragtes Fotografieren mit dem Handy oder aufdringliche Parfüms, die den Weingenuss stören, sind verpönt. Auch laute Kommentare über Preise gelten als taktlos.
In Gourmetrestaurants zählt jeder Handgriff – dennoch passieren selbst in Spitzenhäusern gelegentlich Servicefehler, die Gäste nachhaltig verärgern können. Besonders gravierend sind unaufmerksame Betreuung (leere Weingläser, nicht nachgeschenktes Wasser) und Temperaturprobleme bei Speisen – ein lauwarm serviertes Menü gilt als Kardinalfehler.
Kommunikationspannen führen häufig zu Reklamationen: Wird etwa ein Allergen übersehen oder Extrawünsche ignoriert, verlieren 67% der Gäste das Vertrauen in das Restaurant. Ebenso tabu sind Schmutzreste auf Besteck oder Gläsern – für 96% der Gäste ein KO-Kriterium.
Kleinigkeiten wie unpünktliches Abräumen zwischen Gängen oder falsch platzierte Bestecke stören die Tischharmonie. Wer als Gast diskret reklamiert statt laut zu monieren, ermöglicht dem Team professionelle Schadensbegrenzung.
In Gourmetrestaurants wird die Rechnung meist diskret in einem Klappumschlag serviert. Bargeld (oft bevorzugt), EC-Karten und gängige Kreditkarten (Visa/Mastercard) werden problemlos akzeptiert. Viele Restaurants verlangen bei der Reservierung eine Kreditkartenkaution (bis 60% des Menüpreises).
Trinkgeld bewegt sich bei 5-10% der Rechnungssumme – bei hohen Beträgen genügen auch 5%. Üblich ist die Barzahlung des Trinkgelds (auch bei Kartenzahlung), damit es fair im Team verteilt werden kann. Bei besonderem Service oder Extrawünschen darf es etwas mehr sein. Wichtig: Trinkgeld wird in die Rechnungsmappe gelegt, nicht offen überreicht
Am Ende geht es um einen fairen Austausch: Gäste, die die Regeln kennen und respektieren, verdienen einen Service, der sie wertschätzt – nicht bevormundet. Wer unsicher ist, fragt einfach höflich nach. Und wer Kritik äußert, sollte sie konstruktiv formulieren. Denn im Mittelpunkt steht weder Protokoll noch Prestige, sondern das gemeinsame Erlebnis großartiger Küche.