Krieg und Fliegen – Wie sich globale Konflikte auf den Luftverkehr auswirken

| von Hartmut Ihnenfeldt

Kriege und bewaffnete Konflikte prägen den globalen Luftverkehr im Jahr 2025 stärker denn je. Die Zahl und Intensität internationaler Krisen – von der Ukraine über den Nahen Osten bis nach Afrika – nimmt weiter zu und zwingt Fluggesellschaften zu massiven Anpassungen ihrer Routen.

Krieg und Fliegen – Wie sich globale Konflikte auf den Luftverkehr auswirken
Lufthansa muss wegen der Kriege in 2025 weltweit viele Umwege fliegen; Bild von lapping auf Pixabay CC0

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 sind zentrale Lufträume für westliche Airlines gesperrt. Auch der eskalierte Konflikt zwischen Israel und dem Iran sowie anhaltende Unruhen in Ländern wie Sudan oder Myanmar führen dazu, dass große Regionen des Himmels als unsicher gelten und gemieden werden.

Gesperrte Lufträume – wo Konflikt den Himmel blockiert

Ein zentrales Instrument der Luftsicherheit ist die Sperrung von Lufträumen. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) und nationale Behörden wie die FAA (USA), EASA (EU) oder das BAF (Deutschland) geben regelmäßig Warnungen und Verbote heraus.

Aktuelle gesperrte oder eingeschränkt nutzbare Lufträume (Stand: 2025)

Region/LandStatusUrsache
Ukraine, RusslandGroßflächige SperrungKrieg seit 2022, inklusive Schwarzmeer-Region
IranTeilweise Sperrung / Umgehung nachtsDrohnenangriffe, Spannungen mit Israel und USA
IrakNur ausgewählte Höhen nutzbarInstabile Sicherheitslage, sporadische Raketenangriffe
Israel / Gazastreifenpunktuelle SperrungenRaketenbeschuss, Luftalarmphasen
SyrienKein Überflug durch westliche AirlinesBürgerkrieg, russische und iranische Militärpräsenz
SudanTotale SperrungBürgerkrieg, Gefahr durch Boden-Luft-Raketen
Afghanistan (IRA)Umflogen von fast allen AirlinesSicherheitsrisiko, fehlende Kontrolle über Luftraum
JemenTotal gesperrtBürgerkrieg, Drohnenangriffe auf Flughäfen
Weißrussland (Belarus)Umflogen von EU-AirlinesSanktionen, Nähe zu russischer Kriegsführung
Äthiopien / TigrayTeilweise EinschränkungenNachwirkungen des Tigray-Konflikts

Allein die Sperrung des russischen Luftraums zwang europäische Airlines dazu, auf ihren Asienrouten großräumige Umwege zu fliegen – was die Flugzeit nach Tokio oder Seoul um bis zu 3 Stunden verlängert. Die Lufthansa etwa gab an, dass ihre Flüge nach China seither rund 10 % mehr Kerosin verbrauchen.

Ökonomische Folgen: Flugpreise, Kosten, CO₂

Die Umleitungen kosten nicht nur Zeit, sondern vor allem Geld. Zusätzlicher Kerosinverbrauch, längere Creweinsatzzeiten und kompliziertere Flugplanung schlagen zu Buche.

Beispiele für wirtschaftliche Auswirkungen:

  • Kerosinverbrauch: Umleitungen über Zentralasien oder Südasien verursachen bis zu 15 % Mehrverbrauch auf Langstreckenflügen (Quelle: IATA, 2024).
  • Ticketpreise: Laut dem Vergleichsportal AirlineRatings stiegen die Preise für Flüge nach Ostasien zwischen 2022 und 2024 um bis zu 40 % – nicht nur wegen Inflation, sondern auch wegen längerer Flugrouten.
  • CO₂-Ausstoß: Die zusätzlichen Flugmeilen bedeuten laut Eurocontrol ca. 7–10 % mehr Emissionen auf den betroffenen Strecken.

Diese Faktoren verschärfen die Debatte über die ökologische und soziale Nachhaltigkeit des Luftverkehrs weiter – und führen teilweise auch zur Rückkehr zur Bahn oder zur generellen Reisereduktion auf bestimmten Strecken.

Sicherheitsmanagement und Risikoanalyse bei Airlines

Moderne Airlines betreiben eigene Risikoanalysezentren, in denen täglich geopolitische Entwicklungen bewertet werden. Die ICAO gibt sogenannte Conflict Zone Information Bulletins (CZIB) heraus, auf deren Grundlage Fluggesellschaften entscheiden, ob sie einen Luftraum überfliegen.

Doch auch unterhalb offizieller Sperrungen gibt es Grauzonen. Manche Airlines meiden bestimmte Regionen komplett, während andere – etwa einige Golfstaaten-Fluglinien – bewusst durch weniger frequentierte, aber potenziell riskante Zonen fliegen, um kürzere Routen zu nutzen.

Beispiel: Flug MH17

Der Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 im Jahr 2014 über der Ostukraine mit 298 Todesopfern war ein Wendepunkt. Seitdem werden sensible Regionen weitaus kritischer betrachtet, auch wenn offizielle Flugkorridore geöffnet sind. Die Lehren aus MH17 sind Grundlage heutiger Flugroutenplanung.

Indirekte Effekte: Rückgang touristischer Nachfrage und Streckenausdünnung

Kriege und bewaffnete Konflikte wirken sich auch indirekt auf das Flugnetz aus:

  • Weniger Nachfrage: Touristische Ziele wie Israel, Äthiopien oder Myanmar verlieren massiv an Buchungen. Das führt zu Flugstreichungen und weniger Verbindungen.
  • Verlust von Drehkreuzen: Flughäfen wie Kiew-Boryspil, Damaskus oder Khartum sind vollständig vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten.
  • Ausweichflughäfen: Länder wie Georgien oder Zypern profitieren teilweise, da sie als Umsteigepunkte oder sichere Alternativen in der Region dienen.

Laut der UNWTO sank die Zahl internationaler Touristenankünfte in den vom Konflikt betroffenen Regionen zwischen 2020 und 2024 um mehr als 60 %, während angrenzende „sichere“ Länder Zuwächse von bis zu 25 % verzeichneten.

Psychologische Dimension: Angst vor dem Fliegen in Krisenzeiten

Nicht zuletzt ist auch die Wahrnehmung von Sicherheit ein Thema. Während statistisch gesehen das Fliegen weiterhin als extrem sicher gilt, beeinflussen Bilder von Raketenangriffen auf Flughäfen oder Evakuierungsflüge die Reiselust – besonders bei weniger erfahrenen Passagieren.

Beobachtungen:

  • Google-Suchanfragen nach „Fliegen trotz Krieg sicher?“ oder „Flug verschoben Entschädigung“ steigen nach Eskalationen stark an.
  • In Deutschland verzeichnete die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) im Jahr 2023 über 15.000 Fälle im Zusammenhang mit kriegsbedingt annullierten oder geänderten Flügen.
  • Auch bei kriegsbedingter Flugverspätung kann unter Umständen eine Entschädigung bei Flugverspätung beantragt werden – abhängig davon, ob die Airline sich auf „außergewöhnliche Umstände“ berufen kann.

Der Luftverkehr ist krisenresilient – aber nicht unverwundbar

Die globalen Luftfahrtwege spiegeln die politische Weltlage wider: Kriege, Sanktionen und Krisen wirken sich direkt auf Routen, Preise, Umwelt und Sicherheit aus. Die Airlines reagieren flexibel, doch der Preis dafür ist hoch – ökonomisch, ökologisch und psychologisch.

Für Reisende bedeutet das: Fliegen erfordert heute mehr denn je, neben den üblichen Vorbereitungen wie Check-in und Gepäck, auch ein Bewusstsein für die aktuelle geopolitische Lage. Sicherheit hat oberste Priorität, doch absolute Stabilität im Luftraum ist längst nicht mehr gewährleistet. Ein wachsames Auge auf die weltweiten Konflikte und deren Auswirkungen auf Flugrouten ist unverzichtbar, um informierte Entscheidungen treffen zu können.

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